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„Ihr solltet eure Einstellung ändern“

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat in einem türkischen TV-Interview auf Österreichs Forderung nach Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen mit scharfer Kritik reagiert und will bis auf Weiters mit keinem Vertreter Österreichs mehr reden.

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„Ihr in Österreich solltet eure Einstellung ändern und der Türkei höflich begegnen, erst dann können wir mit euch wieder reden“, sagte Cavusoglu laut ZIB Richtung Wien. Mit Österreich - „dessen Parlament fasst Beschlüsse gegen uns, die Medien berichten schlecht über uns“ - werde er "nicht diskutieren, so Cavusoglu weiter. Er werde von nun an vielmehr „auf allen Ebenen und bei allen Themen gegen Österreich auftreten“, zitierte auch das Ö1-Mittagsjournal den türkischen Außenminister - Audio dazu in oe1.ORF.at.

In dem Fernsehinterview kritisierte er vor allem das Veto von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in der Türkei-Politik der EU. Kurz hatte vor zwei Tagen mit seinem Veto eine gemeinsame Erklärung des Europäischen Rats zu den Beitrittsgesprächen verhindert.

„Österreich macht uns in EU schlecht“

Nach Österreichs Vorstoß für ein Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen sagte Cavusoglu: „Österreich macht uns in der EU schlecht.“

Kritik auch von Europaminister Celik

Nach Cavusoglu kritisierte auch der türkische Europaminister Ömer Celik Österreich wegen seiner Haltung zu den EU-Beitrittsverhandlungen. „Österreich sabotiert die EU“, zitierte die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu den Minister.

„Weiter offen für Dialog“

„Wir haben unseren Standpunkt gut begründet und klar dargelegt“, lautete die erste Reaktion von Kurz auf die Aussagen Cavusoglus. „Wir sind weiter offen für den Dialog und Kooperation und schlagen die Tür nicht zu“, so Kurz, der gleichzeitig forderte, „dass man sich sachlich auseinandersetzt“. In den Fragen des EU-Beitritts und auch der Freiheitsrechte, der Pressefreiheit und der Unabhängigkeit der Justiz habe Österreich zudem „eine klare Meinung“, und diese werde beibehalten, so Kurz laut einem Außenministeriumssprecher.

Kern verteidigt Österreichs Position

Auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) verteidigte vor Beginn des EU-Gipfels Österreichs Blockade in der Türkei-Frage. Gleichzeitig sagte er in Brüssel, es sei „kein Signal der Stärke, auf Dauer Blockadeübung zu betreiben, sondern Mehrheiten zu finden“. Solange das „nicht gelingt, haben wir die europäische Situation zur Kenntnis zu nehmen“.

Er gehe davon aus, dass es auf dem Gipfel „notwendig ist“, die österreichische Position nochmals zu erklären, „die im Rat (der Außenminister, Anm.) keine Mehrheit gefunden hat. Vor dem Hintergrund haben wir zu akzeptieren, wie die Situation ist. Das haben wir auch in Österreich zur Kenntnis zu nehmen.“ Viele Kollegen hätten die Auffassung, „die Gesprächskanäle mit der Türkei offenzuhalten. Das haben wir zu akzeptieren. Unsere Aufgabe ist es, Partner zu finden“, so Kern.

Für Alternative zu Beitritt

Die Frage, ob er also nicht auf Biegen und Brechen die anderen 27 von der österreichischen Haltung überzeugen wolle, beantwortete Kern damit, dass es „keinen Sinn macht, über Erklärungen zu diskutieren. Mich interessiert konkrete Politik. Wir sollten ein alternatives Konzept zum EU-Beitritt der Türkei ausarbeiten, das wirtschaftspolitische, migrationspolitische und sicherheitspolitische Punkte umfasst. Das ist die österreichische Position.“

Erdogan: Haben „Plan B“ und „Plan C“

Scharfe Worte fand Cavusoglu indes auch mit Blick auf die noch ausständige Umsetzung des mit der EU ausgehandelten Flüchtlingsdeals. „Wann wird der Pakt und die damit verbundene Visaliberalisierung in Kraft treten? Die Menschen wollen einen Zeitplan“, so Cavusoglu: „Wir haben Juni gesagt, dann Oktober, und jetzt wird immer noch verhandelt. Wir verlieren unsere Geduld.“ Wie der Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstagabend dazu sagte, habe die Türkei, sollte der Flüchtlingsdeal scheitern, bereits einen „Plan B“ und einen „Plan C“.

Nächster EU-Türkei-Gipfel im März

Wie am Donnerstag unterdessen bekanntgegeben wurde, soll der nächste EU-Türkei-Gipfel im März stattfinden. Das hat EU-Ratspräsident Donald Tusk nach Angaben aus Ratskreisen beim EU-Gipfel in Brüssel vorgeschlagen. Die EU hat im Zuge des Flüchtlingsdeals mit der Türkei neben finanziellen und politischen Zusagen auch regelmäßige EU-Gipfel mit der Türkei in Aussicht gestellt. Die EU ist bei solchen Gipfeln üblicherweise durch Ratspräsident Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker vertreten.

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