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Thais kennen neuen Herrscher kaum

Die Bayern wissen womöglich mehr über den neuen thailändischen König als seine Landsleute in Südostasien. Maha Vajiralongkorn lebt seit Jahren zeitweise am Starnberger See. Darüber zu berichten ist in seiner Heimat allerdings tabu.

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Was die Thailänder aus offiziellen Kanälen über ihren nächsten König wissen, ist ziemlich dürftig. Dass Maha Vajiralongkorn (64) fast im Pensionsalter durchtrainiert ist und im blauschwarzen Radrennfahreroutfit eine ziemlich gute Figur macht, das ja. So präsentierte er sich 2015 an der Spitze eines Feldes von Zehntausenden Thailändern, die seiner Mutter, Königin Sirikit, mit einer Fahrradspazierfahrt zum Geburtstag die Ehre erwiesen.

Maha Vajiralongkorn's Villa am Starnberger See

Reuters/Michael Dalder

Blick auf Mahas Anwesen am Starnberger See: Sein Nachbar ist unter anderen Peter Maffay

Von einem anderen, der im Ruhestandsalter immer noch auf die Thronbesteigung wartet, Prinz Charles (68), kennt man die Marotten: sein Faible für Biogemüse, seinen Hass auf moderne Architektur. Doch was Vajiralongkorn so umtreibt - man weiß es nicht.

Anderer Umgang mit Royals

Das liegt daran, dass die thailändischen Royals Welten von dem entfernt sind, was man in Europa so kennt: Da füllen die knallige Mode der lustigen Maxima der Niederlande und die Familienplanung von Victoria von Schweden ganze Klatschmagazine. Vajiralongkorn kommt in Zeitungen und im Fernsehen in seiner Heimat nur so vor, wie der Palast es wünscht: immer ernst, nie nahbar, meist bei buddhistischen Königszeremonien, Paraden und diplomatischen Empfängen.

Dass Vajiralongkorns jüngster Sohn Dipangkorn Rasmijoti (11) in Bayern in die Schule geht, ist ein Tabuthema. Was nach der Scheidung aus dessen Mutter Srirasmi, seiner dritten Frau, wurde, auch. Die Villa am Starnberger See, die Vajiralongkorn sich herrichten ließ? Steht nicht in thailändischen Zeitungen. Was machen seine vier im Ausland lebenden Söhne aus der zweiten Ehe? Die erste Frau bekam bei der Scheidung 1991 wenigstens den Titel „Prinzessinenmutter der ersten Enkelin des Königs“. Besagte Enkelin, Vajiralongkorns Älteste, Prinzessin Bajrakitiyabha (37), war einmal Botschafterin in Österreich.

Gesetz schützt vor Nachfragen

Neugierige Fragen verhindert ein striktes Gesetz gegen Majestätsbeleidigung. 15 Jahre Haft drohen jedem, der sich anders als völlig devot über die königliche Familie äußert. In Zeiten des Internets lassen sich im Ausland erstellte Geschichten und gemachte Fotos zwar nicht unterdrücken. So etwas herunterzuladen oder gar weiterzuleiten ist aber gefährlich. Seit 2014 ist eine Militärregierung an der Macht, und die schwingt die Keule des Gesetzes noch bedrohlicher als ihre Vorgänger. Man schweigt besser.

Ausgebildeter Militärpilot

Das sind die bekannten Fakten: Vajiralongkorn wurde mit 13 Jahren nach Großbritannien auf die Schule geschickt, dann nach Australien. Dort absolvierte er auch eine Militärakademie. Dann machte er in der Luftwaffe Karriere, als Pilot für Hubschrauber und große Jets. Die Boeing nach München fliegt er meistens selbst. Ein deutscher Insolvenzverwalter klebte 2011 einmal einen Kuckuck auf die Maschine, weil sein deutscher Mandant Forderungen gegen den thailändischen Staat hatte. Vajiralongkorn war außer sich, hieß es. Die Regierung zahlte flugs die Schulden.

Schwierige Nachfolge

Thailand hat zwar wie die europäischen Länder mit Königsfamilien eine konstitutionelle Monarchie, aber die Rolle des Königs ist eine ganz andere. Der verstorbene König Bhumibol war eine Integrationsfigur in dem politisch tief gespaltenen Land. Ein Wink von ihm konnte die Regierungsgeschicke beeinflussen. Er wurde wie ein Gottvater verehrt und konnte streitende Landsleute mit einem Machtwort auf Versöhnungskurs bringen. Die Trauer der Thailänder nach seinem Tod ist beispiellos. Fraglich ist, ob es Maha gelingen kann, eine ähnlich zentrale Identifikationsfigur zu werden.

Christiane Oelrich, dpa

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