Themenüberblick

„Wer rastet, der rostet“

Um gleich das schlechte Gewissen etwas zu beruhigen: Pausen vom Sport sind grundsätzlich nichts Nachteiliges und können bei Leistungssportlern sogar erwünscht sein. Doch wenn die letzte Sporteinheit Tage oder sogar Wochen zurückliegt, rächt sich der Körper irgendwann - und mühsam erarbeitete Kondition und Muskelmasse schwinden rasch.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Bei Gesundheitssportlern sei das Prinzip der Regelmäßigkeit zu beachten, zerstört Harald Tschan vom Institut für Sportwissenschaften der Universität Wien gleich alle Illusionen. „Systematische Wiederholungen stellen ein fundamentales Trainingsprinzip dar, und wenn man das missachten, dann kommt es sehr schnell zur Verminderung der Leistungsfähigkeit“ - oder einfacher ausgedrückt: „Wer rastet, der rostet.“ Bei völliger Inaktivität gehe das, was in zwei, drei Monaten aufgebaut wurde, in zwei bis vier Wochen wieder verloren.

Auf die Muskelfaser kommt es an

Wobei es laut der britischen Physiologin und Trainerin Marta Montenegro einen Unterschied macht, welche Fitnesseinheiten gestrichen werden. Ausdauer- und Krafttraining beanspruchen unterschiedliche Muskelfasern. Die roten Muskelfasern (Slow Twitch, ST) sprechen langsamer auf Reize an, dafür ermüden sie auch langsamer und sind vor allem bei Ausdauersportarten im Einsatz. Die weißen Muskelfasern (Fast Twitch, FT) hingegen ermöglichen schnelle, explosive Kontraktionen, wie sie beim Kraft- und Intervalltraining benötigt werden, dafür ermüden sie schneller.

Die roten Muskelfasern sind bei alltäglichen Bewegungen wie Spazierengehen, Stiegensteigen und auch beim Sitzen aktiv und werden daher ständig - wenn auch auf niedrigem Niveau - aktiviert und bauen daher weniger schnell ab. Bei den weißen Muskelfasern braucht es hingegen schon einiges an Anstrengung, um sie fit zu machen, umgekehrt bauen sie rasch wieder ab, da sie im Alltag überhaupt keinen Reiz bekommen. „Kraftsportler werden bei der Rückkehr ins Fitnessstudio daher einen großen Unterschied merken“, sagte Montenegro gegenüber der Website Daily Beast.

Verlust von 40 Prozent Muskelkraft in zehn Tagen

Doch das bedeutet nicht, dass sich Ausdauersportler jetzt genüsslich noch tiefer in die Hängematte sinken lassen können. Bei „Bedrest“-Experimenten, bei denen sich Personen freiwillig völlig inaktiv verhalten, habe sich gezeigt, dass in zehn Tagen zehn Prozent Muskelmasse und 40 Prozent Muskelkraft verloren gingen. Bei völliger Inaktivität über drei Wochen gehe so viel Ausdauerleistungsfähigkeit verloren wie im Altersverlauf von 30 bis 40 Jahren, sagte Sportexperte Tschan gegenüber ORF.at

Mann am Strand im Liegestuhl

Fotolia/maxsaf

Ab zwei Wochen rächt sich das Nichtstun

Um den Abbau einzudämmen, reicht jedoch schon minimales Training. Wer einmal die Woche eine Sporteinheit einplant, kann seinen Fitnesslevel über längere Zeit aufrechterhalten und steigt bei der Rückkehr zum regelmäßigen Training auf einem relativ hohen Niveau wieder ein. Als Alternative bei der Hitze bietet sich zum Beispiel ein Sprung ins kühle Nass an. „Schwimmen als Ersatz macht durchaus Sinn“, so Tschan, „wenn es in derselben Dauer ausgeführt wird wie etwa die Laufeinheit.“

Je länger die Pause, desto schwieriger die Rückkehr

Doch je länger die Pause, desto schwerer fällt es, die Sportschuhe wieder zuzuschnüren oder die Hanteln zu stemmen. „Die Überwindung ist nach drei, vier Wochen besonders groß“, so Tschan. Denn auch beim Nichtstun stellt sich irgendwann ein Gewöhnungseffekt ein - und man fühlt sich auch ohne Schweiß und Arbeit gut. „Nicht umsonst ist die Drop-out-Rate nach dem Urlaub im Fitnessstudios besonders hoch“, so Tschan und rät umso mehr zum „Erhaltungstraining“ wie Schwimmen, Radfahren oder Bergwandern.

Wer das regelmäßige Training wiederaufnimmt, der sollte nicht versuchen, dort anzusetzen, wo aufgehört wurde, rät der Sportexperte. „Die Trainingsintensität lieber niedriger ansetzen!“ Wer vor der Sommerpause joggen war, der sollte nach dem Sommer mit schnellem Gehen wieder zum alten Fitnesslevel aufschließen. Die gute Nachricht ist, dass die alte Leistungsfähigkeit schnell zurückkommt. „Bewegungen müssen nicht neu erlernt werden, sondern die koordinativen Fähigkeiten können wieder abgerufen werden. Durch die verminderte Muskelmasse und den Abbau der Herz-Kreislauf-Leistung braucht es dann aber etwas, bis alles wiederhergestellt ist“, so Tschan.

Gabi Greiner, ORF.at

Links: