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Minister verteidigt türkische Position

Nach dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat auch der türkische Justizminister Bekir Bozdag Deutschland scharf angegriffen. „Rechtsstaat und Freiheiten gibt es nur für Deutsche“, sagte Bozdag am Freitag in Ankara. Der Minister betonte, die Festnahmen von Abgeordneten der prokurdischen Oppositionspartei HDP seien rechtskonform gewesen.

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„Wenn Sie ein Türke in Deutschland sind, haben Sie überhaupt keine Rechte“, konterte Bozdag auf deutsche Kritik an den Verhaftungen. Rechte für Türken gebe es in Deutschland anscheinend „nur auf dem Papier“. Weder die deutsche Kanzlerin Angela Merkel noch die EU-Kommissare hätten das Recht, der Türkei „Lehren zu erteilen“, sagte Bozdag. „Sie müssen sehen und verstehen, dass die türkische Justiz genauso neutral und unabhängig ist wie die deutsche.“

Razzien gegen Kurdenpartei

Die Polizei hatte die beiden HDP-Vorsitzenden und weitere Abgeordnete der Partei in der Nacht auf Freitag festgenommen. Am Samstag wurden weitere Funktionäre der Partei verhaftet. Erdogan hatte Deutschland am Donnerstag vorgeworfen, Terroristen Unterschlupf zu bieten, statt „rassistische Übergriffe gegen Türken“ zu verhindern. „Man wird sich zeitlebens an euch erinnern, weil ihr den Terror unterstützt habt“, sagte er an die Adresse der Deutschen.

Yildirim: Vorladungen ignoriert

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim bezeichnete die HDP-Festnahmen als „rechtskonforme Prozedur“. Vielmehr missachteten die betroffenen Parlamentarier die „Hoheit des Rechts“, sagte Yildirim am Freitag vor Journalisten in Istanbul. Es handle sich um diejenigen, die „den Terror fördern, den Terror ermutigen und den Terror logistisch unterstützen“.

Die Abgeordneten seien in Gewahrsam genommen worden, weil sie zuvor Vorladungen der Staatsanwaltschaft ignoriert hätten. Die islamisch-konservative AKP wirft der HDP Unterstützung der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) vor.

Merkel: In höchstem Maße alarmierend

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte dazu: „Ich kann die Äußerungen Erdogans zur Sicherheitslage Deutschlands überhaupt nicht nachvollziehen.“ Merkel bewertete das jüngste Vorgehen in der Türkei gegen Presse und Opposition erneut als „in höchstem Maße alarmierend“. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: „Es ist in höchstem Maße alarmierend, was derzeit in der Türkei geschieht.“ Mit denselben Worten hatte Merkel persönlich bereits am Mittwoch auf das Vorgehen Ankaras gegen die Oppositionszeitung „Cumhuriyet“ reagiert.

Seibert sagte weiter, die deutsche Regierung stehe den Festnahmen „ablehnend und missbilligend“ gegenüber. Zugleich verurteilte der Sprecher im Namen der deutschen Regierung den neuen Anschlag in der Türkei „aufs Schärfste“. Er sagte weiter: „Welche Begründung auch immer die Täter heranziehen, sie zeigen nur ihre Grausamkeit.“

Steinmeier bestellte türkischen Gesandten ein

Seibert wies zugleich jüngste Vorwürfe Erdogans Richtung Berlin „entschieden zurück“. Erdogan hatte nach Merkels Äußerungen zu „Cumhuriyet“ Deutschland wegen unbeantworteter Auslieferungsersuchen als „Gastgeber für den Terrorismus“ bezeichnet. „Das ist unhaltbar. Deutschland unterstützt den Terrorismus natürlich nicht“, sagte Seibert.

Steinmeier ließ derweil den türkischen Gesandten in Berlin ins Außenministerium einbestellen. „Die nächtlichen Festnahmen von Politikern und Abgeordneten der kurdischen Partei HDP sind aus Sicht des Außenministers eine weitere drastische Verschärfung der Lage“, hieß es am Freitag in Diplomatenkreisen.

„Opposition nicht mundtot machen“

Niemand bestreite das Recht der Türkei, der Bedrohung durch den Terrorismus entgegenzutreten und den Putschversuch vom Juli mit rechtsstaatlichen Mitteln aufzuarbeiten, hieß es weiter. „Das darf aber nicht als Rechtfertigung dafür dienen, die politische Opposition mundtot zu machen oder gar hinter Gitter zu bringen.“

Gerade wegen der historisch engen Beziehungen zwischen den Staaten und der freundschaftlichen Verbindungen zwischen den Menschen beider Länder dürfe Deutschland jetzt nicht schweigen, hieß es vom deutschen Außenministerium. Der türkischen Regierung müsse deswegen unverzüglich die Haltung der deutschen Regierung mitgeteilt werden.

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