Merkel kritisiert Türkei für Vorgehen gegen „Cumhuriyet“

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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat ihre Kritik an der Türkei wegen des Vorgehens gegen die Zeitung „Cumhuriyet“ verschärft. „Für die Bundeskanzlerin und die ganze Bundesregierung ist es in höchstem Maße alarmierend, wie die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei durch Staat und Justiz immer wieder aufs Neue eingeschränkt wird“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert heute in Berlin.

„Wir haben großen Zweifel daran, ob das Vorgehen gegen den Chefredakteur Murat Sabuncu und seine Kollegen rechtsstaatlichen Prinzipien entspricht.“ Die Bundesregierung werde den Fall weiter sehr aufmerksam beobachten. Am Montag wurden 13 Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung verhaftet.

Kritik an Haltung

Im Vorfeld hatte unter anderen der frühere Chefredakteur von „Cumhuriyet“, Can Dündar, Berlin für eine fehlende Reaktion kritisiert. „Die Reaktion der deutschen Regierung war wirklich schwach“, sagte er der Zeitung „Die Welt“ (Mittwoch-Ausgabe).

Das gelte auch im Vergleich mit anderen Ländern wie etwa den USA. Die deutsche Bundesregierung hatte ihre „Sorge“ über die Verhaftungswelle ausgedrückt und erklärt, die Pressefreiheit sei ein „hohes Gut“. Dündar sagte, Berlin habe das Vorgehen der türkischen Regierung „nicht einmal verurteilt“.

Erdogan für ROG „Feind der Pressefreiheit“

Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) listete den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als „Feind der Pressefreiheit“. Er zähle zu 35 Staats- und Regierungschefs, Organisationen und Geheimdiensten, welche die „Pressefreiheit durch Zensur, willkürliche Verhaftungen, Folter und Mord“ unterdrücken, erklärte die Organisation heute.

Erdogan erscheine erstmals in der Aufzählung, weil er „nach mehreren Verhaftungs- und Schließungswellen im Zuge des derzeitigen Ausnahmezustands einen Großteil der relevanten Nachrichtenmedien“ kontrolliere, so Reporter ohne Grenzen. Derzeit seien mindestens 130 Journalisten in der Türkei im Gefängnis, mindestens 140 Medien seien geschlossen worden.