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Trudeau fliegt am Samstag nach Brüssel

Der europäisch-kanadische Handelsvertrag CETA soll am Sonntag unterzeichnet werden. Dann kommen beide Seiten zu einem gemeinsamen Gipfeltreffen in Brüssel zusammen, wie EU-Ratspräsident Donald Tusk am Freitag mitteilte. Kurz zuvor hatten die EU-Staaten den Handelsvertrag offiziell gebilligt.

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Der neue Gipfeltermin sei bereits mit Kanadas Premier Justin Trudeau vereinbart, wie Tusk über den Kurznachrichtendienst Twitter mit den einleitenden Worten „Mission accomplished“ („Mission erfüllt“) weiter mitteilte.

Trudeau: „Großartige Neuigkeiten“

Trudeau reist damit doch noch nach Brüssel - drei Tage nachdem ein erstes Gipfeltreffen wegen Widerstands aus Belgien gegen CETA noch ins Wasser gefallen war. Nach der offiziellen Zustimmung der EU-Staaten zum europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen sprach Trudeau von „großartigen Neuigkeiten“. Nun freue er sich darauf, bereits am Sonntag nach Brüssel reisen zu können.

Der kanadische Regierungschef bedankte sich zudem bei seiner Handelsministerin Chrystia Freeland „für ihre Fähigkeit und ihr Engagement bei den Verhandlungen zu einem Vertrag, der Kanadas Mittelstand wachsen lassen und unsere Wirtschaft stärken wird“. Nach Angaben seines Büros wird sich Trudeau am Samstagabend (Lokalzeit) auf den Weg in die belgische Hauptstadt machen. Die Unterzeichnung des Abkommens ist laut einer Aussendung von Tusk für 12.00 Uhr am Sonntag geplant.

„Meilenstein der EU-Handelspolitik“

Neben Tusk soll für die EU nach früheren Angaben auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker das Abkommen unterzeichnen. Möglicherweise wird auch der slowakische Regierungschef Robert Fico unterschreiben, dessen Land derzeit den Vorsitz der EU-Staaten hat.

Fico lobte CETA als „Meilenstein der EU-Handelspolitik“. CETA sei ein „modernes und fortschrittliches Abkommen, das die Tür für neue Möglichkeiten öffnet und gleichzeitig wichtige Interessen schützt“. Im Handel zwischen der EU und Kanada soll CETA nach EU-Angaben 99 Prozent der aktuellen Zölle abschaffen.

Grünes Licht aus Belgien ebnete Weg

In Belgien segneten im Laufe des Freitags unter anderem mehrere Regionalparlamente CETA ab - so konnte am Ende auch die belgische Regierung zustimmen. Vor allem die Region Wallonie hatte sich bis zuletzt gegen CETA gestemmt.

Ohne das Einverständnis der gerade mal 3,6 Millionen Einwohner zählenden Region hätte die belgische Regierung die Unterzeichnung des Abkommens verweigern müssen. Dies hätte das Aus für das Handelsabkommen bedeuten können. Denn damit es in Kraft treten kann, müssen es alle 28 EU-Staaten unterzeichnen. Der Handelspakt soll Zölle und andere Hemmnisse abbauen und so Handel und Wirtschaft beflügeln.

Schutzklausel für Landwirte

Den Bedenken der CETA-Kritiker soll nun mit Zusatzerklärungen und Garantien Rechnung getragen werden. So wird beispielsweise festgestellt, dass die Belgier Konkurrenz für ihre Landwirte im Notfall über eine Schutzklausel abhalten können. Zudem soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgefordert werden, ein Gutachten zu den umstrittenen Regelungen zur Streitbeilegung zwischen Unternehmen und Staaten zu erstellen.

Im wallonischen Parlament feierte der Regierungschef der Region, Paul Magnette, die Zugeständnisse. CETA sei nun ein „besserer Vertrag“ und das wallonische Regionalparlament in aller Welt berühmt, erklärte er.

„Alle Vorbehalte bestätigt“

Das Debakel löste in Brüssel Nachdenken über die künftige Gestaltung der Handelspolitik aus. Er sehe „alle Vorbehalte bestätigt, dass Europa schwer handlungsfähig wäre“, sagte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger dem Deutschlandfunk. Eine „Entflechtung der Kompetenzen“ von europäischer und nationaler Ebene sei notwendig.

Auch EU-Kommissionschef Juncker pochte in der ARD auf eine klare Trennung der Zuständigkeiten: „Wir werden uns in Zukunft überlegen müssen, (...) dass wir ab Tag eins fein säuberlich trennen, was in europäische Zuständigkeit fällt und was nationalen Parlamenten überlassen sein muss.“

Mitterlehner erfreut

In Österreich zeigte sich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Samstag erfreut über die europäische Einigung zum Handelsabkommen CETA. Diese eröffne die Chance, zu beweisen, dass von dem Abkommen beide Seiten profitieren, sagte er im Ö1-„Mittagsjournal“. Bei seinem Nein blieb hingegen ÖGB-Präsident Erich Foglar.

Anhaltender Widerstand

Bevor CETA in Kraft treten kann, ist unterdessen noch das Europaparlament am Zug. Das Plenum dürfte im Dezember oder Jänner über das Abkommen abstimmen, eine Mehrheit wird erwartet. Danach müssen die nationalen Parlamente CETA billigen.

Kritik kam auch von Greenpeace: Mit der bevorstehenden CETA-Unterzeichnung hätten sich die Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten nun auf ein Abkommen geeinigt, „mit dem die Bedenken hinsichtlich Umweltschutz, sozialer Standards und Demokratie leider nicht ausgeräumt werden können“.

Die Umweltschutzorganisation betonte, sich „daher weiterhin mit aller Kraft aktiv gegen die im Handelspakt enthaltenen Giftzähne einzusetzen“. Einer CETA-Ratifizierung stünden noch viele Stolpersteine im Weg. An das EU-Parlament und die nationalen Parlamente appelliert Greenpeace, CETA in der vorliegenden Form eine Absage zu erteilen.

Malmström sieht Chancen für TTIP

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sah unterdessen nach der Zustimmung aller EU-Staaten zum Freihandelsabkommen CETA mit Kanada Chancen für den TTIP-Vertrag mit den USA. „TTIP ist nicht tot, aber es gibt auch noch keine Einigung“, sagte Malmström am Samstag. Die US-Präsidentenwahl sorge naturgemäß für eine Pause. Die Gespräche würden aber mit der neuen Regierung in Washington wieder aufgenommen.

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