Keine Verbesserung gegenüber Vorjahr
Die Einkommenskluft zwischen Mann und Frau schließt sich weiterhin nur sehr stockend. Beim jetzigen Tempo brauchte es noch zwei Generationen, bis der „Equal Pay Day“ auf den 31. Dezember fällt. Mehr Tempo bei Reformen wird gefordert.
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Heuer wurde dieser Tag in Österreich am 11. Oktober begangen. Das bedeutet: Frauen müssen 82 Tage mehr arbeiten, um auf dasselbe Einkommen wie Männer zu kommen. Gegenüber dem Vorjahr gab es keine Bewegung. Auch 2015 waren es 82 Tage „Gratisarbeit“, und der Sprung von den 83 Tagen im Jahr 2014 war ebenfalls nur gering.
Wien vorne, Vorarlberg Schlusslicht
Bundesweit gesehen findet der „Equal Pay Day“ an verschiedenen Tagen statt. Am besten ist die Situation in Wien, wo er auf den 27. Oktober fällt - mehr dazu in wien.ORF.at. In Vorarlberg indes endet quasi die Bezahlung der weiblichen Beschäftigten bereits Mitte September - mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Einer der Gründe dafür ist der bessere Ausbau der Kinderbetreuungsangebote in der Hauptstadt.
Insgesamt beträgt die Differenz knapp 11.000 Euro jährlich. Ganzjährig vollzeitbeschäftigte Männer kamen laut Daten der Statistik Austria zuletzt auf ein Bruttoeinkommen von 48.863 Euro, Frauen auf 37.935 Euro. Das entspricht einer Differenz von 10.928 Euro oder 22,4 Prozent. Im Vergleich zu den Vorjahresdaten ist eine minimale Verbesserung von 0,07 Prozentpunkten feststellbar. Im europäischen Vergleich liegt Österreich nach wie vor auf den hinteren Plätzen.
Oberhauser für mehr Transparenz
Anlässlich des Tages kamen zahlreiche Vorschläge für ein Ende der „Gratisarbeit“ von Frauen. Frauenministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) will mehr Transparenz in Betrieben, um der Ungleichheit ein Ende zu bereiten. „Solange die Frau nicht weiß, wie viel ihr männlicher Kollege in der gleichen Position verdient, so lange wird es diese Ungerechtigkeiten geben“, so Oberhauser.
Die Einkommensberichte für Unternehmen ab 150 Mitarbeitern oder Gehaltsangaben in Stelleninseraten seien derzeit nicht wirksam genug - sie schlägt daher bei der Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes eine Offenlegung der Gehälter im Betrieb vor. Die genaue Ausgestaltung soll mit den Sozialpartnern verhandelt werden.
Vorbild für die Lohntransparenz sei der öffentliche Dienst, wo es mit transparenten Einstufungen gelungen sei, die Lohnschere über die vergangenen Jahre immer mehr zu schließen. Während im Jahr 2014 unter den Beamten Frauen 95,4 Prozent des mittleren Männereinkommens und unter Vertragsbediensteten 77,6 Prozent verdienten, kommen weibliche Angestellte in der Privatwirtschaft auf 51,1 Prozent der mittleren Männerverdienste und Arbeiterinnen nur auf 42,9 Prozent.
Drängen auf Papamonat und Mindestlohn
Auch die Arbeiterkammer (AK) fordert eine Weiterentwicklung der Einkommensberichte. Zudem will sie einen arbeitsrechtlich gesicherten Anspruch auf den Vatermonat. Denn unbezahlte Familienarbeit, schlechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die daraus resultierende hohe Anzahl an Frauen in Teilzeitjobs seien prägende Faktoren für eine weit offen stehende Lohnschere. Auch für den Städtebund ist die unbezahlte Familienarbeit ein wesentlicher Faktor.
Zudem existiert immer noch ein Lohngefälle zwischen klassischen Frauen- und Männerberufen. Man müsse Berufe in besser bezahlten Branchen wie Technik und Naturwissenschaft für Frauen attraktiver machen, fordern die ÖVP-Frauen. Zusätzlich müsse einen Mindestlohn von 1.600 Euro brutto eingeführt werden. Diesen fordern auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die SPÖ - allerdings in der Höhe von 1.700 Euro. Gegen einen Mindestlohn spricht sich die Wirtschaftskammer (WKÖ) aus.
Opposition fordert Bewegung
Die grüne Frauensprecherin Berivan Aslan fordert Quotensysteme für die Wirtschaft und dass die Gleichstellungsanliegen in die Mitte der Politik gestellt werden. NEOS drängt auf eine Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. SPÖ und ÖVP sollen ihre „Blockade am Rücken der Frauen“ aufgeben und die Chancen einer liberalen Marktwirtschaft wahrnehmen, so Frauensprecherin Claudia Gamon.
Das Team Stronach forderte von der Regierung die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen. Anstatt Frauen zweimal im Jahr an die Gehaltsschere zu erinnern, sollte man sie „lieber dazu ermutigen, typische weibliche Verhaltensmuster abzulegen“, appellierte die Abgeordnete Martina Schenk.
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