Rekordhalter auf dem Thron
Der am längsten regierende Monarch der Welt, der thailändische König Bhumibol Adulyadej (Rama IX.), ist tot. Er kämpfte bereits seit Jahren mit schweren Gesundheitsproblemen und lag wegen verschiedener Beschwerden schon seit über einem Jahr durchgängig im Krankenhaus.
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Der König wurde seit einem Jahr nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. In den vergangenen Tagen hatte sich sein Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert. Der Palast veröffentlichte regelmäßig Kommuniques über seinen Gesundheitszustand - in zuletzt immer kürzeren Abständen. Er überlebte in diesem Jahr schon mehrere Eingriffe, darunter am Gehirn und am Herzen.
Kronprinz tritt schwieriges Erbe an
Nachfolger wird der einzige Sohn des verstorbenen Königs. Wie der Regierungschef Prayut Chan-o-cha am Donnerstag bekanntgab, soll der 64-jährige Prinz Maha Vajiralongkorn den Thron besteigen. Die Regierung werde das Parlament darüber informieren, dass König Bhumibol seinen Sohn am 28. Dezember 1972 zu seinem Nachfolger bestimmt habe. Zugleich rief der Militärmachthaber eine einjährige Trauerzeit aus.
Politologen befürchten bereits seit Längerem eine Phase großer politischer Unsicherheit nach dem Tod des Monarchen. Denn die Popularität des Kronprinzen reicht bei Weitem nicht an die seines Vaters heran. Er gilt als Lebemann, mit mehreren Ehen und vielen Kindern. Von manchen wurde daher im Vorfeld die beliebte 61 Jahre alte Schwester des Prinzen, Maha Chakri Sirindhorn, favorisiert.
Nierenversagen und Lungenentzündung
Bhumibol, der am 5. Dezember seinen 89 Geburtstag gefeiert hätte, wurde zuletzt wegen Nierenversagens und einer Lungenentzündung behandelt. Bereits am Sonntag hatte der Palast eine Erklärung veröffentlicht, wonach der Zustand des Königs instabil sei, nachdem er eine Dialysebehandlung erhalten hatte. Am Dienstag sei der Blutdruck gefallen, und die Atmung habe sich beschleunigt.

Reuters/Chaiwat Subprasom
Betende Anhänger des Königs im Siriraj-Krankenhaus in Bangkok, Oktober 2016
Seit Mittwochabend versammelten sich Tausende Anhänger des Königs vor dem Siriraj-Spital. Viele Menschen trugen rosafarbene oder gelbe Kleidung, die dem König zu Genesung verhelfen sollte. Zudem traf eine Reihe von Angehörigen des Königsfamilie beim Spital ein, darunter Maha Vajiralongkorn, der gerade aus Deutschland zurückgekehrt war, und Maha Chakri Sirindhorn. Das Regierungskabinett beraumte eine Sondersitzung an.
Integrationsfigur und Stabilisator
Das buddhistische Königreich in Südostasien mit fast 70 Millionen Einwohnern könnte nun vor großen politischen Umwälzungen stehen. Zwar hatte Bhumibol offiziell keine politische Macht, galt aber als Integrationsfigur und Stabilisator in dem zuletzt von politischen Tumulten geschüttelten Land, das seit 2014 von einer Militärregierung geführt wird. Bhumibol war seit 1946 auf dem Thron und damit der am längsten regierende Monarch der Welt. Die Verehrung, die dem König von den Thailändern entgegengebracht wird, ist wohl einzigartig.
Seit dem Militärputsch 2014 wurden der Personenkult für den Monarchen noch gesteigert und die drakonischen Gesetze wegen Majestätsbeleidigung verstärkt angewandt. Wer Mitglieder der königlichen Familie beleidigt oder kritisiert, riskiert langjährige Gefängnisstrafen - und das wird äußerst extensiv ausgelegt. Ein Thai, der sich über den Ende letzten Jahres verstorbenen Lieblingshund des Königs im Internet lustig machte, landete vor Gericht.
Mysteriöser Tod des Bruders
Geboren wurde Bhumibol am 5. Dezember 1927 in Cambridge, Massachusetts, einem Vorort von Boston. Nach dem frühen Tod des Vaters ging die Mutter nach Lausanne in die Schweiz. Thailändischer Regent war damals Bhumibols älterer Bruder Ananda Mahidol. Am 9. Juni 1946 wurde der 20 Jahre alte König erschossen aufgefunden. Die Umstände seines Todes sind bis heute rätselhaft.
Drei Palastangehörige wurden zwar dafür hingerichtet. Doch die Spekulationen über das Ende des Königs sind bis heute nicht abgerissen. Nach dem Tod des Bruders wurde der Thron automatisch dem damals 18 Jahre alten Bhumibol zugesprochen. Er vertraute die Amtsgeschäfte jedoch erst einmal für einige Jahre einem Onkel an.
Nicht der ideale Kandidat
Bhumibol galt zunächst keineswegs als der ideale Kandidat für den Königsthron. Er war ein begeisterter Jazzmusiker, Maler, Fotograf und Segler, dem die thailändische Kultur und Sprache und das höfische Protokoll fremd waren. Mit seiner jungen in Europa aufgewachsenen Frau Sirikit reiste er zunächst um die Welt und zierte in den 1950er Jahren die Promispalten.
Nach der offiziellen Krönung zum König 1950 flog ihm die Zuneigung seiner Untertanen zu. Er reiste wochenlang bis in die tiefe Provinz, engagierte sich für die Landbevölkerung, spendete für Schulen und Spitäler und erforschte persönlich neue Bewässerungssysteme.
Großer politischer Einfluss
Trotz beschränkter Machtbefugnisse griff Bhumibol über Jahrzehnte immer wieder maßgeblich in die Politik seines Landes ein. 1973 sprach er zunächst den Studenten ins Gewissen, die gegen eine Militärjunta demonstrierten und Demokratie forderten. Als die Armee aber mit Panzern vorrückte und das Feuer eröffnete, machte er die Tore des Chitralada-Palastes auf, um den Studenten Zuflucht zu gewähren. Die Junta fiel noch am gleichen Abend.

Reuters/Sukree Sukplang
Porträts des Königs sind in Thailand allgegenwärtig
1992 ließ er nach einem Massaker im Mai des Jahres die Anführer von Militär und Demonstranten vor laufenden Kameras vor sich niederknien und zwang sie, Frieden zu schließen. Der damalige Ministerpräsident, der sich mit Hilfe des Militärs an die Macht geputscht hatte, musste zurücktreten.
Im April 2006 erklärte Bhumibol im Zuge heftiger Proteste gegen den damaligen Regierungschef Thaksin Shinawatra, der nicht von seinem Amt ablassen wollte, eine umstrittene vorgezogene Parlamentswahl für „undemokratisch“. So machte er den Weg frei für einen erneuten Urnengang. Auch bei der Wandlung Thailands von einem semifeudalen Agrarstaat zu einem der asiatischen „Tigerstaaten“ galt Bhumibol als Leitfigur.
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