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„Dario und Gott“

Mit dem Sakralen und der Religion hat der nun verstorbene Dario Fo seit jeher eine intensive, aber widersprüchliche Beziehung gehabt. Mit dem Thema befasste er sich auch in seinem im März erschienen Werk „Dario e Dio“ (Dario und Gott), in dem er wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag am 24. März die Geheimnisse des Glaubens und der Religiosität zu ergründen versuchte.

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Seit seinem Meisterwerk „Mistero Buffo“ (1969), einer Sammlung von Monologen, in dem er biblische Episoden beschreibt, die sich auf die Apokryphen Evangelien beziehen, verlor der Literaturnobelpreisträger und bekennende Atheist nie das Interesse für das Spirituelle. Das im italienischen Verlag Guanda erschienene Werk ist ein Dialog mit der Journalistin Giuseppina Manin, der um Gott, die Bibel, den Glauben und um Fos Leben kreist.

„Ich hoffe, überrascht zu werden“

„Die Überlegungen zum Thema Gott und Religion sind ein Vorwand, um über uns, unser Leben und über die Entwicklung des Menschen zu sprechen“, so Fo. Dabei erzählt er auch über seine persönliche Beziehung zum Jenseits und zum Tod. „Der Tod soll sich ruhig Zeit nehmen, doch fürchten tue ich ihn nicht. Für den menschlichen Verstand ist der Gedanke unerträglich, dass wir für immer verschwinden werden. Wir sind Staub, sagt mir der Verstand. Doch die Fantasie, mein Wahnsinn bescheren mir Visionen einer anderen Dimension. Ich hoffe, überrascht zu werden“, sagte Fo.

Der Gedanke, im Jenseits seine vor drei Jahren verstorbene Frau Franca Rame wiederzutreffen, die er 1954 geheiratet hatte, weckte in Fo Enthusiasmus. „Die Aussicht, Franca in einem Garten wiederzufinden, in dem wir beide in Bäume verwandelt sind, sie mit goldenen Blättern in der Farbe ihrer Haare, ist wunderbar. Sollte es im Jenseits wirklich etwas geben, wünsche ich mir, dass es so aussieht“, so Fo. Die Erinnerung an seine Frau sei immer wach. „Wenn ich im Alltag nicht so zurechtkomme, formuliere ich instinktiv die Worte: ‚Franca, hilf mir!‘“

Bewunderung für Papst Franziskus

Das Gebet gehörte nicht zu Fos Dimension. „Als Kind betete ich noch. Als Atheist scheint mir das nicht korrekt zu sein“, sagte Fo, der als Sohn eines kommunistischen Eisenbahners und einer atheistischen Bäuerin stets eine misstrauische Haltung gegenüber dem Katholizismus hatte. Wie wohl kein anderer brachte Fo das Kunststück fertig, gleichzeitig Katholiken und Kommunisten gegen sich aufzubringen. Mehr als 40 Gerichtsverfahren - zumeist wegen Beleidigung - überstand er glücklich.

Doch für Papst Franziskus hegte Fo Bewunderung. „Er ist ein Revolutionär, wie man ihn bisher noch nie gesehen hat. Er ändert die katholische Kirche wirklich“, sagte Fo. Vor allem die Umweltenzyklika „Laudato si“, in der der Papst Kräfte zum Schutz der göttlichen Schöpfung zu mobilisieren versucht, bewegte Fo: „Die Natur ist ein Wunder, das auch einen überzeugten Atheisten wie mich in eine Krise stürzt. Wenn Gott nicht existiert, wer ist dieses derart geniale Wesen, das die Natur erschaffen hat?“

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