Hypo-Ausschuss: Bures überrascht von „krimineller Energie“

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Schlussstrich unter einer langwierigen Causa: Gestern Nachmittag hat der Untersuchungsausschuss zum Debakel um die Hypo Alpe-Adria zum letzten Mal getagt, heute Vormittag hat Nationalratspräsidentin Doris Bures gemeinsam mit Verfahrensrichter Walter Pilgermair und Verfahrensanwalt Bruno Binder bei einer abschließenden Pressekonferenz im Parlament Bilanz gezogen.

Fast 700 Stunden Arbeit

79 Sitzungen mit 670 Stunden und 142 Befragungen in fast 20 Monaten – das sind die Eckpunkte des ersten Ausschusses nach den neuen Verfahrensregeln. Der Abschlussbericht wurde gestern von allen Fraktionen außer NEOS abgenickt, angehängt sind ihm eigene Berichte aller Fraktionen. Auf der Website des Parlaments ist er nun „für alle Bürgerinnen und Bürger“ zugänglich, so Vorsitzende Bures.

Doris Bures und Walter Pilgermair

ORF.at/Petra Fleck

Der Abschlussbericht

Die Nationalratspräsidentin zeigte sich zufrieden über die Arbeit, auch wenn sie „Anlaufschwierigkeiten“ zu Beginn einräumte. Der Untersuchungsausschuss unter dem neuen Regelgerüst hat sich aus ihrer Sicht als „ein wirklich gutes Kontrollinstrument erwiesen“. Der Ausschuss habe „Pionierarbeit geleistet in den letzten 20 Monaten“, so Bures. Überrascht habe sie, „wie viel kriminelle Energie es gegeben hat“.

Ruf nach Insolvenzrecht

Zwar habe es zu der Causa schon zahlreiche Untersuchungen und Gerichtsverfahren gegeben - nun habe man aber erstmals eine „Gesamtbetrachtung der Materie“ über 15 Jahre hinweg erstellt. Der Kriminalfall Hypo wurde „in fast allen Winkeln beleuchtet und dokumentiert“ und dabei auch Optimierungspotenzial gezeigt.

Doris Bures und Walter Pilgermair

ORF.at/Petra Fleck

Verantwortung der Politik sei es jetzt, die „richtigen Schlüsse“ daraus zu ziehen. Entsprechende Empfehlungen, wurden bereits im vorläufigen Endbericht zum Ausschuss veröffentlicht. Bures hob hier besonders das Insolvenzrecht für Bundesländer hervor, wichtig seien außerdem eine Reform der Aufsicht, klare Regelungen für Wirtschaftsprüfer und Beschränkungen bei Landeshaftungen.

Nationalrat debattiert über Ausschuss

Morgen ist das Thema Hypo im Nationalrat an der Tagesordnung. Dass tatsächlich ein Insolvenzrecht für Länder geschaffen wird, dafür brauche es noch „eine Menge Überzeugungsarbeit“, räumt Bures ein. Vor allem auch ihre eigene Partei, die SPÖ, spricht sich gegen ein solches Gesetz aus.

Verfahrensrichter Pilgermair hätte sich bei den Befragungen eine strukturiertere Herangehensweise gewünscht. Er habe jedoch erkennen müssen, dass das zwar „idealistisch“ sei, die unterschiedlichen und berechtigten Fraktionsinteressen das aber nur schwer möglich machten. Der Ausschuss sei eben ein „Kampfinstrument“.

Pilgermair: Nicht einer zu „100 Prozent“ schuldig

Vorwürfe, wonach im Abschlussbericht letztlich keine eindeutige politische Verantwortlichkeit ausgemacht werden konnte, weist Pilgermair zurück. Die Schuld liege „in Wahrheit bei keinem zu 100 Prozent“. Seine Aufgabe als Verfahrensrichter sei es nicht, sich an Spekulationen zu beteiligen, so Pilgermair, auch wenn es genügend Verdachtsmomente gebe. „Ein Verfahrensrichter hat sich mit möglichen Spekulationen nicht zu begnügen, sondern damit, was Sache ist.“ (flep, ORF.at, aus dem Parlament)