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Türkischer Präsident hält an Klage fest

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan akzeptiert die Einstellung der Ermittlungen gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann nicht. Erdogans Anwalt habe Beschwerde eingelegt, erklärte die Staatsanwaltschaft in Mainz am Montag.

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Der TV-Satiriker und Grimme-Preisträger Böhmermann hatte im März in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ ein „Schmähkritik“ vorgetragen. Darin hatte er Erdogan mit Kinderpornografie und Sex mit Tieren in Verbindung gebracht.

Die Mainzer Ermittler hatten am Dienstag mitgeteilt, dass Böhmermann aus ihrer Sicht Erdogan mit seinem Gedicht strafrechtlich nicht beleidigt hatte. Ermittelt wurde wegen „Majestätsbeleidigung“ nach Paragraf 185 und 103.

Keine Einwände aus Kanzleramt

Keine Einwände gegen den Ermittlungsstopp kamen aus dem deutschen Kanzleramt. Das Amt sei bereits am 14. September im Rahmen einer Anhörung nach den „Richtlinien über das Straf- und Bußgeldverfahren“ über die juristische Bewertung des umstrittenen Schmähgedichts unterrichtet worden, sagte ein Regierungssprecher dem „Tagesspiegel“ aus Berlin (Montag-Ausgabe).

Es sei jedoch „keine Stellungnahme abgegeben“ worden, sagte der Sprecher weiter. Hätte die Regierung widersprochen, hätte die Staatsanwaltschaft in Mainz die Einwände den Richtlinien zufolge bei ihrer Entscheidung über das Verfahren würdigen müssen.

Böhmermann kritisiert türkische Politik

Böhmermann kommentierte das Ende der Ermittlungen gegen ihn unterdessen mit deutlicher Kritik an der türkischen Politik: „Im Vergleich zu dem, was kritische Journalisten, Satiriker oder Oppositionelle in der Türkei damals und auch jetzt gerade durchmachen, ist dieses ganze Theater um die Böhmermann-Affäre schon wieder ein großer trauriger Witz“, erklärte der 35-Jährige in einem am Mittwoch veröffentlichten YouTube-Clip.

Auch den Wirbel, den das Gedicht in Deutschland ausgelöst hatte, kommentierte er mit einer Spitze: „Wenn ein Witz eine Staatskrise auslöst, ist das nicht das Problem des Witzes, sondern des Staates.“

Zeichen stehen auf Gesetzesänderung

Nach dem Fall Böhmermann will die deutsche Regierungskoalition unterdessen den umstrittenen Majestätsbeleidigungsparagrafen abschaffen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte nach dem Treffen der Koalitionsspitzen am Donnerstag in Berlin, der entsprechende Gesetzesentwurf solle „spätestens im Jänner“ im Kabinett behandelt werden.

Nach Angaben von Oppermann soll der Paragraf 103 des Strafgesetzbuchs abgeschafft werden, der sich unter anderem auf die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts bezieht. Gestrichen werden soll nach seinen Worten auch der Paragraf 104, der Flaggen und Hoheitszeichen schützt. Nach der Kabinettsbefassung muss die Neuregelung noch durch Bundestag und Bundesrat.

Ein entsprechender Gesetzesentwurf aus dem von Justizminister Heiko Maas (SPD) geführten Justizministerium befindet sich bereits seit Ende April in der Abstimmung zwischen den zuständigen deutschen Ministerien. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, dass das Gesetz noch in dieser Wahlperiode verabschiedet, aber erst 2018 in Kraft treten solle.

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