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„Konsumenten wollen perfekte Bananen“

Dass Obst in Ecuador - einem Land, das nach seiner Lage am Äquator benannt ist - eine bedeutende Rolle spielt, offenbart sich in dessen Wirtschaftsmetropole Guayaquil nicht auf den ersten Blick. Doch verlässt man die 2,5-Mio.-Einwohner-Stadt Richtung Süden, gibt es außer Bananenpflanzen bald nichts mehr. Die Panamericana, die Straße verbindet Alaska mit Feuerland, wird in dieser Gegend von Plantagen flankiert.

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Kein Wunder, dass Ecuador der weltweit größte Exporteur von Bananen ist: 300.000 Menschen sind in der Bananenproduktion tätig, zwei Millionen sind wirtschaftlich davon abhängig. Bewirtschaftet werden 220.000 Hektar Anbaufläche. Etwa 20 bis 30 Prozent der in Österreich erhältlichen Bananen stammen aus Ecuador. Und der Qualitätsanspruch an die gelbe Frucht ist wie in den meisten Konsumländern sehr hoch.

Keine Flecken oder Druckstellen

Bananen mit schwarzen Flecken und Druckstellen sind in Supermärkten Ladenhüter; ein Umstand, der die Produktion maßgeblich bestimmt. Unabhängig von der Größe der Plantage (als groß gelten Anlagen ab 80 Hektar, Kleinbauern betreiben oft weniger als zehn Hektar) ist der Vorgang immer derselbe: Die Bananen werden grün geerntet und in der Regel noch an Ort und Stelle in Schachteln verpackt und später auf Schiffe verladen.

Lieferant vor einer Bananenstaude

ORF.at/Valentin Simettinger

Keine Kratzer, keine Druckstellen - sonst ist die Banane für den Handel wertlos

Unabhängig davon, ob es sich um eine herkömmliche Plantage oder um eine Bioplantage handelt - die behutsame Behandlung der Früchte muss schon bei der Aufzucht beginnen: Die jungen Bananen werden mit Plastiksäcken verhüllt - sie schützen vor Insekten und Kratzern durch die harten Blätter der Staude. Um Druckstellen vorzubeugen, werden Schaumpflaster zwischen die Früchte geschoben.

„Ästhetisches Problem“

„Wir ernten händisch, damit die Früchte nicht beschädigt werden“, erklärt Segundo Bautista Canar Agurto gegenüber ORF.at. Er betreibt die 4,5 Hektar große Biofarm Mercedes Vanessa nahe dem Ort El Guabo nahe der Westküste. Im Gegensatz zu großen konventionellen Bananenplantagen werden hier biologische Pestizide eingesetzt - ein genereller Verzicht auf chemische Substanzen ist im Bananenanbau nicht möglich, zu anfällig sind die Pflanzen für Pilze und Schädlinge.

Karte zeigt die Städte Quito, Guayaquil und El Guabo in Ecuador

APA/ORF.at

Viele Probleme würden etwa kleine Flöhe bereiten, die rote Flecken auf den Bananen verursachen. Betroffen ist die Schale, das Innere der Banane nimmt keinen Schaden. „Es ist ein rein ästhetisches Problem“, bestätigt Kleinbauer Agurto. Eine wahre Bedrohung sind aber Pilze - in Ecuador besonders die Black Sigatoka. Gegen die Blattkrankheit werden die biozertifizierten Metallsulfate gesprüht.

Gegen den Untergang im Preiskampf

Da die Biofarm alleine im harten und unfairen Preiskampf unter die Räder kommen würde und sich unter dem staatlichen Mindestpreis bezahlen lassen müsste, ist sie zusammen mit anderen Kleinbetrieben zu einer Kooperative zusammengeschlossen. Die Asociacion de Pequenos Productores Bananeros El Guabo (kurz: ASOGUABO) zählt 125 Mitglieder, seit ihrer Gründung im Jahr 1997 arbeitet sie mit der Organisation Fairtrade zusammen, die sich vor allem die Gewährung bzw. das Monitoring „fairer“ Arbeitsbedingungen auf die Fahnen heftet.

Arbeiter waschen Bananen in einem Wasserbecken

ORF.at/Valentin Simettinger

Bananen werden gewaschen, geschnitten und auf Qualität geprüft

Auch über die Prämien, die Fairtrade an die zertifizierten Betriebe ausschüttet, wird jenes Material angeschafft, das letztlich für die Qualitätssicherung unerlässlich ist. Auch verpflichtet das Siegel nach Angaben der Organisation zur Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards und Sicherheitsvorgaben auf der Farm. Damit aber auch die Bananen dem Ideal der Abnehmer in der ganzen Welt entsprechen, müssen mehrere Stufen der Qualitätskontrolle unterlaufen werden.

„Perfektion ist sehr teuer“

Entsprechend viele Bananen landen bereits bei einer ersten Selektion im Zuge der Waschung nicht in Schachteln, sondern in Säcken. Sie sind Ausschussware, für den Handel ungeeignet. Für konventionelle Betriebe sind die intakten Früchte Abfall - ASOGUABO arbeitet mit Betrieben zusammen, die Bananen zu Mark (etwa für Säfte) verarbeiten. „Konsumenten wollen perfekte Bananen“, erklärt Silvia Campos von Fairtrade International im Gespräch mit ORF.at. „Aber Perfektion ist teuer, sehr teuer“, sagt Campos und meint damit auch den finanziellen Mehraufwand, den Bioproduktion bzw. Herstellung unter „fairen“ Bedingungen bedeutet.

Ausschussware von Bananen in einem Sack

ORF.at/Valentin Simettinger

Nicht perfekt genug: Diese Bananen sind für den Handel ungeeignet

Auf konventionellen Farmen wird die Perfektion der Früchte mit anderen Hilfsmitteln erlangt: Hier werden Pestizide eingesetzt. Ein Vorgang, der in der Regel krank macht - schließlich kommt der Schutz der Arbeitnehmer zu kurz. So wird die Regel, wonach „Aerospraying“ (Pestizideinsatz aus Flugzeugen) nur unter (längerer) Abwesenheit der Arbeiter betrieben werden darf, oft nicht bzw. ungenügend eingehalten. Zwar wirkt sich der Pestizideinsatz nicht negativ auf die Bananen aus, die gesundheitlichen Folgen für die Plantagenarbeiter sind jedoch erwiesenermaßen verheerend.

Einer Kontrolle folgt die nächste

„Aerospraying“ gibt es zwar im Bioanbau auch, eingesetzt werden aber biozertifizierte Mittel. In Betrieben, die Waren mit dem Fairtrade-Siegel vertreiben, wird die Einhaltung der Vorschriften zum Arbeitnehmerschutz nach Angaben der Organisation zudem ständig kontrolliert. Das betrifft auch den Arbeitsprozess beginnend bei Ernte über Selektion bis zum Verpacken. Gesundheitlich heikle Tätigkeiten gibt es mehrere: etwa das Besprühen und das Zurechtschneiden der Krone.

Nahaufnahme einer aufgeschnittenen Banane

ORF.at/Valentin Simettinger

Stichprobenartig werden Bananen auf Farbe und Geruch geprüft

Gleichzeitig steht der Ernte- und Verpackungstag ganz im Zeichen der Qualitätskontrolle: Das beginnt bereits beim Abladen der 40 bis 60 Kilogramm schweren Bananenbündel, die über eine Seilbahn zur Verpackungsstation gefahren werden. Per Sichtkontrolle werden beschädigte oder für den Export ungeeignete Früchte sofort aussortiert. Auch werden Früchte stichprobenartig aufgeschnitten. „Das Fruchtfleisch muss weiß sein, es muss nach Gurken riechen“, sagt Fernando Gabriel Alcantara, der auf Agurtos Farm für Qualitätskontrolle zuständig ist.

Gegen Latex, Verpackung als Maßarbeit

Zudem ist es für eine „perfekte Banane“ wichtig, den Latexfluss zu stoppen, der nach dem Abschneiden der Frucht einsetzt. Die Bananen schwimmen dafür nach der Waschung 15 Minuten lang im Wasserbad. Andernfalls würde der Latexfluss zu schwarzen Flecken führen und in weiterer Folge Fäulnis hervorrufen. Auch die Besprühung mit einem Mittel gegen Kronenfäule verhindert ein Verderben der Bananen während des langen Transports auf andere Kontinente.

Hinweis

Das Ö1-Magazin „Saldo“ hat dem Geschäft mit den Bananen einen Schwerpunkt gewidmet - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Auch während des Verpackens in Schachteln wird erneut ein Auge auf die Qualität der Bananen geworfen. Das Abpacken ist Maßarbeit, wieder werden die Früchte auf weiche Stellen, Flecken, Beschädigungen oder Schmutz überprüft. Das Gewicht der Kiste darf gut 18 Kilogramm nicht unterschreiten. Selbst die abgepackten Kisten müssen stichprobenartig noch einmal zur Nachkontrolle: Werden Defekte bei mehr als einer von zehn Bananen entdeckt, wandert die gesamte Kiste in den Abfall.

Wer die Hebel in der Hand hält

Unabhängig davon, ob die Bananen aus Bio- oder konventionellen Betrieben, von Kleinbauern oder Großplantagen stammen: Die Ansprüche an die Qualität übersteigen den Preis, zu dem die Banane letztlich in den Supermärkten verkauft werden. Das liegt am enormen Preisdruck im Bananengeschäft. Zwar wird im Fairtrade-Segment eine Gegenbewegung forciert, großteils sitzen aber die großen Handelsketten in Europa, den USA und Russland auf dem längeren Ast. Sie haben die Hebel der Wertschöpfung in der Hand - an ecuadorianische Produzenten wie die Biofarm Mercedes Vanessa von Kleinbauer Agurto geht jedenfalls nur ein sehr kleiner Teil.

Valentin Simettinger, ORF.at

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