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Die ganz ordentlichen sieben

Staraufgebot im Wilden Westen: Denzel Washington kämpft an der Seite von Chris Pratt und Ethan Hawke gegen das Böse. „Die glorreichen Sieben“ ist eine Neuauflage des gleichnamigen Westerns aus den 1960ern, die das Genre feiert und sanft ins 21. Jahrhundert führt. Nicht glorreich, aber vor allem nicht peinlich - keine Selbstverständlichkeit für den zweiten Aufguss derselben Vorlage.

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Es ist mehr als ein halbes Jahrhundert her, dass Regisseur John Sturges Yul Brynner, Charles Bronson, Steve McQueen und Co. in ein mexikanisches Dorf ziehen ließ, um dort mit Waffengewalt die Ordnung wiederherzustellen. „Die glorreichen Sieben“ (englisch „The Magnificent Seven“), 1960 erstmals auf der Leinwand, war ursprünglich gar kein Western, sondern ein Eastern.

Szene aus dem  Film "Die glorreichen Sieben"

Sony Pictures Releasing GmbH

Chris Pratt als schlecht gelaunter Spieler - ein Teil der Gang

Als Vorlage diente Sturges das japanische Historiendrama „Die sieben Samurai“ aus dem Jahr 1954 - Regisseur Akira Kurosawa ist damit regelmäßig in „Top Ten“-Listen der Filmgeschichte vertreten. „Die glorreichen Sieben“ mussten hingegen um ihren Ruf kämpfen: Ein Flop an den US-Kinokassen, wurde das Wildwest-Abenteuer erst in Europa zum verspäteten Erfolg. Kritiker konnten dem Film nicht viel abgewinnen, ausgerechnet Kurosawa war von der westlichen Version seines Films jedoch begeistert.

Denzel Washington führt an

Regisseur Antoine Fuqua nimmt sich jetzt ein weiteres Mal des Kurosawa-Stoffes im Western-Gewand an: „Die glorreichen Sieben“ bedient sich klassischer Motive, feiert seine Vorlage(n) und versucht dabei, dem angestaubten Genre einen zeitgenössischen Anstrich zu verleihen. Das äußert sich vor allem in der Zusammensetzung der Gang: An der Spitze reitet jetzt Denzel Washington - im Kontrast zum vorrangig weiß besetzten 60er-Western.

Als Sam Chisolm wird er von Emma Cullen (Haley Bennett) angeheuert, um ihr Dorf vor dem Industriellen Bartholomew Bogue (Peter Sarsgaard) zu beschützen. „Unmöglich“ sei die Aufgabe - nur noch mehr Motivation für Washington, der sich Verstärkung in Form eines quietschbunten, aber schwammig charakterisierten Teams holt. Byung-hun Lee als asiatischer Killer, Seite an Seite mit Manuel Garcia-Rulfo, der den Mexikaner Vasquez spielt - mit Martin Sensmeier ist sogar ein Native American Teil der „Sieben“.

Western als Spiegel der Gegenwart

Chris Pratt, Ethan Hawke und Vincent D’Onofrio komplettieren die Runde, die zwischen Kugelhagel - Regisseur Fuqua spart nicht mit Gewalt, Gemetzel im Stile Quentin Tarantinos gibt es aber keines - und Showdown kaum Zeit bekommt, sich zu entfalten. Im Gegenzug inszeniert Fuqua seine Truppe mit einer Selbstverständlichkeit, die stark im Jetzt verankert ist und seinem Western, ganz genrekonform, eine zeitgenössische Botschaft mitgibt.

Szene aus dem  Film "Die glorreichen Sieben"

Sony Pictures Releasing GmbH

Geübt im Umgang mit Messern: Billy Rocks (Byung-hun Lee)

Das in erster Linie weiße Dorf, in dessen Mitte die Kirche von dem vom Profit getriebenen Bogue niedergebrannt wird, ist hilflos - zum Schutz bedarf es einer furchtlosen Gruppe, die sich durch ihre Vielfalt auszeichnet. Fuqua und Drehbuchautor Nic Pizzolatto - er zeichnet für die Krimiserie „True Detective“ verantwortlich - halten die Moral stets an der Oberfläche, wohl nicht zuletzt im Hinblick auf die bevorstehende Wahl des US-Präsidenten.

„Titanic“-Komponist mit klassischem Soundtrack

Viele Western sind nicht von ihrem Soundtrack zu trennen - Komponisten wie Ennio Morricone haben das Genre ebenso geprägt wie seine Schauspieler. Elmer Bernstein schrieb das Titellied der ursprünglichen „Sieben“, das zu den bekanntesten Melodien der Filmgeschichte zählt. „Titanic“-Komponist James Horner, der im Vorjahr bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, zitierte für die neuen „Sieben“ augenzwinkernd aus dem ursprünglichen Soundtrack - mit Orchester, ohne Kanye West, dessen Musik im Trailer die Fans spaltete.

Rückgriff auf Bewährtes

Weder die Handlung noch visuell setzt „Die glorreichen Sieben“ neue Maßstäbe: Wenn Tarantino mit „Hateful Eight“ das Western-Genre komplett dekonstruiert, dann polarisiert das, es ist in dieser Form aber jedenfalls neuartig. Fuqua fügt der bewährten Formel kaum Neues hinzu, der Film wächst nie über die Hommage an die großen Western vergangener Zeiten hinaus.

Nicht jeder Film muss sein Genre neu erfinden - und Fuqua erfüllt mit seinen „Glorreichen Sieben“ alle Ansprüche an kurzweiliges Popcornkino. Doch ein Remake wird zwangsläufig an seiner Vorlage gemessen: kein Tiefgang wie bei Kurosawas „Samurai“, aber durchaus so charmant wie die ersten „Sieben“. Sie mögen vielleicht nicht glorreich sein - „Die ganz ordentlichen Sieben“ überraschen dennoch. Beim US-Publikum jedenfalls kommt das Remake ausgezeichnet an: Es spielte gleich am ersten Wochenende 35 Mio. Dollar (31 Mio. Euro) ein und katapultierte sich damit auf Platz eins der US-Kinocharts.

Florian Bock, ORF.at

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