Themenüberblick

Mobilisierung entscheidend

Die beiden Kandidaten für die Bundespräsidentenstichwahl stehen unter hohem Mobilisierungsdruck und müssen im Wahlkampf rennen bis zuletzt. Denn nach wie vor sehen Experten keinen Favoriten - das heißt, es könnte wieder sehr knapp werden am 2. Oktober. Darin sind sich der Politologe Thomas Hofer und der Meinungsforscher Peter Hajek einig.

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Hofer ist erstaunt, dass sich manche schon jetzt festlegen. Aus seiner Sicht ist die Stichwahl „ein nach wie vor offenes Rennen“. Schließlich habe man schon am 22. Mai feststellen können, dass im Lauf des gerade startenden Wahlkampfes „noch Entwicklungen passieren können, die entscheidend sind“. Eine „gmahde Wiesn“ für den FPÖ-Kandidaten Hofer sieht der Politologe gegenüber der APA keinesfalls.

Medienauftritte zentral

„Erste Kandidatenpflicht“ sei jedenfalls die Mobilisierung - sei doch kaum ein Wähleraustausch zwischen den beiden Bewerbern zu erwarten. Eine große Rolle würden dabei sicherlich wieder die Medienauftritte spielen.

Für Van der Bellen gehe es, so Hofer, vor allem darum, jene sonstigen Nicht-Grün-Wähler für sich zu gewinnen, die bei der ersten Wahl aus einer „Abwehrhaltung gegen den FPÖ-Kandidaten“ für ihn gestimmt haben. Aber „das kann man durchaus zustande bringen“, sieht der Politologe gute Chancen für den schon einmal erfolgreichen Ex-Grünen-Chef.

Themenlage stützt Hofer

Hofer komme sicherlich die Themenlage - Türkei, Terroranschläge, Flüchtlinge - zugute. „Das stützt natürlich die Agenda des FPÖ-Kandidaten.“ Andererseits müsse er sich darum bemühen, den „Eindruck, er sei ein schlechter Verlierer, auszumerzen“ - hat doch die FPÖ mit ihrer Anfechtung die Wiederholung der Stichwahl herbeigeführt. Van der Bellen könnte aber nach wie vor das Thema „Brexit“ nützen, indem er „sachlich-offensiv“ auf die unterschiedliche Haltung zur EU eingeht.

Kein klarer Trend

„Too close to call“ ist auch die Diagnose von Meinungsforscher Hajek. Vier Wochen vor der Wahl sei es nicht möglich, den Ausgang zu prognostizieren, sagte er der APA. Bemerkenswert finde er, dass „alle Umfragen so aussehen wie vor drei, vier Monaten“. Damit scheint ein ähnlich knappes Ergebnis wie bei der ersten Stichwahl nicht unrealistisch. „Wir sehen keine Bewegung, auch keinen Trend“, so Hajek. Und: „Hofer konnte sich von Van der Bellen (dem knappen Sieger im Mai, Anm.) nicht absetzen.“

Keine „eklatante Wahlmüdigkeit“

Dafür sieht er aber auch keine Hinweise auf eine „eklatante Wahlmüdigkeit“, sprich, auf eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung gegenüber dem Urnengang im Mai. Mögliche Begründung: Beide Gruppen hätten eine bestimmte Motivation. „Jene, die Hofer wählten, könnten die Chance nützen wollen, ihn doch noch zum Bundespräsidenten zu machen. Van der Bellens Anhänger wollen ihn jetzt erst recht in der Hofburg sehen.“

Für die Kontrahenten bedeutet diese knappe Ausgangslage vor allem eins: Rennen bis zuletzt im Wahlkampf. „Wenn die Stimmungslage so stabil bleibt, wie sie ist, dann wird es für ein eindeutiges Ergebnis auf jedes Detail ankommen“, so Hajek. In dieser Hinsicht wertet er den ungewöhnlichen Schritt Van der Bellens, seine Krankenakte zu veröffentlichen, als strategisch geschickt, „weil er damit eine Flanke geschlossen hat“. Des Meinungsforschers Fazit für die nächsten vier Wochen: „Bei diesem Wahlkampf kommt es auf alles an.“

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