Deutschland will aktivere Rolle spielen
Das Prinzip ist so alt wie die deutsche Bundeswehr selbst: Nur Staatsbürger dürfen Soldaten werden. Die deutsche Regierung will das jetzt im Zuge der Neuausrichtung der Sicherheitspolitik ändern und auch EU-Ausländer für die Armee rekrutieren - und damit ein „starkes Signal für die europäische Perspektive“ setzen. Das kommt nicht bei jedem gut an - die Pläne stoßen auf Widerstand.
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Der Soldatenberuf sei kein Beruf wie jeder andere, heißt es vom Bundeswehrverband. Die größte Interessenvertretung der Soldaten ist klar gegen die Rekrutierung von EU-Ausländern: „Der rechtliche Rahmen und die wertebezogene Führungsphilosophie dürfen bei aller Offenheit für neue Konzepte niemals verwässert werden“, argumentiert der Vorsitzende Andre Wüstner. „Die deutsche Staatsangehörigkeit ist für uns elementar und muss es bleiben“, meint er.
„Deutscher Horizont ist global“
Grund für die Aufregung ist der Inhalt des neuen Weißbuchs zur Sicherheitspolitik - ein Konzeptpapier, das mit jahrzehntealten Prinzipien bricht: Grundsätzlich sieht es für Deutschland eine aktive Rolle bei der Gestaltung der Weltordnung vor. Bei der Erstellung war das Verteidigungsministerium federführend, beteiligt waren aber auch andere Ministerien vom Auswärtigen Amt bis zum Entwicklungshilferessort.
Mitte Juli wurde da Weißbuch vom Kabinett beschlossen - die Inhalte sind richtungsweisend: „Deutschlands sicherheitspolitischer Horizont ist global“, heißt es in dem 83 Seiten starken Werk. Und weiter: „Nicht zuletzt böte die Öffnung der Bundeswehr für Bürgerinnen und Bürger der EU (...) ein weitreichendes Integrations- und Regenerationspotenzial für personelle Robustheit der Bundeswehr (...).“
„Anderer Zugang“ in Österreich
In Österreich ist eine Rekrutierung von EU-Ausländern kein Thema. Das Bundesheer begründet das vor allem mit der unterschiedlichen Organisationsstruktur: Im Unterschied zu Deutschland bestehe in Österreich die Wehrpflicht, das alleine schließe entsprechende Denkansätze aus, so Ministeriumssprecher Michael Bauer gegenüber ORF.at. „Das geht nicht zusammen“, meint er. Bei einem Berufsheer sei „der Zugang ein anderer“.
Für die Aufnahme von EU-Ausländern in die deutsche Armee müsste das Soldatengesetz geändert werden, nicht aber das deutsche Grundgesetz. Zur Ausweitung von Bundeswehreinsätzen im Inneren, also etwa nach Terroranschlägen (auch das sieht das Weißbuch vor) soll das Grundgesetz zwar nicht geändert werden. Allerdings stellt das Weißbuch klar, dass die Regierung den Einsatz von Soldaten bei „terroristischen Großlagen“ für verfassungskonform hält.
Geänderte Bedingungen
Der Vorgänger des neuen Weißbuchs der Bundeswehr war zehn Jahre alt - also angesichts der geänderten Rahmenbedingungen (vom Terrorismus bis zu geopolitischen Veränderungen) durchaus betagt. Es ist das „oberste“ Dokument der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, in dem deutsche Interessen formuliert sind.
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