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Streit nicht nur mit VW

Im Streit zwischen dem Autokonzern Volkswagen (VW) und zwei seiner Zulieferer hat die deutsche Regierung zu einer schnellen Verhandlungslösung aufgerufen. Es gehe um Tausende Arbeitsplätze, die von Kurzarbeit betroffen sein könnten, sagte am Montag ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums.

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Die Unternehmen hätten eine „hohe Verantwortung“, ihre Probleme „so konstruktiv wie möglich anzugehen“. Daher erfolge ein „Appell“ an die Firmen, „das auch voranzutreiben“. Durch den Streit mit zwei Zulieferfirmen können bei VW knapp 28.000 Mitarbeiter nicht wie geplant arbeiten. Die Versorgung der Produktion mit Bauteilen ist nach Angaben von VW in mehreren Werken unterbrochen. VW hat daher „Flexibilisierungsmaßnahmen bis hin zur Kurzarbeit vorbereitet“. Der Konzern versucht nach eigenen Angaben, eine Einigung mit den Lieferanten zu erzielen.

Teilbeschlagnahme dauert

Mit der von VW beantragten Teilbeschlagnahme der vom Lieferstopp betroffenen Teile muss der Wolfsburger Autohersteller zumindest bis Ende der Woche auf eine Entscheidung des Gerichts warten, wie das Landgericht Braunschweig ankündigte.

Trotz des Eilverfahrens vor Gericht, in dem der Konzern bisher Etappensiege einfuhr, ist die Sache für VW noch immer eine Frage mehrerer Tage. VW selber hatte bisher lediglich mitgeteilt, die harte Gangart einer „zwangsweisen Durchsetzung der Belieferung“ vorzubereiten. Für VW habe aber weiter eine „gütliche Einigung“ am Verhandlungstisch Priorität, so der Autohersteller mehrfach. Auch die VW-Partner bekundeten ihren Kompromisswillen.

Gespräche „vielversprechend“

Nach mehrstündigen Gesprächen über eine Einigung im VW-Zuliefererstreit waren die Verhandlungen nach Informationen der dpa am Montagabend auf gutem Weg. Die Gespräche - laut ARD-„Tagesschau“ in einem Wolfsburger Hotel - verliefen bisher „konstruktiv und vielversprechend“, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Deutschen Presse-Agentur. Es sei aber zu früh, über Ergebnisse zu sprechen. Sprecher von VW sowie der beteiligten Zulieferer wollten sich zunächst nicht äußern.

Sechs Werke stehen

Die beiden in Sachsen ansässigen Zulieferfirmen ES Guss und Car Trim weigern sich, Getriebeteile beziehungsweise Sitzbezüge an den VW-Konzern zu liefern, da dieser Schadenersatzzahlungen bei einem gestrichenen Auftrag verweigere. Beide Firmen gehören zur Unternehmensgruppe Prevent. Mittlerweile stehen sechs VW-Produktionsstätten still. Im größten VW-Werk in Wolfsburg etwa ruht die Golf-Produktion von Montag bis Samstag. Andere betroffene Werke sind Kassel, Zwickau, Salzgitter, Braunschweig und Emden.

Weiterhin sind die genauen Hintergründe, die den Konflikt so weit eskalieren ließen, unbekannt. Offen ist auch, wie sich dieser Machtkampf längerfristig auf das Verhältnis von Autoherstellern und Zulieferern auswirken wird.

Auch Daimler streitet mit Prevent

Neben VW streitet nämlich auch Daimler mit Prevent vor Gericht. Vor dem Landgericht Braunschweig wolle der Lieferant 40 Mio. Euro Schadenersatz erstreiten, sagte ein Sprecher des Gerichts am Montag. Prevent sehe Verträge von Daimler als nicht erfüllt und nicht wirksam beendet an.

Am Dienstag werde zunächst die Frage geklärt, welche Kammer überhaupt für das Verfahren zuständig ist. Die „Bild am Sonntag“ und die „Süddeutsche Zeitung“ (Montag-Ausgabe) hatten zuvor über den Rechtsstreit berichtet. In der Auseinandersetzung war Prevent bereits im Jahr 2014 mit einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Stuttgart gescheitert. Die Verfügung wurde vom Gericht gekippt, auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg.

„Abzug des Lieferumfanges“

Ob an der Klage eine der beiden Prevent-Gesellschaften beteiligt war, die aktuell Teile der Produktion bei VW lahmlegen, ging aus den Gerichtsunterlagen nicht hervor. Im Jahresabschluss der Prevent DEV GmbH ist die Rede von 2013 gekündigten Aufträgen und einem „Abzug des Lieferumfanges“ der Daimler AG im Jahr 2014.

Weder Daimler noch Prevent wollten sich zu dem Verfahren äußern. Eine Daimler-Sprecherin bestätigte Lieferbeziehungen mit Prevent und Prevent-Gesellschaften. Es gebe aber keine Lieferschwierigkeiten. Car Trim sei derzeit kein Serienlieferant von Mercedes-Benz. Die ES Automobilguss habe den Stuttgarter Autobauer früher beliefert.

Auch heimische Firma gehört zu Prevent

Die Prevent-Gruppe ist auch mit Zulieferfirmen in Österreich vertreten. 2008 hatte Prevent dem Automobilzulieferer Eybl, der Ausgleich anmelden musste, diverse Firmen abgekauft, wie der „Standard“ (Montag-Ausgabe) erinnert. Heute gehört der Kremser Autotextilhersteller Eybl zur Prevent-Gruppe, dieser beliefert unter anderem VW und Audi.

Laut einem Bericht der „Niederösterreichischen Nachrichten“ („NÖN“) von Anfang August steht bei Eybl in Krems eine Kündigungswelle bevor, bis zu 60 Personen sollen betroffen sein. Bei Eybl war am Montag für die APA vorerst niemand erreichbar. Die Eybl Austria GmbH setzte 2015 laut FirmenCompass 55 Mio. Euro um, bei einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von 3,12 Mio. Euro.

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