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Attentäter offenbar ein Kind

Bei einem Bombenanschlag auf eine kurdische Hochzeitsfeier im Süden der Türkei sind mindestens 51 Menschen getötet worden. Es war der schwerste Anschlag in diesem Jahr in der Türkei. Gezündet hat die Bombe am Samstagabend vermutlich ein Selbstmordattentäter im Kindesalter. Die internationale Staatengemeinschaft verurteilte den Anschlag einhellig - und sicherte der Türkei Unterstützung zu.

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Nach Angaben der Ermittler wurden die Reste einer Sprengstoffweste am Tatort in der Stadt Gaziantep gefunden. Präsident Recep Tayyip Erdogan machte die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) für das Attentat verantwortlich. Der Anschlag wurde Erdogan zufolge von einem Kind verübt.

Anschlag auf offener Straße

In einer vom Sender NTV übertragenen Ansprache sagte der Staatschef am Sonntag, der Attentäter sei zwischen zwölf und 14 Jahre alt gewesen. Zunächst blieb unklar, ob sich das Kind selbst in die Luft sprengte oder ob der Sprengsatz per Fernzünder ausgelöst wurde. Die prokurdische Partei HDP erklärte, es habe sich um die Hochzeit eines ihrer Mitglieder gehandelt. Unter den Getöteten seien Frauen und Kinder. Der Anschlag war bei den Feierlichkeiten auf offener Straße verübt worden. 69 Menschen wurden verletzt.

Trauerfeier

Reuters/Osman Orsal

Trauer bei der Beisetzung der ersten Opfer am Sonntag

Das Brautpaar stammte nach Informationen der Nachrichtenagentur Dogan aus der Region Siirt weiter östlich. Die Tageszeitung „Hürriyet“ berichtete, die Brautleute seien verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden, sie seien aber nicht in Lebensgefahr.

Anschlag international verurteilt

Die deutsche und die französische Regierung sowie hochrangige EU-Politiker und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sprachen der Türkei ihr Beileid aus. Der französische Präsident Francois Hollande verurteilte den „schändlichen Anschlag“. Frankreich stehe an der Seite aller, die gegen den Terrorismus kämpfen, hieß es in einer Mitteilung des Elysee-Palastes.

Die EU-Kommission sicherte der Regierung in Ankara Solidarität und verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen Terror zu. „Wir sind zusammen in einem gemeinsamen Kampf“, erklärten die Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn.

Anschlag auf Hochzeitsfeier: Attentäter noch ein Kind

Mitten in einer kurdischen Hochzeitsfeier ist am Sonntag eine Bombe explodiert. 51 Menschen starben, 70 weitere wurden verletzt. Der Attentäter soll nicht älter als 14 Jahre gewesen sein.

USA: „Barbarische Tat“

Auch die US-Regierung verurteilte den Anschlag als „barbarische Tat“ und bekundete Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus. „Wir stehen bei der Verteidigung der Demokratie gegen alle Arten von Terrorismus an der Seite des türkischen Volkes“, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Ned Price. Die USA stünden in engem Kontakt mit den türkischen Behörden.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte den „abscheulichen Terroranschlag“. „Meine Gedanken sind bei den Familien der Opfer“, twitterte er am Sonntag. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sicherte der Türkei die Unterstützung des Militärbündnisses zu. „Wir stehen in dieser schwierigen Zeit in Solidarität vereint mit unseren türkischen Verbündeten“, sagte Stoltenberg am Sonntag in Brüssel. „Wir bleiben fest entschlossen, Terrorismus in all seinen Formen zu bekämpfen.“ Papst Franziskus forderte dazu auf, für alle die „Gabe des Friedens“ zu erbitten.

Russland fordert gemeinsamen Kampf gegen Terror

Angesichts des blutigen Anschlags rief der russische Präsident Wladimir Putin zu einem gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus auf. Der Kreml-Chef verurteilte den Anschlag in einem Beileidstelegramm an Erdogan als brutal und zynisch. „Wir haben einmal mehr erfahren, dass der Terrorismus nicht nur die Gesetze zivilisierter Gesellschaften nicht anerkennt, sondern auch die grundlegenden Normen der menschlichen Moral missachtet“, schrieb Putin nach Angaben des Kremls.

Putin und Erdogan hatten sich nach einem tiefen Streit wegen eines im Syrien-Krieg abgeschossenen russischen Kampfjets zuletzt wieder angenähert. Putin bezog sich in seinem Telegramm auch auf einen Besuch Erdogans Anfang August in St. Petersburg.

Verstärkte Einsätze gegen IS versprochen

Erdogan verurteilte den Anschlag und sagte, in der Vergangenheit sei die Polizei schon gegen IS-Zellen in Gaziantep vorgegangen. Er kündigte an: „Natürlich werden unsere dortigen Sicherheitskräfte diese Einsätze noch intensiver fortsetzen.“ Er sagte, die Urheber des Anschlags versuchten, das Volk gegeneinander aufzubringen, indem sie „ethnische und religiöse Empfindlichkeiten“ für ihre Zwecke nutzten.

Außenpolitikexperte: IS-Racheakt ist gut möglich

Der ORF-Außenpolitikchef Andreas Pfeifer erklärt, was dafür spreche, dass der Anschlag auf die kurdische Hochzeitsgesellschaft ein Racheakt des IS war.

Damit hätten sie keinen Erfolg. Er machte dabei keinen Unterschied zwischen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, der für Erdogan hinter dem Putschversuch vom 15. Juli steckt, und dem IS.

Karte der Türkei

APA/ORF.at

Zusammenhang mit Syrien unklar

Die türkische Regierung hatte den IS in der Vergangenheit für zahlreiche Anschläge im Land verantwortlich gemacht. Mehrmals waren offenbar Kurden das Ziel. Der IS bekannte sich jedoch zu keinem der Bombenattentate in der Türkei. Die Terrormiliz übernahm dagegen in der Vergangenheit die Verantwortung für Morde an syrischen Oppositionellen in Gaziantep. Die gleichnamige Provinz grenzt an das Bürgerkriegsland Syrien.

Auf der syrischen Seite kontrolliert der IS ein großes Gebiet. In den vergangenen Monaten waren aber auch die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG), ein wichtiger Partner des Westens, in Nordsyrien vorgerückt. IS-Kämpfer mussten sich in das syrisch-türkische Grenzgebiet zurückziehen. Ein weiteres Vorrücken der YPG ist Erdogan jedoch ein Dorn im Auge. Dadurch könnten Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden im eigenen Land befeuert werden, so die Befürchtung Ankaras.

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