Wahl für 2017 angekündigt
Gut zwei Jahre nach dem Militärputsch haben die Thailänder am Sonntag in einem Referendum die vom Militär entworfene Verfassung angenommen. Das gab die Wahlkommission bekannt. Damit dürfte bereits im kommenden Jahr die Parlamentswahl stattfinden.
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Wie die Wahlkommission in Bangkok nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen mitteilte, votierten 62 Prozent der Wähler für den Verfassungsentwurf. Der oppositionsnahe Sender Voice TV vermeldete ähnliche Ergebnisse. 61,65 Prozent hätten mit Ja gestimmt, so der Sender. Mit rund 55 Prozent blieb die Wahlbeteiligung zwar deutlich unter den anvisierten 80 Prozent, das Ergebnis fiel aber klarer aus als von manchen im Vorfeld vermutet. In vielen Umfragen waren Befürworter und Gegner der Verfassung im Vorfeld mehr oder weniger gleichauf gelegen.

APA/AP/Sakchai Lalit
Premier Prayut Chan-Ocha bekam die neue Verfassung vom Volk bestätigt
Der Chef der Militärjunta, Prayuth Chan-Ocha, begrüßte das Ergebnis. Das Votum sei ein Schritt zu einer Demokratie „guten Glaubens“, ohne Bestechung, hieß es in einer über das Büro des Regierungschefs veröffentlichten Botschaft. Zudem beklagte er die Einmischung „ausländischer Elemente“ mit „bösen Absichten“, ohne jemanden direkt zu nennen. Die USA, die EU und die UNO hatten das Verbot eines Wahlkampfs durch die Junta kritisiert
Besondere Befugnisse für fünf Jahre
Der von der Militärregierung vorgelegte Verfassungsentwurf war umstritten. Kritiker warfen der Armee vor, mit der neuen Verfassung ihre Macht im Land zementieren zu wollen. Und tatsächlich räumt der nun angenommene Entwurf dem Militär in Zukunft eine Reihe besonderer Rechte ein. So kann die Militärregierung noch alle 250 Senatoren der zweiten Parlamentskammer für die nächsten fünf Jahre bestimmen. Ohne deren Zustimmung kann kein Gesetz verabschiedet werden - das Militär könnte also theoretisch jede nicht genehme Regierung zum Stillstand verdammen.
Weiters sieht die neue Verfassung die Möglichkeit eines ungewählten Regierungschefs vor. Dazu brauchen die 250 - vom Militär bestimmten Senatoren - nur noch die Zustimmung einer geringen Anzahl der 500 Abgeordneten aus der ersten Parlamentskammer. Darüber hinaus bleiben Notstandsgesetze der vergangenen zwei Jahre gültig, welche die Junta ohne Zustimmung des Parlaments erließ.
Junta sieht sich im Dienst der Demokratie
Die Junta wies die Vorwürfe ihrer Gegner im Vorfeld zurück. Laut der Militärregierung dient die neue Verfassung einzig dazu, den Weg zurück zur Demokratie zu ebnen. „Ich habe nicht die Absicht, an der Macht zu bleiben. Ich habe immer gesagt, dass es 2017 eine Wahl geben wird. Wir wollen Möglichkeiten finden, für mindestens fünf Jahre Stabilität zu haben“, sagte Prayut Chan-ocha laut der deutschen „Zeit“. „Wenn ich ein echter Diktator wäre, hätte ich das Referendum nicht zugelassen oder versprochen, Wahlen abzuhalten.“

Reuters/ Chaiwat Subprasom
Für die Abstimmung ließ die Junta ein eigenes Maskottchen entwerfen
Doch gerade im Vorfeld der Abstimmung zeigte sich die Militärregierung von ihrer repressiven Seite und verbat jegliche öffentliche Diskussion über die Verfassung. So gab es zu einer der wichtigsten Abstimmungen in der Geschichte des Landes de facto keine Kundgebungen und keine politische Debatte - dafür aber ein eigenes Maskottchen. Im Fernsehen liefen einzig von der Junta abgesegnete Informationssendungen. Und auf Bangkoks Straßen verteilten in den Tagen vor dem Referendum Elefanten mit dem Rüssel Flugzettel für die neue Verfassung.
Beide Großparteien gegen Verfassung
Die repressive Medienpolitik war den Gegnern der Regierung ein Beweis mehr, dass es dem Militär im Kern nicht um mehr Demokratie geht. „Das verlängert die Militärmacht“, zitierte die dpa im Vorfeld der Abstimmung den früheren thailändischen Außenminister Kasit Piromya. Seine Kritik ist ein Zeichen dafür, dass der Widerstand gegen die neue Verfassung - zumindest innerhalb der Politik - nicht mehr zwingend entlang der parteipolitischen Bruchlinien des Landes verläuft. Piromya war Mitglied der Regierung unter der Demokratischen Partei Thailands, die nach der Wahl 2011 die Regierung an Yingluck Shinawatra und die Pheu-Thai-Partei abgab.

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Yingluck Shinawatra wurde 2014 von der Armee aus dem Amt geputscht
Yingluck Shinawatra ist die Schwester des früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, der 2006 ebenfalls vom Militär gestürzt wurde. Sowohl vor dem Putsch 2006 als auch vor dem Staatstreich 2014 beteiligten sich Politiker der Demokratischen Partei an Protesten gegen die Shinawatra-Regierung. Und grundsätzlich ließen sich bisher auch die beiden großen Lager innerhalb der Bevölkerung - die Rot- und die Gelbhemden - je einer der beiden Partei zuordnen. Während die Rothemden Anhänger Shinawatras sind, haben die Gelbhemden eine Nähe zur Demokratischen Partei.
Bei dem Referendum kam diese Teilung der Gesellschaft erneut stark zum Tragen. Die Anhänger Shinawatras, vor allem städtische Arme sowie die Bauern im Norden und Nordosten des Landes, stimmten gegen den Entwurf. Viele Rothemden gingen aber trotz des Aufrufs Shinawatras nicht an die Urnen. Bei den Gelbhemden dürfte die Wahlbeteiligung deutlich höher gewesen sein. Vor allem in der Hauptstadt und im Süden des Landes stimmten viele für den Verfassungsentwurf - obwohl sich die Demokratische Partei ebenso wie Shinawatras Pheu-Thai-Partei gegen die Verfassung ausgesprochen hatte.
Machtfestigung in Hinblick auf Thronwechsel
Der Verfassungsentwurf hat laut Experten auch das Ziel, die großen Parteien im Land zu schwächen. Das solle sicherstellen, dass die Macht in den Händen der Streitkräfte, der Gerichte und anderer ungewählter Wächter bliebe, so der Politologe Thitinan Pongsudhirak in der „Zeit“.
Der Politologe geht - wie auch andere Kritiker der Militärregierung - davon aus, dass das Militär auch in Hinblick auf einen sich abzeichnenden Thronwechsel versucht, seinen Einfluss zu festigen. Der im Land beinahe göttlich verehrte König Bhumibol Adulyadej ist schwer krank. Der Tod des 88-Jährigen könnte für weitere Verunsicherung und Unruhen im Land sorgen. Er hat zwar nur repräsentative Aufgaben, gilt aber als wichtige Integrations- und Machtfigur im Land. Doch seine Nachfolge ist ungeregelt. Das macht ihn vom Stabilitätsfaktor zusehends zum Unsicherheitsfaktor.
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