Der Erste schluckt den Zweiten
Mit der Übernahme des Fernbusgeschäfts der Deutschen Post treibt Marktführer Flixbus seine Expansion voran. „Mit dem Erwerb des Postbus-Angebots stärken wir bewusst unser Kerngeschäft in Deutschland“, sagte Geschäftsführer und Unternehmensgründer Andre Schwämmlein am Mittwoch. Die ersten Postbus-Linien sollen ab November in das Flixbus-Netz integriert werden.
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Zum Kaufpreis wollte der Flixbus-Gründer keine Angaben machen. Der Deal werde aber zusätzliche Einnahmen von 15 bis 20 Millionen Euro jährlich bringen. Die Übernahme trat laut dem Flixbus-Gründer am Montag in Kraft. Einen Kaufpreis nannten weder er noch die Deutsche Post. Vonseiten der Post hieß es zur Begründung, die Erwartungen an die Wirtschaftlichkeit des Busgeschäfts hätten sich „nicht ausreichend erfüllt“.
Das Fernbusangebot der Deutschen Post war im November 2013 als Kooperation mit dem deutschen Automobilclub ADAC an den Start gegangen. Der Autoclub stieg aber im November 2014 aus dem Projekt wieder aus, die Post betrieb das Geschäft alleine weiter. Das Unternehmen war bisher die Nummer zwei auf dem deutschen Fernbusmarkt, lag allerdings weit abgeschlagen hinter dem Marktführer Flixbus.
Mehr Busse ans Meer
In einem ersten Schritt komme es nun darauf an, die Fahrpläne beider Anbieter anzupassen und das Streckennetz zu verbessern, sagte Schwämmlein. Bis jetzt parallel fahrende Linien auf Verbindungen wie etwa München - Berlin sollen zugunsten neuer Ziele reduziert werden.
„Wir wollen zum Beispiel die Küste häufiger anfahren und den grenzüberschreitenden Verkehr ausbauen, vor allem aber die Regionen stärken.“ Profitieren würden Kleinstädte, die bisher nicht an das Fernbusnetz angeschlossen sind. Derzeit fährt Flixbus 900 Ziele an, rund 450 davon im deutschsprachigen Raum. Postbus bietet Verbindungen zu 112 Zielen an, etwa 85 davon in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Zielgruppe soll breiter werden
Das Unternehmen will mit der Übernahme auch neue Kundengruppen gewinnen. „Während wir durch unsere Positionierung vor allem ein junges, online-affines Publikum ansprechen, hat die Post durch Offline-Vertriebskanäle auch Senioren oder Familien erreicht“, sagte der Flixbus-Gründer. „Wir möchten jetzt ein Produkt für alle Alters- und Zielgruppen bieten.“
Darüber hinaus wollen Flixbus und Post in der Logistik zusammenarbeiten. Derzeit testet das Bonner Unternehmen ein Express-Kurierservice zwischen Hamburg und Berlin, bei dem DHL-Pakete am selben Tag mit dem Fernbus versendet werden. „Wir prüfen, wie wir dieses Service gemeinsam mit FlixBus ausweiten“, sagte der Geschäftsführer von Deutsche Post Mobility, Joachim Wessels.
Über 80 Prozent des Marktes in einer Hand
Mit der jüngsten Übernahme kommt das europaweit expandierende Unternehmen auf dem deutschen Fernbusmarkt einem Monopol näher. Anfang des Jahres besaß der Busanbieter nach Zahlen des Marktforschungsunternehmens IGES in Deutschland einen Marktanteil von 71 Prozent. Mit der Postbus-Übernahme kommen nun weitere zehn Prozentpunkte hinzu. Die übrigen sechs Mitbewerber halten somit nicht einmal mehr 20 Prozent des Marktes.
Mit dem deutschen Kartellrecht kommt Flixbus derzeit dennoch nicht in Konflikt. Das deutsche Bundeskartellamt sei bereits vorab über die Pläne informiert worden, sagte ein Sprecher der Bonner Behörde. Die Unternehmen hätten dem Kartellamt deutlich gemacht, dass der Zusammenschluss zu klein für eine Prüfung durch die Wettbewerbshüter sei. Die dafür nötigen Umsatzschwellen würden von den Busunternehmen nicht erreicht.
Expansion mit roten Zahlen
Für seinen Aufstieg auf dem Fernbusmarkt benötigte Flixbus nur fünf Jahre. 2011 als GoBus gegründet, schloss sich der Anbieter 2015 mit dem Rivalen MeinFernbus zusammen, zugleich stieg der Finanzinvestor General Atlantic neben den Gründern beider Unternehmen als Minderheitseigentümer ein. Ende Juni übernahm Flixbus den britischen Konkurrenten Megabus. Seit 2015 ist das Unternehmen auch in Frankreich, Italien und den Niederlanden tätig.
Noch länger ist Flixbus in Österreich aktiv. Seit Mitte 2014 arbeitet der Anbieter mit dem burgenländischen Unternehmen Blaguss und dem Busunternehmen der WestBahn zusammen. Seit Jänner bietet eine gemeinsame Tochter von Blaguss und Flixbus darüber hinaus Fahrten nach Tschechien, in die Slowakei, nach Ungarn, Kroatien und Slowenien an. Im kommenden Jahr sollen Rumänien, Bulgarien, Bosnien und Serbien dazukommen.
Die massive europaweite Expansion ging bisher freilich auf Kosten des Gewinns. Zwar kündigte Flixbus bereits in den vergangenen Jahren regelmäßig an, kurz vor dem Durchbruch in die Gewinnzone zu stehen. Bisher kam das Unternehmen aber noch nicht aus den roten Zahlen - wie auch die meisten anderen Anbieter von Fernbusreisen.
Preisanstieg erwartet
Der deutsche Verkehrsminister erwartet auch steigende Fernbuspreise. Langfristig „scheint ja wohl das Ziel solcher Fusionen zu sein, durch Konsolidierung eine Preisanpassung zu erwirken“, sagte Alexander Dobrindt (CSU). Das sei generell nicht falsch, da es einen Fernbusmarkt nur geben könne, wenn Anbieter schwarze Zahlen erwirtschaften. Daher sei es langfristig nötig, „dass wir hier zu realen Preisen kommen, gerade auch im Wettbewerb mit der Bahn“.
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