Posten extra geschaffen
Das scheidende EU-Mitglied Großbritannien stellt künftig den EU-Sicherheitskommissar. Der bisherige britische Botschafter in Frankreich, Julian King, werde das neue Portfolio eines „Kommissars für die Sicherheitsunion“ übernehmen, teilte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Dienstag in Brüssel mit. Zu Kings Aufgaben zählt die Terrorbekämpfung, teilte die Brüsseler Behörde mit.
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Neben der Zusammenarbeit der EU-Staaten in der Bekämpfung von Terrorismus soll sich King auch um das Vorgehen der EU gegen organisierte Kriminalität und Computerkriminalität kümmern. King soll in seiner neuen Funktion mit dem griechischen EU-Kommissar für Migration und innere Sicherheit, Dimitris Avramopoulos, zusammenarbeiten.
Persönlicher Brief an King
Avramopoulos war bisher sowohl für die Bewältigung der Flüchtlingskrise als auch den Kampf gegen den Terrorismus zuständig. Die Migrationsfrage hatte nach Ansicht von Beobachtern wesentlich dazu beigetragen, dass die Briten beim Referendum am 23. Juni für einen Austritt aus der Europäischen Union stimmten.
„Ich möchte, dass die von mir geführte Kommission ein starkes und politisches Team ist. Und ich möchte, dass Du mit Deinen politischen Fähigkeiten und Erfahrungen in vollem Ausmaß Deine Rolle in diesem Team spielst“, schrieb Juncker in einem Brief an King. Juncker hatte nach dem EU-Austrittsvotum Großbritanniens klargemacht, dass London weiterhin volle Rechte als EU-Mitglied habe.
Politisches Gewicht noch unklar
Unklar war zunächst, wie der Schritt der Kommission zu interpretieren ist. Sollte das Portfolio Kings tatsächlich als tragende Säule der EU-Politik in Zeiten des Terrors dienen, wäre die Bestellung ein deutliches Signal an London. Das könnte sogar als Indiz gesehen werden, dass Brüssel darum kämpft, eine minimale Chance zu wahren, die Briten in der EU zu halten.
Die britische Regierung ziert sich ja bisher, die Austrittsentscheidung der EU offiziell mitzuteilen und damit den Abnabelungsprozess in Gang zu bringen. Britische Austrittsgegner klammern sich an den Strohhalm einer Parlamentsentscheidung, die das rechtlich nicht bindende „Brexit“-Referendum überstimmen könnte.
Formal steht den Briten der Platz in der Kommission jedenfalls zu, solange sie als vollwertiges EU-Mitglied gelten. So kann das neu geschaffene Ressort freilich auch als Alibiaktion gesehen werden. Wie viel Gewicht die Rolle Kings in der Brüsseler Politik hat, wird sich erst im Laufe des Herbsts weisen. Der Ernennung muss noch das Europaparlament zustimmen. Wegen der Sommerpause dürfte das nicht vor Ende September passieren.
Vorgänger trat zurück
Nach dem Votum hatte der britische EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill seinen Rücktritt erklärt. Er hatte nach dem Votum gesagt, die Entscheidung seiner Landsleute habe ihn „sehr enttäuscht“. Er könne als EU-Kommissar nun nicht einfach so weitermachen, als sei nichts geschehen. Hills Aufgaben wurden daraufhin von Junckers Stellvertreter Valdis Dombrovskis übernommen. Der EU-Experte King wurde noch vom scheidenden Premierminister David Cameron als Nachfolger nominiert, die Entscheidung über sein Portfolio oblag Kommissionspräsident Juncker.
Auch schneller Rauswurf im Gespräch
Mit Blick auf das „Brexit“-Votum waren im EU-Parlament auch Rufe laut geworden, die Ernennung des Briten überhaupt zu blockieren. So meinte der französische Liberale Jean Arthuis, die EU-Abgeordneten sollen die Personalie blockieren, bis Großbritannien seinen EU-Austrittsantrag gestellt hat.
Die britische Regierung will den Antrag nach Artikel 50 des EU-Vertrags frühestens im nächsten Jahr stellen. Danach beginnt eine zweijährige Frist für die Austrittsverhandlungen zwischen London und Brüssel, bei denen es insbesondere um die Beteiligung Großbritanniens am EU-Binnenmarkt gehen wird. London hätte am liebsten weiter vollen Zugang zum europäischen Markt und gleichzeitig das Recht, EU-Bürgern die Einreise und Niederlassung zu verweigern. Das widerspricht den EU-Grundfreiheiten.
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