Peking weist Urteil schroff zurück
Das internationale Schiedsgericht in Den Haag hat Chinas Hoheitsansprüche auf große Teile des Südchinesischen Meeres zurückgewiesen und Peking damit eine schwere Niederlage beigebracht. Die Ansprüche Chinas seien nicht gerechtfertigt, urteilte das Ständige Schiedsgericht am Dienstag und gab damit der Beschwerde der Philippinen recht. China kündigte an, das Urteil zu ignorieren. Es sei „null und nichtig“, schrieb das Außenministerium in Peking.
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Es ist das erste internationale Urteil in dem sich seit Jahren aufschaukelnden Konflikt. Die von China mit immer mehr Nachdruck geltend gemachten Ansprüche hatten die Spannungen in der Region verschärft und auch die USA als Schutzmacht der Philippinen auf den Plan gerufen. China beansprucht mehr als 80 Prozent des rohstoffreichen Gebietes und beruft sich unter anderem auf historische Rechte. Dafür aber sahen die fünf internationalen Richter „keine gesetzliche Grundlage“.
„Rechte der Philippinen verletzt“
Der Schiedshof urteilte, dass die von beiden Seiten beanspruchten Formationen in dem Meer keine Inseln im rechtlichen Sinne seien. Daher könne China auch keine Ansprüche auf diese Spratly-Inseln geltend machen. Die bisher von China beanspruchten Gebiete gehörten vielmehr teilweise eindeutig zur exklusiven Wirtschaftszone der Philippinen, entschieden die Richter. Durch Behinderung des Fischfangs und der Ölförderung der Philippinen in dem Gebiet habe „China die souveränen Rechte der Philippinen in seinen Hoheitsgewässern verletzt“.

Reuters/U.S. Navy
Die umstrittenen Spratly-Inseln
„Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es keine rechtliche Grundlage dafür gibt, dass China historische Rechte in den Seegebieten beansprucht, die innerhalb der Neun-Striche-Linie fallen“, erklärten die Richter. Die Neun-Striche-Linie ist eine Linie auf einer Karte aus den 40er Jahren, mit der die Regierung in Peking ihre Ansprüche auf das strategisch wichtige Seegebiet begründet.
Scharfe Replik aus Peking
China erkennt die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aber nicht an und wies den Richterspruch zurück. China habe historisch begründete Gebietsrechte im Südchinesischen Meer, und diese Position sei durch das Völkerrecht gedeckt, so das Außenministerium in Peking. Die Führung in Peking beansprucht weite Teile des Seegebiets für sich und hat mehrere Riffe zu künstlichen Inseln ausgebaut.
Wie wütend die Führung in Peking über das Urteil ist, war schon in der Schlagzeile der staatlichen Agentur Xinhua zu lesen: „Die Rechtsverdreher des Tribunals veröffentlichen unbegründetes Urteil“, hieß es da sinngemäß. Peking lasse seine territorialen und maritimen Rechte nicht infrage stellen.
Xi: „Seit der Antike chinesisch“
Der chinesische Außenminister Wang Yi warnte, die Entscheidung des Schiedsgerichtes könne zu erhöhten Spannungen und Konfrontationen führen. Die Verhandlungen seien von Anfang an eine Farce gewesen. Allerdings wolle China den Konflikt weiter friedlich mit Hilfe von Verhandlungen lösen.
Auch Chinas Präsident Xi Jinping meldet sich zur Wort: Man wolle „keine Handlungen akzeptieren“, die auf Grundlage der Entscheidung des Haager Schiedshofes getroffen werden. Das sagte Xi während eines Treffens mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk in Peking. Laut Xi sind die Inseln im Südchinesischen Meer „seit der Antike“ chinesisches Territorium. China sei seit jeher „ein Hüter der internationalen Rechtsstaatlichkeit und von Fairness und Gerechtigkeit“ gewesen und werde immer an dem Weg der friedlichen Entwicklung festhalten.
Gericht kann Umsetzung nicht erzwingen
Die Philippinen begrüßten die Entscheidung als Meilenstein. Die Regierung rief am Dienstag aber gleichzeitig zu „Zurückhaltung und Nüchternheit“ auf und setzt nun auf Verhandlungen mit China. Das erklärte Außenminister Perfecto Yasay am Dienstag in Manila.

APA/AFP/Ted Aljibe
Demonstration auf den Philippinen
Die Philippinen und China sind Vertragsparteien des UNO-Seerechtsübereinkommens (UNCLOS), das diese Schiedsstelle bei strittigen Fragen eindeutig vorsieht. Eine Handhabe zur Durchsetzung hat sie allerdings nicht. Eigentlich müsste China die laut Urteil illegal aufgeschütteten Inseln nun zurückbauen und seine Wachtürme und Anlegestellen abbauen. Dass das nicht passieren wird, machte Peking sofort klar. Und das Gericht hat keinerlei Möglichkeit, die Umsetzung zu erzwingen.
Öl ins Feuer gegossen?
Für die Region ergibt sich eine brisante Lage: Auch Vietnam, selbst mit dem Nachbarn China in einem bitteren Streit um die Paracel-Inseln verstrickt, könnte nur ermutigt werden, auch gegen China ins Feld zu ziehen. Japan, das mit Peking um Inseln im Ostchinesischen Meer feilscht, könnte ebenfalls forscher werden.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BBC/Independent
Neben China, den Philippinen und Vietnam reklamieren auch Malaysia, Taiwan und Brunei Teile des Gebiets für sich. Zwar gibt es in dem Meeresgebiet nur kleine, überwiegend unbewohnte Inseln, doch ist es reich an Fischen, und es werden große Rohstoffvorkommen auf dem Meeresgrund vermutet. Der Hauptwert des Gebiets ist aber strategisch, da die wichtigste Schifffahrtsstraße nach Europa dadurch verläuft.
Gegenseitige Provokationen
Die Rivalen bauen seit Jahren ihre Präsenz in dem Gebiet aus, indem sie regelmäßig See- und Luftpatrouillen in das Gebiet schicken und dort Militärstützpunkte auf Inseln anlegen. Die USA betonen, dass es sich um ein internationales Seegebiet handelt, und entsenden immer wieder Kriegsschiffe, um dort die Einhaltung der internationalen Regeln zu verteidigen. Diese Missionen werden regelmäßig als Provokation von Peking verurteilt, das erst kürzlich ein Marinemanöver in dem Gebiet abhielt.
Die USA begrüßten jedenfalls die Entscheidung in Den Haag. Das Urteil sei ein wichtiger Beitrag zu einer friedlichen Lösung des Konflikts, sagte der Sprecher des Außenministeriums, John Kirby, am Dienstag in Washington. Man hoffe, dass beide Parteien sich nun daran hielten.
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