Bewegende Rede
Bundespräsident Heinz Fischer hat in seiner Abschiedsrede am Freitag im Parlament die Machtbefugnisse des Staatsoberhaupts verteidigt: Wenn von diesen kein Gebrauch gemacht wurde, „dann spricht das nicht gegen die Verfassung, sondern für die Reife und Stabilität unseres politischen Systems“. Zudem forderte er Humanität im Umgang mit Flüchtlingen und Fairness im kommenden Wahlkampf ein.
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Auch auf die im Wahlkampf seiner potenziellen Nachfolger entflammte Diskussion über die Kompetenzen des Staatsoberhaupts ging Fischer ein. „Ich hatte bei der Wahrnehmung meiner Aufgaben immer das gute Gefühl, dass unsere Verfassung eine solide Grundlage für die Tätigkeit des Bundespräsidenten bietet“, meinte er dazu - was auch für den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gelte, der eben erst die Stichwahl für seinen Nachfolger aufgehoben hat.
Appell an Nachfolger
Die vom VfGH stattgegebene Wahlanfechtung verteidigte Fischer abermals. Es sei „schmerzlich“, dass eine Vielzahl von Regelverletzungen festgestellt worden sei, zudem gehöre es zu den Grundregeln des demokratischen Systems, derartige Entscheidungen zu respektieren. Die Aufhebung der Wahl sei ein wesentlicher Beitrag dazu, „jedweden Zweifel an der Korrektheit der Wahl des nächsten Bundespräsidenten auszuschließen“.
Verabschiedung Bundespräsident Heinz Fischer
Mit einer Festsitzung verabschiedeten sich Nationalrat und Bundesrat gemeinsam von Bundespräsident Heinz Fischer. Der Festakt zum Nachsehen.
An seine nun wieder werbenden Nachfolgekandidaten appellierte Fischer, „dass Stil und Inhalt der bevorstehenden Wahlwerbung vernünftigen Ansprüchen in puncto Redlichkeit und Fairness gerecht werden“ sollten.
Humanität bei Flüchtlingsfrage gefordert
Davon unabhängig zeigte er sich besorgt, was aufkeimenden Populismus betrifft. „Veränderung ist oft unbequem, schmerzhaft, anstrengend und kann Unbehagen oder sogar Angst auslösen“, meinte er - „aber auf Veränderung zu verzichten kann noch viel schmerzhafter werden“.
Auch dem Flüchtlingsthema räumte Fischer in seiner Abschiedsrede Raum ein. Argumenten gegen eine unbegrenzte Aufnahme müsse der Satz hinzugefügt werden: „Wir sind aber bereit, im Rahmen unserer Möglichkeiten und nach besten Kräften zu helfen und die Menschenwürde von Flüchtlingen hoch zu halten und ihnen ohne Vorurteilen zu begegnen“. Flüchtlingspolitik sollte, so Fischer, sowohl durch Rationalität als auch durch Humanität geprägt sein. „Nur eines der beiden wäre zu wenig.“
Bekenntnis zur EU
Der scheidende Präsident verabschiedete sich nicht ohne ein Bekenntnis zu Europa. Die in Großbritannien erfolgte „Weichenstellung in Richtung eines Austritts aus der EU“ - Stichwort „Brexit“ - erscheine „sehr bedauerlich und kurzsichtig“. Für Österreich müsse die weitere aktive Mitarbeit an den Zielen und Werten einer europäischen Friedenspolitik und am Projekt der europäischen Zusammenarbeit ein zentraler Punkt unserer Politik bleiben. Fischer: „Die Europäische Union ist verbesserungsbedürftig, aber für Europa unersetzlich.“
Bewertung anderen überlassen
Fischer resümierte in seiner rund halbstündigen Rede bei der Festsitzung von Nationalrat und Bundesrat auch seine zwölfjährige Amtszeit, in der er versucht habe, objektiv und unparteiisch auszuüben. „Heute, zwölf Jahre später, darf ich vom gleichen Rednerpult aus sagen, dass ich mich um die Beachtung dieser Grundsätze und Ziele aufrichtig bemüht habe“, schlussfolgerte der scheidende Präsident. Das letzte Urteil darüber liege aber bei der österreichischen Bevölkerung.
Dank an alle
Zuletzt bedankte sich Fischer noch bei Mitarbeitern, Funktionsträgern aller Parteien und Religionsgemeinschaften, ausländischen Staatsoberhäuptern, allen Österreicherinnen und Österreichern sowie seiner Familie - nicht zuletzt bei seiner Frau Margit. Seinem Nachfolger als Bundespräsidenten wünschte er „den besten Erfolg bei der Erfüllung dieser wichtigen und schönen Aufgabe“.
Nach der Intonierung der Bundeshymne verabschiedete sich das Präsidium des Nationalrats, bestehend aus Doris Bures (SPÖ), Karlheinz Kopf (ÖVP) und dem freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer, von Fischer im Historischen Sitzungssaal. Bis zur Angelobung des neuen Präsidenten übernimmt dieses die Geschäfte Fischers.
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