Ungarn wegen Richter-Amtsenthebung verurteilt

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Ungarn im Zusammenhang mit seiner umstrittenen Justizreform verurteilt. Die 17 Richter der Großen Kammer gaben heute dem ehemaligen Präsidenten des Obersten ungarischen Gerichtshofs, Andras Baka, Recht, der im Zuge der Reform seines Amtes enthoben worden war.

Der 63-jährige Jurist sah in seiner Entlassung eine Sanktion für Kritik, die er öffentlich an der Justizreform geäußert hatte. Die Große Kammer bestätigte damit das Urteil einer kleinen Kammer des Straßburger Gerichts vom Mai 2014, gegen das Ungarn Rechtsmittel eingeleitet hatte. Das Urteil der Großen Kammer ist endgültig.

Justizreform kritisiert

Baka hatte 2011 die ein Jahr zuvor eingeleitete Justizreform kritisiert. Im Jänner 2012 wurde er seines Amtes enthoben - dreieinhalb Jahre vor dem ursprünglich geplanten Datum. Offizieller Grund dafür war eine neu eingeführte Vorschrift, wonach der Richter des Obersten ungarischen Gerichts mindestens fünf Jahre lang ein hohes Richteramt in Ungarn innegehabt haben musste.

Baka erfüllte diese Voraussetzung nicht, weil er von 1991 bis 2008 Ungarn als Richter beim EGMR in Straßburg vertreten hatte. Diese Funktion wurde für die Zulassung zum obersten ungarischen Richteramt nicht anerkannt.

70.000 Euro Schadensersatz für Kläger

Der Gerichtshof für Menschenrechte stellte nun unter anderem einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Meinungsäußerung fest. Er sah als erwiesen an, dass die vorzeitige Amtsentlassung des Richters in Zusammenhang mit dessen öffentlicher Kritik an der Verfassungsreform stand. Die Regierung in Budapest wurde angewiesen, dem Kläger 70.000 Euro Schadensersatz für die verloren gegangenen Bezüge zu zahlen.