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Satire und Liebesdrama zugleich

Jane Austen ist keine Zombie-Literatin, ihre Romane wirken heute noch immer frisch und riechen nicht vergammelt. Gerade deshalb eignet sich ihr Buch „Stolz und Vorurteil“ ganz hervorragend, dem zeitgemäßen Zombie-Trend nun auch im Kino einverleibt zu werden.

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Groß ist die Verzweiflung von Elizabeth, als sie erfährt, dass Darcy daran Schuld ist, dass ihre Schwester Jane und der reiche Charles Bingley nicht mehr zusammen sind. Dabei haben die Schwestern beim Ball jede Menge Zombies gemetzelt und dadurch bei den Burschen Eindruck geschunden. Aus ihr und Darcy wird wohl auch nichts werden, so verbohrt und eingebildet wie der oberste Zombiejäger ist.

Lily James als Elizabeth Bennet in einer Szene des Films "Stolz und Vorurteil und Zombies"

SquareOne/Universum

Lily James als Elizabeth Bennet

Was man hier auf der Leinwand sieht, hat der Romanvorlage noch eins draufgesetzt: Es ist Storytelling als großes Kunsthandwerk. Die Zombies fügen sich völlig organisch (das hat jetzt nichts mit ihrem Verrottungsgrad zu tun) in Jane Austens Liebesroman aus dem Jahr 1813, der in Grundzügen 1797 entstand, ein. Das muss man erst einmal glaubwürdig schaffen. Verantwortlich dafür zeichnet ein eigentlich recht unbekannter TV-Regisseur: Burr Steers.

Porno, Vampire, Roboter, Zombies

Wenn hier von der Romanvorlage die Rede ist, dann nicht von Austens Buch, sondern von der Zombie-Verballhornung Seth Grahame-Smiths, die vor ein paar Jahren bereits für Furore gesorgt hatte. Der junge Drehbuchautor veröffentlichte bereits Bücher wie „How to survive a Horror Movie“ und „Das große Pornobuch: Ein unzensierter Blick hinter die Kulissen der Sexindustrie“. Auf die Zombie-Austen-Idee soll ihn sein Verleger gebracht haben.

Sam Riley als Mr. Darcy in einer Szene des Films "Stolz und Vorurteil und Zombies"

SquareOne/Universum

Sam Riley als Darcy

Die Entstehungsgeschichte erinnert an jedes Kinderspiel, bei dem man Köpfe, Bäuche und Beine von Figuren beliebig austauschen kann, wodurch lustige Mischidentitäten entstehen. Im konkreten Fall sah das dann so aus: Mehrere Werke, die aufgrund ihres Alters rechtefrei waren, wurden mit aktuellen popkulturellen Fantasyphänomenen in Verbindung gebracht, wie etwa Vampiren, Robotern - und eben Zombies.

Aristokraten und Möchtegerne

Austens Roman gewinnt dadurch sogar. Ihr Buch war für die damalige Zeit überaus fortschrittlich, es ging mit der Doppelmoral der Gesellschaft hart ins Gericht, Austen musste aber die Form wahren. Die Zombie-Variante kann mit ihrem satirischen Ansatz viel weiter gehen: Die Welt rundherum geht unter, aber den Aristokraten und Möchtegern-Aristokraten ist das egal - sie möchten, wenn möglich, weiterhin flirten, Teekränzchen abhalten und Bälle veranstalten.

Das kommt im Film besonders mit seinen gestischen und mimischen Möglichkeiten zur Geltung. Die Wahl der Schauspieler erwies sich als Glücksfall. Alle nahmen das Projekt trotz seiner vordergründigen Lächerlichkeit ernst. Das Pathos von Austen wird nicht angekratzt, die Liebesszenen sind ergreifend - und trotzdem - ohne im Widerspruch dazu zu stehen - folgen Gemetzel mit Zombies und entlarvende Szenen, in denen bissig und witzig die damalige Gesellschaft aufs Korn genommen wird.

Überzeugendes Ensemble

Den Vater der Bennet-Frauen spielt - überzeugend und verschmitzt - Charles Dance (Tywin Lannister aus „Game of Thrones“). Lily James ist eine ideale Besetzung für die Rolle der Elizabeth. Sie scheint den nötigen trotzigen Stolz zu verkörpern und auf klassische Rollen gebucht: In der BBC-Serie nach Tolstois „Krieg und Frieden“ spielte sie als Natasha Rostova eine der Hauptrollen. Auch visuell wurde der Film bestechend umgesetzt. „Stolz und Vorurteil und Zombies“ ist ein unerwartetes Kinohighlight für alle, die sich auf das Experiment einlassen wollen.

Simon Hadler, ORF.at

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