Von Heuss bis Wulff
Der deutsche Bundespräsident hat als Staatsoberhaupt vor allem repräsentative Aufgaben. Hier ein Überblick über die bisherigen Amtsinhaber:
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Theodor Heuss (1949 bis 1959) galt als Glücksfall für die junge deutsche Bundesrepublik. Seiner Amtsführung war es zu verdanken, dass das Amt des deutschen Bundespräsidenten hohes Ansehen im Land erlangte. Dem Liberalen gelang es, Vorurteile der Weltöffentlichkeit gegen die Deutschen abzubauen. 1959 wurde sogar erwogen, ihm durch eine Änderung des Grundgesetzes eine dritte Amtszeit zu ermöglichen. Heuss lehnte ab.

BPA
Theodor Heuss, der erste Präsident der deutschen Bundesrepublik
Heinrich Lübke (1959 bis 1969) legte einen Schwerpunkt auf die Entwicklungshilfe - er besuchte 35 Staaten. Für das höchste Amt im Staat hatte sich der CDU-Politiker nur widerstrebend zur Verfügung gestellt. Kritik wurde an seiner Tätigkeit während der NS-Zeit laut, weil er unter anderem an Bauten für das mit Zwangsarbeitern betriebene Raketenwaffenprogramm mitgewirkt hatte.
Gustav Heinemann (1969 bis 1974) war ein eher wortkarger Bundespräsident. Der Sozialdemokrat wurde mit den Stimmen der damals oppositionellen FDP in das höchste Staatsamt gewählt, ein Vorzeichen für die spätere sozial-liberale Koalition. Heinemann wirkte zuweilen grantig, doch galt er als Vorbild für moralische Integrität.
Walter Scheel (1974 bis 1979) kam als zweiter Liberaler an die Spitze des Staates. Das volkstümliche Staatsoberhaupt scheute sich nicht, in der TV-Show „Hoch auf dem gelben Wagen“ zu sitzen und zu singen. Er kam damit auch in die deutsche Hitparade. Als Präsident setzte er sich für die Ostpolitik ein.
Karl Carstens (1979 bis 1984) war ein Verfechter konservativer Werte wie Fleiß und Pflichtbewusstsein, Familie und Nationalstolz. Ungeachtet seines spröden hanseatischen Naturells bemühte sich der CDU-Politiker um engen Kontakt zur Bevölkerung. Während seiner Amtszeit legte er als „Spaziergänger der Nation“ über 1.500 Kilometer in Wanderschuhen zurück.

Reuters/Thomas Peter
Richard von Weizsäcker 2011 beim Gedenken an den Bau der Berliner Mauer
Richard von Weizsäcker (1984 bis 1994) erwarb sich den Ruf als Gewissen der Nation. Unvergessen bleibt seine Rede zum 8. Mai 1985, dem Jahrestag des Kriegsendes, in der sich der CDU-Politiker bedingungslos zur historischen Schuld der Deutschen bekannte. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks mahnte er zur Behutsamkeit beim Zusammenwachsen von DDR und Bundesrepublik.
Roman Herzog (1994 bis 1999), der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, warb bald nach seiner Amtsübernahme für Berlin als Regierungssitz. Seine Lebens- und Bürgernähe brachten dem Christdemokraten Anerkennung. Innenpolitisch bedeutsam war seine Berliner Rede im April 1997, in der er mahnte: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen.“
Johannes Rau (1999 bis 2004), der langjährige SPD-Regierungschef von Nordrhein-Westfalen mit dem Spitznamen „Bruder Johannes“, galt als ausgleichender und versöhnender Charakter. Rasch machte er deutlich, dass er nicht nur Präsident aller Deutschen, sondern auch Ansprechpartner für alle Bürger ausländischer Herkunft in Deutschland sein wolle. Eindringlich warb er für Toleranz und die Integration von Minderheiten.
Horst Köhler (2004 bis 2010), der einstige Chef des Internationalen Währungsfonds, hatte keinen leichten Start im Amt: Dem Finanzexperten hielten Kritiker vor, er sei politisch zu unbedarft. Doch durch Beharrlichkeit und Offenheit für die Sorgen der Bürger erwarb er sich rasch Respekt. Der CDU-Politiker bezog häufig zu politischen Themen Stellung. Er trat überraschend zurück, nachdem er wegen Äußerungen zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr in die Kritik geraten war.

Reuters/Tobias Schwarz
Christian Wulff stellt sich 2014 nach dem Freispruch vor Gericht der Presse
Christian Wulff (2010 bis 2012) war nicht nur der jüngste Bundespräsident, sondern auch der mit der kürzesten Amtszeit. Von der schwarz-gelben Koalition gegen den populären Joachim Gauck durchgesetzt, legte Wulff einen Schwerpunkt auf das Thema Integration. Der CDU-Politiker wurde aber nach rund 20 Monaten im Amt von Verfehlungen in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident eingeholt, angesichts staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen trat er schließlich zurück.
Joachim Gauck (2012 bis 2017) wurde mit Unterstützung fast aller Parteien an die Staatsspitze gewählt. Der parteilose frühere DDR-Bürgerrechtler gilt als Glücksfall im Bundespräsidentenamt. Gaucks Themen waren Freiheit und Verantwortung: Er forderte von Deutschland mehr außenpolitischen Mut und von den Bürgern Engagement. In der Flüchtlingskrise brachte er seine Haltung auf den vielzitierten Nenner: „Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Eine zweite Amtszeit lehnte Gauck aus gesundheitlichen Gründen ab.
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