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Einnahme „harte Nuss“

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gerät im Irak weiter in Bedrängnis. Offenbar steht die IS-Hochburg Falludscha, die nur rund 60 Kilometer von der irakischen Hauptstadt Bagdad entfernt ist, vor der Rückeroberung. Mittlerweile seien irakische Sicherheitskräfte in die Vororte der Stadt eingedrungen.

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Der australische Brigadegeneral Roger Noble rechnet zwar nicht mit einem Sieg innerhalb von Tagen, ist sich aber sicher: „Sie werden Falludscha zu gegebener Zeit einnehmen.“ „Falludscha ist eine harte Nuss“, sagte auch der irakische Finanzminister Hoschijar Sebari in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters, das am Freitag veröffentlicht wurde.

Sprengfallen und Tunnelsystem

Die Rückeroberung werde vermutlich einige Zeit in Anspruch nehmen, zumal der IS die in der umkämpften Stadt verbliebenen Einwohner als Geiseln festhalte und keine Flucht zulasse. Rund 50.000 Einwohner sollen sich noch in der Stadt befinden. Der IS habe zudem zahlreiche Sprengfallen deponiert und ein Tunnelsystem gebaut, durch das sich die Kämpfer unentdeckt bewegen könnten.

Karte von Syrien und Irak zeigt die vom IS kontrollierten Gebiete und Angriffe auf den IS

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/ISW

Für den IS wäre die Befreiung der Stadt ein neuer Rückschlag, der den Druck auf die Terrorgruppe weiter erhöhen wird. Im Irak liegen die letzten Siege der Extremisten lange zurück. Falludscha ist strategisch wichtig, weil die Stadt an zentralen Verbindungsstraßen liegt, etwa nach Syrien.

Umstrittene Militäroffensive

Falludscha wird seit Jänner 2014 vom IS beherrscht und ist nach Mossul die wichtigste Bastion der sunnitischen Dschihadisten im Irak. In den vergangenen Tagen hatten regierungstreue Einheiten die Stadt westlich von Bagdad zunehmend eingekreist. Der IS verlor in den letzten Monaten eine Reihe wichtiger Städte in der Region im Westirak, darunter die Provinzhauptstadt Ramadi.

Die Militäroffensive auf Falludscha ist aber umstritten, weil an der Offensive auch starke schiitische Milizverbände beteiligt sind. In Falludscha und der dazugehörigen Provinz al-Anbar leben jedoch vor allem Sunniten. Die Spannungen zwischen den beiden großen muslimischen Konfessionen sind im Irak seit Langem groß, weil sich die sunnitische Minderheit von der schiitischen Bevölkerungsmehrheit diskriminiert fühlt. Davon profitiert die sunnitische IS-Terrormiliz, die sich den Unmut der Menschen zunutze macht.

Noch keine Eroberungspläne für Mossul

Fällt Falludscha, bleibt dem IS als letzte Hochburg im Irak nur noch die nordirakische Millionenstadt Mossul. Eine Rückeroberung Mossuls dürfte aber noch einige Zeit auf sich warten lassen. Im „Spiegel“ wird Brett McGurk - Chefberater von US-Präsident Barack Obama für den Krieg gegen die IS-Miliz - mit den Worten zitiert: „Wir sind noch nicht an dem Punkt, dass der Vorstoß auf Mossul beginnen kann.“

Zeitgleich verliert die Terrormiliz auch im Nachbarland Syrien an Boden. Eine Allianz unter dem Kommando kurdischer Einheiten rückt auf Rakka vor, die inoffizielle Hauptstadt des IS in Syrien. Noble schätzt, dass die Extremisten mittlerweile bis zu 45 Prozent des von ihnen beherrschten Gebietes wieder verloren haben.

„Wächter des Öls“ drängen den IS zurück

Auch in Libyen kommt der IS offenbar unter Druck. Libysche Kämpfer, die die Einheitsregierung des Landes unterstützen, drängte nach eigenen Angaben die IS-Miliz zurück. Eine Gruppe, die die wichtigen Ölhäfen im Osten kontrolliert, erklärte am Montag, sie habe den IS aus der Stadt Ben Dschawad vertrieben. Es habe heftige Gefechte gegeben, sagte ein Sprecher der Gruppe, die sich „Wächter der Ölanlagen“ nennt. Sie hätten die sich in Richtung Sirte zurückziehenden IS-Kämpfer verfolgt. Die Küstenstadt Sirte ist die IS-Hochburg in Libyen.

Andere Milizen, die ebenfalls an der Seite der von den Vereinten Nationen (UNO) unterstützten Einheitsregierung stehen, sind vergangene Woche von Westen aus gegen Sirte vorgerückt. Der Westen hofft, dass die Einheitsregierung die zersplitterten libyschen Gruppierungen einen kann und dass diese gemeinsam gegen den IS vorgehen. Bis vor Kurzem hatten zwei rivalisierende Regierungen um die Macht im Land gerungen. Das dadurch entstandene Führungsvakuum hatte der IS ausgenutzt und einen 250 Kilometer langen Küstenstreifen westlich und östlich von Sirte erobert.

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