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Jeder gegen jeden

Der Streit um eine mögliche Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff hat Brasilien in eine tiefe politische Krise gestürzt. Die angeschlagene Staatschefin kämpft seit Monaten um ihr Amt und sieht sich als Opfer eines „Putsches“. Ihre Gegner brachten ein Amtsenthebungsverfahren auf den Weg, das bereits mehrere Hürden nahm. Die wichtigsten Ereignisse des Machtkampfs:

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4. März: Rousseffs Vorgänger und Parteifreund Luiz Inacio Lula da Silva wird im Zuge von Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Skandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras vorübergehend festgenommen und verhört. Wie Rousseff wirft er der Opposition vor, einen „Putsch“ anzustreben.

13. März: Drei Millionen Demonstranten beteiligen sich an landesweiten Protesten gegen die angeschlagene Präsidentin, der ebenfalls eine Verwicklung in die Petrobras-Affäre zur Last gelegt wird, und fordern ihren Rücktritt.

16. März: Rousseff ernennt Lula zu ihrem Stabschef mit besonderen Vollmachten. Ihre Gegner werfen der Präsidentin vor, dass sie ihren Vorgänger durch die Berufung ins Kabinett vor einer Strafverfolgung im Zuge der bereits gegen ihn eingeleiteten Korruptionsermittlungen schützen wolle. Durch ein abgehörtes Telefonat, dessen Mitschnitt von Bundesrichter Sergio Moro veröffentlicht wird, sehen sie sich bestätigt.

17. März: Lula tritt sein neues Amt an, doch wenige Stunden später erklärt Richter Moro diese Entscheidung für unwirksam. Rousseff spricht erneut von einem „Putsch“ der Opposition. Im Abgeordnetenhaus werden die Mitglieder des Parlamentsausschusses gewählt, der sich mit der Amtsenthebung Rousseffs befassen soll.

22. März: Rousseff beteuert in einer Rede ihre Unschuld und bekräftigt, dass sie „niemals zurücktreten“ werde.

29. März: Die rechtsliberale Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) lässt das Regierungsbündnis mit Rousseffs Arbeiterpartei (PT) platzen.

12. / 13. April: Zwei kleinere Koalitionsparteien, die PP und die PRB, verlassen ebenfalls die Regierung. Ihre Abgeordneten kündigen an, für eine Amtsenthebung zu stimmen. Einen Tag später kündigen auch die Fraktionen von PSD und PTB Rousseff die Gefolgschaft.

17. April: Mehr als zwei Drittel der Abgeordneten des Unterhauses stimmen für die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Rousseff. 367 Abgeordnete sprechen sich dafür aus, nur 137 votieren dagegen.

3. Mai: Die brasilianische Staatsanwaltschaft will laut Medienberichten wegen Behinderung der Justiz gegen Rousseff, Lula, drei Minister und 27 weitere Politiker ermitteln. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot hatte zuvor bereits die Ausweitung der Korruptionsermittlungen gegen Lula beantragt.

5. Mai: Parlamentspräsident Eduardo Cunha, einer der führenden Fädenzieher im Bemühen um eine Absetzung Rousseffs, wird seines Amtes enthoben. Cunha habe seine Stellung missbraucht, um die Ermittlungen zu seiner Verstrickung in den Petrobras-Skandal zu hintertreiben, urteilte der Oberste Gerichtshof.

9. Mai: Der Übergangspräsident des Abgeordnetenhauses, Waldir Maranhao, erklärt das Votum der Parlamentskammer für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff für nichtig. Er ordnet eine Wiederholung der Beratungen an, da diese durch eine „Vorverurteilung“ der Präsidentin gekennzeichnet gewesen seien.

10. Mai: Wenige Stunden später gibt Maranhao seinen Widerstand gegen das Amtsenthebungsverfahren auf. Er habe seine Entscheidung vom Vorabend zurückgenommen, teilt er mit. Damit ist der Weg frei für eine Abstimmung im Senat. Sollte dieser gegen Rousseff stimmen, müsste sie ihr Amt für bis zu 180 Tage ruhen lassen. Am Ende des Verfahrens muss das Oberhaus dann mit zwei Dritteln erneut für Rousseffs Amtsenthebung stimmen, sonst kehrt sie in ihr Amt zurück.

4. August: Der zuständige Senatsausschuss empfiehlt mit 14 zu fünf Stimmen dem Plenum, Rousseff ihres Amtes zu entheben.

9. August: Der Senat nimmt nach einer fast 17-stündigen Sitzung mit einer breiten Mehrheit mit 59 zu 21 Stimmen das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff an.

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