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Verstärkte Kooperation angekündigt

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat am Donnerstag in Rom mit seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano die zuletzt für reichlich Turbulenzen sorgenden österreichischen Brenner-Pläne besprochen. Erklärtes Ziel sei es gewesen, „die Emotionen wieder auf vernünftigen Boden zu bringen“, wie Sobotka nach dem Treffen sagte. Alfano zufolge hat man „eine Krise und eine Schließung des Brenners verhindert“.

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Sobotka habe ihm versichert, dass auf dem Brenner weder eine Mauer noch eine Grenzsperre geplant sei, wie Alfano, der nach dem Treffen im italienischen Innenministerium alleine vor die Presse trat, sagte. „Aus heutiger Sicht besteht in absehbarer Zeit kein Bedürfnis, das Grenzmanagement umzusetzen“, so Sobotka, dem zufolge es aber sehr wohl „sichtbare Kontrollen“ geben werde, „die zu einem verlangsamten Autoverkehr und auch zu Kontrollen in Zügen führen werden“.

Innenminister Sobotka

Reuters/Tony Gentile

Sobotka trat in der österreichischen Botschaft in Rom vor die Presse

Konkret sei Österreich auf dem Brenner derzeit dabei, Warteräume und Registrierungszentren einzurichten. Zwar seien Stützen für einen Zaun in Planung, dieser soll jedoch nur dann aufgestellt werden, „wenn es die Umstände erfordern“, erklärte Sobotka bei seiner ersten Auslandsreise seit seiner Ernennung zum Innenminister in der österreichischen Botschaft in Rom.

Kurz: „Keiner in Österreich will eine Schließung“

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verteidigte die Vorbereitung möglicher Grenzkontrollen an der Grenze zu Italien. „Keiner in Österreich will eine Schließung des Brenners“, sagte er am Donnerstagabend in Berlin. „Aber wenn jeden Tag Flüchtlinge und Migranten weitergewunken werden, dann haben wir keine andere Wahl, als Grenzkontrollen einzuführen, wie es andere Länder wie Deutschland schon zuvor gemacht haben“, sagte er. Er setze aber auf eine Lösung mit Italien und der EU. „Wenn Italien diese Menschen versorgt und nicht automatisch Richtung Norden schickt, dann wird es gelingen, dass die Zahl derer, die sich auf den Weg machen, nach unten geht.“

„Unterstützen alle Anstrengungen Roms“

Bestätigt wurden von Sobotka Alfanos Angaben, wonach Österreich den Plan von Italiens Premier Matteo Renzi namens „Migration Compact“ mit Stabilisierungsmaßnahmen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge fördern werde. „Wir unterstützen alle Anstrengungen Roms für eine Lösung der Flüchtlingsproblematik durch eine engere Zusammenarbeit mit Libyen und den Maghreb-Ländern“, sagte Sobotka dazu.

Auch Italiens Vorschlag, „Hotspots auf See“ einzurichten, um die Flüchtlinge vor ihrer Landung zu registrieren, werde Österreich unterstützen. Lob fand Sobotka zudem für Italiens Anstrengungen, um bei der Registrierung der Flüchtlinge alle EU-Standards zu erfüllen.

Innenminister Sobotka

APA/AFP/Alberto Pizzoli

Sobotka und Alfano im römischen Innenminsterium

Sobotka zufolge wollen Österreich und Italien nun gemeinsam verstärkt Druck in Brüssel für effizientere Kontrollen an den EU-Außengrenzen ausüben. Zugleich wollen sich die beiden Länder für mehr Effizienz bei der Umverteilung der Flüchtlinge einsetzen, die sich laut Sobotka noch in der „Anfangsphase“ befindet.

Verstärkte Kooperation auf dem Brenner

Österreich sei Sobotka zufolge zudem bestrebt, eine effiziente Polizeikooperation und einen Informationsaustausch auf gegenseitiger Basis zu fördern. „Wir werden täglich mit unseren Verbindungsoffizieren Zahlen über die Migrantenströme vergleichen“, berichtete der Minister. Solange es auf europäischer Ebene allerdings keine gemeinsame Flüchtlingspolitik gebe, sei Österreich jedoch gezwungen, Vorbeugungsmaßnahmen zu ergreifen.

Wogen vorerst geglättet

Mit scharfer Kritik hat Italien auf die österreichischen Grenzsicherungspläne auf dem Brenner reagiert. Nach einem Treffen von Alfano und Sobotka in Rom sind die Wogen vorerst geglättet.

Klar sei laut Sobotka aber, dass österreichische Sicherheitskräfte nicht auf italienischem Boden patrouillieren können. Daher sollen bilaterale Polizeistreifen an der Grenze zum Einsatz kommen. Schon jetzt seien trilaterale Streifen zwischen Deutschland, Österreich und Italien im Einsatz.

„Rausgeschmissenes Geld“

Alfano kündigte indes eine Aufstockung seiner Sicherheitskräfte auf dem Brenner und ebenfalls eine engere Kooperation zwischen den italienischen und österreichischen Einsatzkräften an. Auf die Journalistenfrage, ob auch kolportierte Kontrollen der österreichischen Polizei in Zügen, die auf italienischen Boden unterwegs sind, Thema der Besprechung mit Sobotka waren sagte Alfano: „Ja.“ Bei diesem Punkt habe es aber eine klare Absage gegeben.

Medienberichten zufolge habe Österreich auf eine Reaktivierung eines Abkommens aus dem Jahr 1985 gesetzt, das österreichischen Beamten damals bereits ab der rund 50 Kilometer von der Brenner-Grenze entfernten Südtiroler Ortschaft Franzensfeste Kontrollen in Zügen erlaubte. Die Vorbereitungen für Grenzkontrollen auf dem Brenner kritisierte der italienische Innenminister gleichzeitig als „rausgeschmissenes Geld“. Einmal mehr warnte der Minister vor den negativen Auswirkungen einer Brenner-Schließung für den italienischen und den österreichischen Tourismus sowie für die Wirtschaft insgesamt.

„Brenner-Schließung ist abseits der Realität“

Scharfe Kritik Richtung Österreich kam zuvor erneut von Renzi. Die Errichtung von Mauern und die Grenzschließung seien eine Initiative, die dem „Sinn für Geschichte“ widerspreche und „abseits von der Realität“ sei, wie Renzi am Donnerstag sagte. So wie Renzi äußerte vor dem Treffen mit Sobotka auch Alfano Zweifel, ob die Brenner-Pläne mit EU-Regeln vereinbar seien.

Karte zu Kontrollpunkten auf dem Brenner

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Landespolizeidirektion

Am Mittwoch wurden bei einer Pressekonferenz in Innsbruck die Pläne für das Brenner-„Grenzmanagement“ bekanntgegeben

„EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hat sich klar für uns ausgesprochen. Dasselbe tut (EU-Kommissionspräsident Jean-Claude, Anm.) Juncker. Auf europäischer Ebene wird Italiens Position klar unterstützt“, sagte Alfano dem TV-Sender Canale 5.

EU-Kommission besorgt

Besorgt über Österreichs Grenzschutzmaßnahmen auf dem Brenner zeigte sich unterdessen auch die EU-Kommission. Wie Kommissionssprecherin Mina Andreeva laut ANSA sagte, würden alle Entwicklungen, die eine Rückkehr zu einem normalen Funktionieren von Schengen gefährden, genau und „in diesem Fall mit großer Besorgnis“ beobachtet. Die Brenner-Causa sei demnach Anfang Mai auch Thema eines Treffens von Juncker mit Renzi in Rom.

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