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Ironman und der „American Dream“

Wie weit dürfen Superhelden gehen? Diese Frage beschäftigte nicht nur Batman und Superman, auch im Comicuniversum der Marvel-Figuren wird der Ruf nach Ordnung laut: „The First Avenger: Civil War“ lässt Freiheit gegen Sicherheit antreten und Superhelden um amerikanische Grundwerte kämpfen. Die überschaubare Story unterhält dabei auch Quereinsteiger - ohne zu überfordern.

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Der Einstieg in die Welt der Superhelden-Comics fällt nicht leicht: Oft ziehen sich komplexe Geschichten über mehrere Monate, manchmal sogar Jahre. Wer mittendrin mit dem Lesen beginnt, wird mit einer Vielzahl an Helden und Bösewichten konfrontiert, deren gemeinsame Vergangenheit dicke Bücher füllt. Nur ab und zu sind Hefte mit einem Hinweis markiert, dass jetzt eine neue Storyline anfängt, die auch für Leser ohne Vorkenntnisse geeignet ist.

Szene aus dem Film "The First Avenger: Civil War"

Marvel 2016

Captain America (Evans, vo.) und sein Team müssen diesmal nicht nur gegen das Böse kämpfen

Mit dem mittlerweile 13. Film im Marvel Cinematic Universe ist der Comic-Riese auch auf der Leinwand an einem solchen Punkt angelangt. „The First Avenger: Civil War“ markiert den Beginn der „dritten Phase“ in der Geschichtsschreibung der animierten Comic-Welt und lässt zumindest einen Teil von deren Vergangenheit hinter sich. Immerhin liegt die erste Filmauskoppelung bereits acht Jahre zurück - Zeit für das Disney-Tochterunternehmen, eine weitere Generation an Fans für ihr Produkt zu begeistern.

Spoiler im Trailer nimmt etwas von der Spannung

Gelingen soll das mit einer Mischung aus leicht verständlicher Story und der längst zur Gewohnheit gewordenen Starbesetzung: Captain America (Chris Evans), Iron Man (Robert Downey Jr.) und Black Widow (Scarlett Johansson) sind die Avengers-Fixstarter. Neben Ant-Man (Paul Rudd) und War Machine (Don Cheadle) stößt erstmals auch Black Panther (Chadwick Boseman) zur Heldentruppe hinzu.

Die Gesamtheit der Superhelden in „Civil War“ lässt sich nicht ganz an zwei Händen abzählen - wer oder wer nicht mitspielt, macht dabei einen Teil der Spannung des Films aus. Vorgegriffen hat allerdings Marvel selbst mit einem der Filmtrailer: Dass Peter Parker alias Spider-Man (Tom Holland) vorgestellt wird, galt bis dahin als gut gehütetes Geheimnis. So kam für viele Fans der Moment des Staunens schon vor dem eigentlichen Kinobesuch.

Wien als Wendepunkt für die Avengers

Der Film der Russo-Brüder Anthony und Joe, die schon für den letzten Captain-America-Film verantwortlich zeichneten, greift ein altbekanntes Comic-Thema auf: die Frage nach der Gerichtsbarkeit für Helden. Nach teils enormen Kollateralschäden wird eine Art „UNO-Mandat“ für Superhelden gefordert. Die Avengers dürfen nicht länger als Privatunternehmen geführt werden, stattdessen soll der Einsatz internationaler Kontrolle unterlegen. Kurzum: die Verstaatlichung der Avengers - die Zerschlagung des „American Dream“.

Szene aus dem Film "The First Avenger: Civil War"

Marvel 2016

Neben altbekannten Helden wie Iron Man (Downey Jr) und Black Widow (Johansson) gibt diesmal Black Panther (Boseman) sein Leinwanddebüt

Das in Wien zur Unterzeichnung gelangende Abkommen sorgt für heftige Differenzen unter den Superhelden. Aus den gegenüberstehenden Positionen von Captain America und Ironman formieren sich zwei Lager, die fortan nach unterschiedlichen Maximen handeln: Die Freiheit als höchstes Gut auf der Seite von Captain America, Gerechtigkeit und Gerichtsbarkeit als Ziel von Ironman. Bevor die philosophischen Gegensätze in einem Effektfeuerwerk untergehen, wird somit eine - kleine - Brücke zur Wirklichkeit geschlagen.

Marvel hat die Erfolgsformel gefunden

Der erbitterte Konkurrenzkampf zwischen den Teams gipfelt in ausgedehnten Actionszenen, die einen fixen Bestandteil der Marvel-Filmreihe darstellen. Dem internen Zwist untergeordnet ist der Kampf gegen den gemeinsamen Feind (Daniel Brühl, inklusive obligatorischem Akzent in der Originalfassung). Das Regieduo wahrt trotz der hohen Superheldendichte stets den Überblick, auch die richtige Balance zwischen reinem Effektgewitter und Story-Elementen wurde in „Civil War“ gefunden.

Nach 13 Filmen in Serie scheint der Comic-Gigant mit Disney-Unterstützung („Star Wars“-Referenz inklusive) seine Erfolgsformel perfektioniert zu haben. Der Beginn von „Phase drei“ wirkt wie eine Leistungsschau des Marvel-Universums, ein Ausblick darauf, was den diversen Superhelden in den nächsten Jahren bevorsteht. Hinter markigen Sprüchen und dem effektreichen Aufeinandertreffen verschiedenster Superkräfte verbergen sich allgemeinverständliche Motive: Freundschaft, Familie, persönliche Freiheit.

Es ist die Mischung aus Zugänglichkeit, ohne ins Triviale abzurutschen, Tiefe, ohne zu überfordern, und einer rasanten Gangart, mit der „Civil War“ auch Uneingeweihte trotz Überlänge unterhalten kann. Mit einer großen Portion leichtfüßiger Action wird der Zwist zwischen Ironman und Captain America inszeniert: Auch so kann ein Superheldenduell aussehen.

Florian Bock, ORF.at

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