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Drohung mit Abrechnung

Die ÖVP will keinen Zweifel daran lassen, dass die Rochade zwischen Innenministerium und niederösterreichischer Landesregierung auf Wohlgefallen stößt. Klubchef Reinhold Lopatka lobte den designierten Ressortchef Wolfgang Sobotka als „Profi“, der nahtlos an die Politik von Johanna Mikl-Leitner anschließen werde. Auch Finanzminister Hans Jörg Schelling sieht der Zusammenarbeit freudig entgegen.

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Letzteres mag überraschen, gelten doch der Finanz- und der neue Innenminister nicht unbedingt als politische Freunde. Als im vergangenen Frühjahr das Heta-Moratorium verhängt wurde, das auch Niederösterreich über seine Landeshypo betrifft, drohte Sobotka seinem Parteikollegen Schelling: „Bei Philippi sehen wir uns wieder.“ Im Herbst kritisierte Sobotka Schelling erneut scharf.

ÖVP-Bundesparteivorstand zur Personalrochade

APA/Herbert Pfarrhofer

Sobotka, Mitterlehner, Mikl-Leitner und Pröll bei der Vorstellung der Rochade

Sieg in Schlacht als Rache

Der Satz geht auf Shakespeare bzw. dessen antike Vorlage Plutarch zurück. Laut Plutarch soll Brutus, einem der Anführer des Attentats auf Cäsar, ein Geist erschienen sein, der ihm gesagt habe: „Bei Philippi sehen wir uns wieder!“ Bei der historischen Doppelschlacht 42 vor Christus bei Philippi im heutigen Griechenland wurde Brutus geschlagen. Heute bezeichnet der Ausspruch ein sicher eintretendes Ereignis oder die Gelegenheit, Rache zu nehmen.

Schelling streut Landsmann Rosen

Zumindest nach außen lässt das den Finanzminister heute kalt. Vielmehr betonte er in einer Aussendung: „Schon bei der Gesundheitsreform als auch bei den Vorbereitungen zum neuen Finanzausgleich hat Wolfgang Sobotka Handschlagqualität bewiesen.“ Er sei überzeugt, dass Sobotka auch als Innenminister mit Fachwissen und Umsicht agieren werde.

ORF-Innenpolitik-Redakteur Wolfgang Geier

Warum die Rochade in der ÖVP-Regierungsmannschaft, womit muss man jetzt rechnen, besonders im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik? Wolfgang Geier analysiert.

„Null Probleme“

Das glaubt auch Lopatka. Er lobte Sobotkas Durchsetzungsstärke und politische Erfahrung. Er habe daher „null Probleme“ mit dem in St. Pölten fixierten Wechsel. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner hatte am Sonntag vor allem noch Mikl-Leitner nachgetrauert. Er hätte sie gerne im Team behalten, erhielt aber von der künftigen Landespolitikern offenbar einen Korb.

Zugleich betonte der Vizekanzler, dass er sich für die Nachfolge Mikl-Leitners im Regierungsteam mit Niederösterreich abgestimmt habe. „Selbstverständlich“ habe er als Parteichef auch die Möglichkeit, jemand anderen für diese Funktion vorzuschlagen. Nachdem er Sobotka aber schon lange kenne, habe man diese Ausrichtung vorgenommen. Er versicherte, kein Problem mit dieser Nachfolge zu haben. Die Kontinuität sei dabei eine Grundvoraussetzung gewesen, so Mitterlehner weiters.

Pilz fordert Sobotka-Hearing

Heftige Kritik an der ÖVP-Personalrochade übte dagegen der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz. Er nannte den designierten Innenminister einen „spekulierenden Musikschullehrer“ und verlangte ein Hearing im Innenausschuss. Sollte sich Sobotka nicht den Fragen der Abgeordneten stellen, werde man ihn mit einem Misstrauensantrag im Nationalrat empfangen, kündigte Pilz an.

Die Innenministerin sei mit ihrem Job - „ich sag’s freundlich - gefordert gewesen“, konstatierte Pilz bei einer Pressekonferenz. Zu Sobotka wisse er eines: „Der Mann kann’s mit Sicherheit nicht.“ Der ÖVP-Landespolitiker habe mindestens „eine Milliarde Euro an Wohnbaugeldern verzockt“, Sobotkas Spuren würden in Offshore-Gebiete wie Malta, die Kanalinseln und auf die Cayman Islands führen.

Die Vorwürfe waren erstmals 2008 aufgetaucht und besagten, dass niederösterreichische Wohnbaugelder hochspekulativ veranlagt worden seien. In der Folge griffen die Grünen die Anschuldigungen auf und kritisierten beispielsweise 2013 in einer Dringlichen Anfrage, dass Landeshauptmann Pröll und Finanzlandesrat Sobotka in Zusammenhang mit Veranlagungen der Wohnbaugelder die Finanzverwaltung eines der größten Bundesländer „in ein Casino“ verwandelt hätten.

Lugar: „Bananenrepublik“

Scharf wandte sich auch Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar gegen die Personalrochade. Ein Landeshauptmann entscheide alleine seine Nachfolge und ziehe dafür „eine Innenministerin ab, die zwar nicht rasend erfolgreich war, aber in letzter Zeit immerhin begriffen hat, wie man Österreich dienen könnte“. Dass Pröll nun Sobotka „ohne Hearing, ohne ausreichende Überprüfung seiner Qualifikation“ in die Regierung schicke - „so etwas gibt’s nur in einer Bananenrepublik“, so Lugar.

Nur noch vier Frauen in Regierung

Ein Gruppenbild mit immer weniger Damen, so präsentiert sich die Bundesregierung jedenfalls nach der Rochade in der ÖVP-Regierungsmannschaft. Denn dort ist nur noch eine Frau, nämlich Familienministerin Sophie Karmasin, vertreten. Die SPÖ hat zwei Ministerinnen und eine Staatssekretärin. Vier Frauen in der Regierung und nur 25 Prozent Frauenanteil, das gab es zuletzt 1997.

Mikl-Leitner gibt ÖAAB-Chefposten ab

Noch-Innenministerin Mikl-Leitner legt nach ihrer Rückkehr in die niederösterreichische Landespolitik auch das Amt der ÖAAB-Obfrau zurück. Wie es aus ihrem Büro hieß, wird sich die künftige Pröll-Stellvertreterin darum bemühen, im nächsten Bundesvorstand einen geschäftsführenden Obmann zu küren.

Im Schatten der Rochade zwischen Wien und St. Pölten wurde auch eine Änderung im Parlamentsklub der ÖVP vollzogen. Am Montag bestätigte der Wirtschaftsbund eine Meldung der „Presse“, wonach der Niederösterreicher Werner Groiß die Rolle des Finanzsprechers übernimmt. Der bisherige Finanzsprecher Andreas Zakostelsky, seit April Chef der VBV-Gruppe, wird Sprecher für private Vorsorge.

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