Radikale Methoden
Wenn in Frankreich die Bauern auf die Barrikaden gehen, sind sie meist nicht zimperlich. Aktuell eskaliert erneut eine Art Weinkrieg im Süden des Landes. Es geht um aus Sicht der Winzer unfaire Billigkonkurrenz aus dem Ausland.
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Zuletzt stoppten laut der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ etwa 150 aufgebrachte Winzer aus dem Departement Pyrenees-Orientales mehrere aus Spanien kommende Tanklastwagen, öffneten die Ventile und ließen Zehntausende Liter Weiß- und Rotwein auf die Autobahn fließen. Der Vorfall ereignete sich nahe Le Boulou etwa zehn Kilometer hinter der französischen Grenze.

APA/AFP/Raymond Roig
Laster gekapert, Ventile geöffnet
Der Grund für den „Überfall“: Die französischen Weinbauern beklagen „unfairen Wettbewerb“ durch Billigimporte, der ihre Preise ruiniere. Der Wein, der auf der Straße landete, habe in etwa 90.000 Flaschen entsprochen. Laut „Daily Mail“ wurden vier Lkws mit 70.000 Litern komplett geleert. Die britische Zeitung berichtete von tumultartigen Szenen auf der Autobahn.
Vorwurf der Panscherei
Der spanische Wein habe „in Frankreich keinen Platz“, zitierte „Foreign Policy“ (Onlineausgabe) Denis Pigouche, den Präsidenten eines Winzerverbandes in der Region Pyrenees-Orientales. Noch mehr: Die Weine seien „nicht einmal notwendigerweise europäisch“, sagte er. „Ich vermute, sie kommen aus Südamerika und werden dann in Bracelona ‚hispanisiert‘ und dann ‚europäisiert‘ oder sogar in Frankreich ‚franzisiert‘.“ Laut dem US-Magazin protestierte das spanische Außenministerium Mitte der Woche in einer Stellungnahme gegen die Verletzung des EU-Rechts, das freien Güterverkehr zwischen den Mitgliedsländern garantiert.

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Zigtausende Liter ergossen sich auf die Autobahn nahe Le Boulou
Frankreichs Bauernschaft generell nicht zimperlich
„Foreign Policy“ erinnerte daran, dass es nicht das erste Mal sei, dass französische Weinbauern „die Sache selbst in die Hand nehmen“, bzw. konkret an das radikale Comite regional d’action viticole (CRAV) oder auch Comite d’action viticole (CAV). Die Gruppe bekannte sich zu Brandstiftungen, der Kaperung von Tanklastern, Vernichtung von ausländischem Wein und Angriffen auf Importeure und Einrichtungen des französischen Landwirtschaftsministeriums. Sie wurde sogar für Sprengstoffanschläge auf Gebäude verantwortlich gemacht.
Aber auch andere französische Bauern sind nicht zimperlich. In losen Abständen werden Autobahnen blockiert, brennen Barrikaden aus Reifen, 2014 zündeten wütende Gemüsebauern ein Finanzamt in der Bretagne an, ein Gebäude der bäuerlichen Sozialversicherung wurde zerstört. Das mildeste Mittel sind Mistfuhren vor Supermärkten und Regierungsgebäuden.
Mehr und mehr Importe aus Spanien
Der Tropfen, der das sprichwörtliche Fass zuletzt zum Überlaufen gebracht habe, sei eine Meldung gewesen, wonach Frankreich mittlerweile der größte Importeuer spanischen Wiens ist. Laut „Daily Mail“ machte das Importvolumen 2014 580 Mio. Liter aus - ein Anstieg von 40 Prozent innerhalb eines Jahres.
Einige Tanklaster seien halb geleert worden und hätten weiterfahren dürfen, nachdem ihnen der Schriftzug „vin non conforme“ („nicht konformer (sinngemäß gefälschter) Wein“) aufgepinselt worden sei, hieß es in den Presseberichten zu der Aktion. Außerdem hätten die aufgebrachten Winzer Proben der Ladungen genommen. Sie wollten beweisen, dass sie mit ihren Vorwürfe recht hätten. Diese lauten auf Panscherei: Spanische Produzenten würden ihren Wein mit südamerikanischem mischen, ohne das zu deklarieren.
„Europa ist schön und gut, aber ...“
„Wenn ein französischer Winzer Wein nach spanischen Regeln herstellen würde, würde er ihn einfach gesagt in Frankreich nicht verkaufen können“, zitierte der „Figaro“ Frederic Rouanet, den Präsidenten der Weinbauernvereinigung im Departement Aude - Vignerons de l’Aude - in Südfrankreich. „Europa ist schön und gut, aber mit denselben Regeln für alle.“ Weinbauern aus der Region hatten vor Wochen wegen eines chilenischen Weinherstellers als Sponsor mit einer Blockade der Tour de France gedroht.
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