Terrorhintergrund rasch ausgeschlossen
Nach der Entführung eines ägyptischen Passagierflugzeugs am Dienstag nach Zypern sind die Motive des mutmaßlichen Täters rätselhaft - und offenbar wirr. Er gab nach einigen Stunden auf, nachdem er bereits kurz nach der Landung einen Großteil der Passagiere hatte gehen lassen.
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Laut Medienberichten hatte der Mann, ein 59-jähriger ägyptischer Staatsbürger, einen auf Arabisch verfassten Brief an seine geschiedene Frau, die auf Zypern lebt, dabei. Er soll außerdem Verhandlungen mit EU-Vertretern und die Freilassung inhaftierter Frauen in Ägypten sowie ein betanktes Flugzeug verlangt haben. Bekannt war über ihn bis Dienstagabend nicht viel.
Ex-Frau lebt auf Zypern
Dem staatlichen ägyptischen TV zufolge soll der Mann in Kairo leben und dort einen Lieferdienst für Essen besitzen. Bis 1994 soll der 59-Jährige in Zypern gelebt haben. Er war mit einer Zypriotin verheiratet, mit der er fünf Kinder gehabt haben soll. Eines davon sei bei einem Autounfall gestorben, berichten zypriotische Medien.
Danach sei es zur Scheidung gekommen. Das zypriotische Außenministerium gab den Namen des Mannes mit Seif Eldin M. an, davor war in Medien ein anderer Name kursiert. Der Entführer sei vermutlich „labil“, man wisse nichts über seine Beweggründe.

Reuters/Yiannis Kourtoglou
Flucht eines Piloten durch das Cockpitfenster
Nach dem Start der Maschine der Egypt Air im nordägyptischen Alexandria soll der 59-Jährige plötzlich mit der Zündung eines Sprengstoffgürtels gedroht haben. Anstatt nach Kairo zu fliegen, zwang er die Crew so, Kurs auf Larnaka in Zypern zu nehmen. Nach der Landung und Verhandlungen ließ der mutmaßliche Entführer nach und nach einen Großteil der Geiseln frei.
Entführer trug Bombenattrappe aus Handyhüllen
Die zypriotischen Sicherheitsbehörden sollen schon bald den Verdacht gehegt haben, dass der Mann „labil“ sei, wie es hieß. „Wir wollten aber auf Nummer sicher gehen", sagt Außenminister Ioannis Kassoulides, „und behandelten den Fall, als hätte der Entführer eine echte Bombe bei sich gehabt“.
Zur Bombenattrappe sagte Kassoulides, der Ägypter habe mehrere Handyhüllen miteinander verbunden, sie mitsamt Kabeln in eine Art Gürtel gesteckt und das als Sprengstoffgürtel ausgegeben. Ägyptische Medien veröffentlichten ein Bild.

Grafik: MapResources/ORF.at
Erst mehrere Kilometer nach der Küste sendete das Flugzeug ein Ortungssignal]
„Die Entführung hatte keinen terroristischen Hintergrund“, hatte Zyperns Präsident Nikos Anastasiades noch vor dem Ende der Geiselnahme festgestellt. Nach dem Verlassen der Maschine ließ sich der Ägypter widerstandslos festnehmen. Zuletzt hatten sich noch drei Menschen in dem Airbus befunden, vier Personen waren kurz vor der Festnahme ausgestiegen.
Flughafen vorübergehend geschlossen
Die Piloten des Flugzeugs sollen Kontakt mit den Fluglotsen in Larnaka aufgenommen und eine außerplanmäßige Landung wegen einer Entführung beantragt haben. Die Maschine sei um 8.46 Uhr Ortszeit (7.46 Uhr MESZ) auf dem Flughafen von Larnaka gelandet. Der Flughafen Larnaka wurde nach Angaben des Staatsfernsehens geschlossen. Alle Flüge nach Zypern würden zum Flughafen von Paphos im Westen der Insel umgeleitet, hieß es.

APA/AFP/Ägyptisches Innenministerium
Bild aus der Videoüberwachung in Alexandria
Bilder von Überwachungskameras auf dem Flughafen von Alexandria sollen den mutmaßlichen Entführer beim Sicherheitscheck zeigen. Nachdem Ende Oktober vergangenen Jahres ein russischer Ferienjet vom ägyptischen Badeort Scharm el Scheich kommend durch einen Bombenanschlag zum Absturz gebracht wurde und alle 224 Insassen starben, wurde Kritik an laxen Sicherheitsvorkehrungen in Ägypten laut. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich damals zu der Tat.
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