Millionen für die Film- und TV-Industrie
Im Streit über ein Gesetz, das die Rechte Homosexueller einschränken könnte, hat der US-Bundesstaat Georgia dem Druck Hollywoods nachgegeben. Gouverneur Nathan Deal kündigte sein Veto gegen den „Free Exercise Protection Act“ an, der es Priestern unter anderem erlauben würde, gleichgeschlechtlichen Paaren aus religiösen Gründen die Ehe zu verweigern.
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„Ich glaube nicht, dass wir zu diskriminieren brauchen, um die Gemeinschaft der Gläubigen in Georgia zu schützen“, begründete Deal seinen Schritt. Das Gesetz war kürzlich vom Regionalparlament verabschiedet worden. Es kann jedoch ohne die Unterschrift des Gouverneurs nicht in Kraft treten.
Es sollte es den Mitgliedern von Religionsgemeinschaften in dem Südstaat erlauben, auf Grundlage ihrer religiösen Überzeugungen bestimmten Menschen die Eheschließung zu verweigern. Auch sollte es ihnen überlassen sein, die Betroffenen etwa von der Beschäftigung in ihren Einrichtungen oder der Aufnahme in ihre Schulen auszuschließen.
Film als Wirtschaftsmotor
Kritiker hatten den Gesetzesplan als „homophob“ und als Frontalangriff auf die Rechte sexueller Minderheiten sowie die Homosexuellenehe bezeichnet. Die Eheschließung schwuler und lesbischer Paare war im vergangenen Jahr vom Obersten Gerichtshof in einem historischen Urteil überall im Land erlaubt worden.
Gouverneur Deal bestritt zwar, dass er mit seiner Entscheidung dem Druck der Protestbewegung nachgebe: „Ich bin nicht empfänglich für Beleidigungen oder Drohungen.“ Allerdings ist Georgia innerhalb der USA in den vergangenen Jahren zu einem Hauptstandort der Film- und Fernsehindustrie geworden. 158 Produktionen wurden im Vorjahr in Georgia gedreht, was der Wirtschaft im Bundesstaat nach eigenen Angaben umgerechnet etwa 5,4 Mrd. Euro brachte.
Zentrum der regionalen Filmindustrie ist Atlanta, die Hauptstadt des Bundesstaates. Allein die dort gelegenen Pinewood Studios, in denen die Comic-Verfilmungen „Captain America: Civil War“ und „Ant-Man“ enstanden, erstrecken sich über eine Fläche von mehr als 400.000 Quadratmetern.
Angst vor Hollywood auch in Louisiana
Umso schwerer wogen die Drohungen aus Hollywood. In den vergangenen Tagen hatten Studiogrößen wie Disney, Time Warner, 21st Century Fox, Netflix, Open Road, Sony und Lionsgate angekündigt, nicht mehr in Georgia drehen zu wollen, sollte das umstrittene Gesetz in Kraft treten. Unterstützt wurden die Studios von einer Vielzahl von Filmschaffenden und Schauspielern, unter anderen Anne Hathaway, Julianne Moore, Rob Reiner, Lee Daniels, Gus Van Sant sowie Bob und Harvey Weinstein.
Die Auswirkungen des angedrohten Hollywood-Boykotts sind bis nach Louisiana spürbar. Dort wurde ein ähnliches Gesetz wie in Georgia von Gouverneur John Bel Edwards außer Kraft gesetzt, meldete das Onlinemagazin Deadline. Lousiana verfügt ebenso wie Georgia über eine starke Film- und Fernsehindustrie. Gemeinsam bildet man „Hollywoods Süden“.
Bundesstaat beteiligt sich an Millionengagen
Den Aufstieg zur wichtigsten Außenstelle Hollywoods in den USA schafften Georgia und Louisiana vor allem mit Hilfe von beinahe grotesken Steuerzuckerln. Georgia gewährt Film- und TV-Produktionsfirmen nicht nur einen 30-prozentigen Steuernachlass, sondern erstattet auch ein Drittel der Personalkosten von Schauspielern und Regisseuren zurück.
Die Fortsetzung des Medienklamauks „Anchorman“ sei etwa nur deshalb in Atlanta und nicht in New York gedreht worden, weil der Bundesstaat für 30 Prozent der Gehälter von Regisseur Adam McKay, Hauptdarsteller Will Ferrell und dem restlichen Cast aufgekommen sei, berichtete das Magazin „Indiewire“. Neben dem finanziellen Anreiz bietet Georgia den Filmfirmen auch einige arbeitsrechtliche Erleichterungen. Arbeitgeber sind besser vor den Forderungen der Gewerkschaften geschützt. Die Bestimmungen, laut denen lokales Personal angestellt werden muss, sind ebenfalls weniger streng als in anderen Bundesstaaten.
Louisiana in der Abwärtsspirale
Während die Filmindustrie in Georgia prosperiert, befindet sich Louisiana in den letzten beiden Jahren in einer Abwärtsspirale. Mitte vergangenen Jahres hob der Bundesstaat die Steuererleichterungen für Film- und TV-Produktionsbetriebe auf. Analysten hätten herausgefunden, dass die Unterhaltungsindustrie der lokalen Wirtschaft weniger bringe als erhofft, berichtete das Onlinemagazin The Advocate unlängst. Für jeden vom Bundesstaat ausgegebenen Dollar seien lediglich 23 Cent zurückgeflossen.
Seither stehen die Studios vor allem in den großen Städten Baton Rouge und New Orleans leer, erste Betriebe mussten schon schließen, die Arbeitslosigkeit in der Branche steigt. „Seit Juli geht es abwärts“, sagte George Steiner, Chef von FilmWorks, einer der pleitegegangenen Firmen. Die Gesetzesänderung im Vorjahr habe „die Stimmung verändert“, so der in New Orleans ansässige Produzent Herb Gaines, „statt Selbstvertrauen herrscht Unsicherheit. Deswegen schauen sich die Firmen nun anderswo um. Der Markt ist global. Da gibt es eine Menge Möglichkeiten.“
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