Auch Anti-Terror-Einsatz gegen PKK
Die Polizei hat in Zusammenhang mit dem verheerenden Autobombenanschlag mit Dutzenden Toten in der türkischen Hauptstadt Ankara vier Menschen festgenommen. Sie würden verdächtigt, den bei dem Selbstmordanschlag eingesetzten Wagen in der südosttürkischen Stadt Sanliurfa gekauft zu haben, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Anadolu berichtete weiter, bei Anti-Terror-Operationen gegen die verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK) in Istanbul und weiteren türkischen Städten seien am Montag mindestens 79 Verdächtige festgenommen worden. Darunter seien neun Minderjährige. 15 der Festgenommenen würden beschuldigt, Propaganda für die PKK betrieben und Staatsbedienstete beleidigt zu haben. Bei den Razzien seien auch Waffen beschlagnahmt worden. Die türkischen Behörden vermuten die PKK oder die PKK-Splittergruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) hinter dem Anschlag. Bisher hat sich allerdings niemand zu dem Anschlag bekannt.
37 Tote, 125 Verletzte
Bei dem Anschlag im Zentrum Ankaras am Sonntagabend wurden laut Regierungsangaben 37 Menschen getötet, darunter auch mindestens ein Selbstmordattentäter. Gesundheitsminister Mehmet Müezzinoglu sagte, 125 Menschen seien bei der Detonation verletzt worden, mehrere davon schwer. Laut Informationsstand von Montagmittag befanden sich keine Österreicher unter den Todesopfern, wie Außenamtssprecher Thomas Schnöll auf APA-Anfrage berichtete.
Belebte Bushaltestelle als Ziel
Der Anschlag sei von mindestens einem oder vermutlich sogar zwei Selbstmordattentätern verübt worden, hieß es von den türkischen Behörden weiter. Er oder sie hätten sich in einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug in der Nähe einer belebten Bushaltestelle in die Luft gesprengt.

APA/AP/Burhan Ozbilici
Forensiker am Tag danach am Anschlagsort
Die Explosion ereignete sich auf dem zentralen Kizilay-Platz, der ein Knotenpunkt des Nahverkehrs ist. Innenminister Efkan Ala sagte, der Anschlag habe auf Zivilisten abgezielt. Die US-Botschaft hatte erst am Freitag vor einem drohenden Anschlag in einem Viertel in der Nähe des Anschlagsorts gewarnt und dazu aufgerufen, die Gegend zu meiden.
Zeitung: Attentäterin in weißem BMW
„Wir glauben, dass eine Angreiferin eine Frau mit PKK-Verbindungen war“, sagte ein türkischer Behördenvertreter am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Die regierungsnahe Zeitung „Sabah“ berichtete am Montag, vermutet werde, dass sich eine Selbstmordattentäterin der PKK in die Luft gesprengt habe.

APA/AFP/Adem Altan
Der Tatort wurde großräumig abgeriegelt
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte, es gebe „konkrete Informationen über die Terrororganisation, die diesen feigen Angriff ausgeführt hat“. Nach Abschluss der Ermittlungen werde ein Ergebnis mitgeteilt. „Sabah“ schrieb, die Attentäterin habe sich zwischen zwei voll besetzten Linienbussen in einem weißen BMW in die Luft gesprengt, der mit TNT beladen gewesen sei.
Erst vor knapp einem Monat hatte in Ankara ein Selbstmordattentäter ebenfalls eine Autobombe gezündet und 29 Menschen mit in den Tod gerissen. Zu dieser Tat bekannte sich die aus der PKK hervorgegangene TAK. Die TAK hatte damals zugleich weitere Anschläge angekündigt.
Luftangriffe auf PKK
Turkische Kampfjets griffen Lager der PKK im Norden des Irak an, wie die türkische Armee bekanntgab. In der Nacht auf Montag seien 18 Stellungen der PKK in den Regionen Gara und Kandil bombardiert worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf die Streitkräfte. Elf Kampfjets seien an dem Einsatz beteiligt gewesen.
Im nordirakischen Kandil hat die PKK ihr Hauptquartier. Die PKK-nahe Agentur Firat berichtete, bei den zwei Stunden andauernden Luftangriffen sei niemand getötet worden. Nach zwei Jahren relativer Ruhe war der Kurdenkonflikt in der Türkei im vergangenen Sommer wieder eskaliert. Die türkische Armee geht seit Dezember im Südosten des Landes mit aller Härte gegen mutmaßliche PKK-Rebellen vor.
Nachrichtensperre verhängt
Die türkische Regierung verhängte am Sonntagabend eine Nachrichtensperre über den Anschlag, die aber nicht offizielle Verlautbarungen betrifft. Türkische Medien berichteten, ein Gericht in Ankara habe eine Sperre für Soziale Netzwerke verfügt, nachdem dort Fotos zu dem Anschlag geteilt worden seien. Internetnutzer berichteten von Problemen, Twitter und Facebook aufzurufen.

AP
Der Anschlag ereignete sich auf einem zentralen Platz
NATO sichert Ankara Hilfe zu
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan teilte mit, die Terroranschläge der jüngsten Zeit zielten auf die „Integrität unseres Landes“ ab. Er kündigte an, den Kampf gegen den Terrorismus fortzuführen und ihn „in die Knie zu zwingen“. Die EU, die USA und die NATO sicherten der Türkei ihre Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Anschlag scharf wie auch Russlands Präsident Wladimir Putin - ein Gegner Erdogans.
Die Gewalt in der Türkei eskaliert im kurdischen Südosten des Landes, sie erfasst aber zunehmend auch die Metropolen. Am 12. Jänner hatte sich in Istanbul ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt, zwölf deutsche Touristen kamen dabei ums Leben. Diese Tat wurde der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zugeschrieben. Das gilt ebenso für einen Selbstmordanschlag im Oktober vergangenen Jahres in Ankara, der auf eine prokurdischen Demonstration abzielte. Bei dem schwersten Anschlag in der Geschichte der türkischen Republik waren mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen.
Links: