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Umbau schleppender als erwartet

Der 13. Fünfjahresplan, der beim diesjährigen Volkskongress in Peking beschlossen wird, ist für China ganz besonders wichtig. Er soll weitere Weichen in Richtung Umbau der stotternden Wirtschaft stellen. Die Frage ist, welche Reformen die Führung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt tatsächlich umsetzt.

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Erste Ziele hat die kommunistische Führung bereits umrissen: Bis 2020 soll China eine „gemäßigt wohlhabende Gesellschaft“ werden, das Mindestlohnsystem soll verbessert, Pensions- und Krankenkassen ausgebaut werden. Auch mehr Umweltschutz und eine Verbesserung der Luftqualität, die im Vorfeld des Kongresses erneut absank, hat die Führung versprochen. Doch der Weg dorthin dürfte schwieriger werden als bisher erwartet.

Warnung vor schwierigen Zeiten

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang stellte seine Landsleute im Vorfeld des seit Samstag laufenden Volkskongresses, der insgesamt zwölf Tage dauern wird, bereits auf wirtschaftlich schwierigere Zeiten ein. Wegen der notwendigen Strukturreformen sei 2016 mit größeren Herausforderungen zu rechnen, wurde Li am Freitag im staatlichen Rundfunk zitiert. Seine Regierung wolle das Wirtschaftswachstum aber in einem „vernünftigen Bereich“ halten. Zudem richtete der Premier eine Warnung an die Delegierten: „Der Abwärtsdruck auf die Wirtschaft steigt.“

Hunderte Delegierte verlassen die Große Halle des Volkskongress in Peking

AP/Andy Wong

Rund 3.000 Teilnehmer beraten beim Volkskongress über die Zukunft Chinas

2015 war die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt mit 6,9 Prozent so langsam gewachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. In diesem Jahr sollen es zwischen 6,5 und sieben Prozent sein. Um das Versprechen der Kommunistischen Partei zu erfüllen, Wirtschaftsleistung und Einkommen bis 2020 gegenüber 2010 zu verdoppeln sind durchschnittlich 6,5 Prozent nötig. Der Militäretat soll 2016 ebenfalls nur maximal acht Prozent wachsen, 2015 waren es noch zehn Prozent.

Millionen Arbeiter sollen Job verlieren

Vor wenigen Tagen kündigte Chinas Führung unter Präsident Xi Jinping an, dass in der mit Überkapazitäten kämpfenden Kohle- und Stahlindustrie 1,8 Millionen Arbeitsplätze wegfallen sollen. Insidern zufolge stehen in der gesamten Industrie sogar fünf bis sechs Millionen Jobs auf der Kippe. Diese werden in den nächsten zwei bis drei Jahren bei Firmen wegfallen, die seit Langem Verluste schreiben und oft über den Bedarf hinaus produzieren, auch Zombiefirmen genannt. Auch die Zahl der Bauern soll abnehmen, China soll zu einer Dienstleistungs- und Konsumgesellschaft werden, so der Plan.

Doch die Umstellung ist nicht mehr so einfach wie etwa noch vor 20 Jahren und dauere entsprechend länger, schreibt das „Wall Street Journal“ („WSJ“). In einer spezialisierteren Wirtschaft sei es schwieriger, für die Arbeiter neue Jobs zu finden. Die Wachstumsmöglichkeiten für die Wirtschaft seien eingeschränkter als noch zu Zeiten der intensiven Industrialisierung Chinas, und damit würden Kompensationsmöglichkeiten fehlen. Eine besondere Herausforderung dürften dabei auch die Millionen Wanderarbeiter sein.

Lokale Behörden blockieren Reformen

Ein weiteres Problem sei die tatsächliche Umsetzung der Reformen, die seit Jahren immer von den lokalen Behörden unterlaufen würden, so das „WSJ“ weiter. Die lokalen Politiker würden vor allem darauf abzielen, mehr Jobs und damit mehr Steuereinnahmen zu schaffen. Zu Beginn der weltweiten Finanzkrise versuchte Peking die Stahlindustrie durch die Schließung kleinerer Betriebe effizienter zu machen - im Gegenzug vergrößerten die lokalen Behörden die einzelnen Firmen, was dazu führte, dass noch mehr Stahl produziert wurde.

Mit den geplanten millionenfachen Kündigungen steigt zudem die Gefahr für Arbeitsaufstände, die sich laut der Bürgerrechtsbewegung China Labour Bulletin 2015 im Vergleich zu 2014 bereits verdoppelt haben. Das „WSJ“ sieht China aber im Vergleich zu den 1990er Jahren für Massenentlassungen durch ein ausgebautes Soziales Netz und mehr Absicherungen für die Menschen besser gerüstet.

Druck von Ratingagenturen steigt

Beobachter attestieren China einen Reformstau, Kritiker bemängeln, dass die Führung die Wirtschaft ohnedies nicht mehr verstehe und Lobbygruppen ganz andere Ziele verfolgen. Wegen ausbleibender Reformen und steigenden Schulden bekommt China zunehmend Druck von den Ratingagenturen - Moody’s drohte am Mittwoch mit einer Senkung der Kreditwürdigkeit des Landes, während Konkurrent Fitch die lockere Geldpolitik der Zentralbank kritisierte.

„Ohne glaubhafte und effiziente Reformen wird sich das Wachstum in China kräftig abkühlen, weil die hohe Verschuldung bei Unternehmen Investitionen lähmt und der demografische Wandel sich zunehmend bemerkbar macht“, schrieben die Experten von Moody’s, die in der Folge eine höhere Staatsverschuldung erwarten. Fitch wiederum sieht die erneute Lockerung der Geldpolitik durch die Zentralbank kritisch: „Mehr Schulden verzögern nur den erwarteten Anstieg notleidender Kredite, lösen das Problem aber nicht.“

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