Front der Ablehnung bröckelt
Es war ein bezeichnendes Bild: Bei der letzten TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftskandidaten ist der US-Milliardär Donald Trump erstmals von seinen Konkurrenten mit harten Bandagen angegriffen worden. Ob das letzte Aufbäumen gegen Trump noch Erfolg haben kann oder dessen Sieg schon besiegelt ist, da gehen die Meinungen auseinander.
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Bisher hatten sich Trumps Gegner gegenseitig zerfleischt und Trump trotz dessen teils untergriffigen Attacken mit Samthandschuhen angegriffen - vor allen für US-Wahlkampfverhältnisse. Das republikanische Parteiestablishment, das den unberechenbaren und politisch völlig unerfahrenen Trump als Kandidaten ablehnt, hatte zuerst auf dessen Selbstdemontage gehofft. Als die nicht eintrat und der Geschäftsmann auf der Erfolgswelle ritt, verfiel man in eine Art Schockstarre.
Robert Kagan vom Thinktank Brooking Institution sah in einem Kommentar in der „Washington Post“ allerdings die Schuld für die Entwicklung bei der Partei selbst. Die Republikaner hätten mit ihrer verantwortungslosen Politik der vergangenen Jahre das „Monster Frankenstein“ selbst geschaffen. Und nun sei Trump stark genug, die Partei zu „zerstören“.
Mythos des „Selfmademan“ spät infrage gestellt
Bei der TV-Debatte im texanischen Houston erhöhten Marco Rubio, Senator aus Florida, und der texanische Senator Ted Cruz erstmals den Druck. Rubio warf dem Immobilientycoon vor, in den 1980er Jahren auf seinen Baustellen illegale Einwanderer beschäftigt zu haben. Mit Hinblick auf die von Trump geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko fügte er später hinzu: „Wenn er die Mauer auf die Weise baut, wie er die Trump Tower gebaut hat, dann wird er dabei illegale Einwanderer einsetzen.“ Er habe wenigstens Leute eingestellt, verwies Trump auf sein Unternehmertum.

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Rubio und Cruz nahmen Trump in die Zange
Doch der Senator schoss zurück und sprach die Herkunft des Milliardärs aus reichen Verhältnissen an: „Wenn er nicht 200 Millionen geerbt hätte, wisst ihr, wo Donald Trump jetzt wäre? Uhren verkaufen in Manhattan.“ Demokratische Kampagnen hatten sich den Mythos des erfolgreichen Geschäftsmanns schon viel früher vorgeknöpft. Schon im Dezember hieß es von Occupy Democrats, dass Trump doppelt so reich wäre, hätte er das geerbte Geld seines Vaters einfach in einem normalen Fonds angelegt und sein Leben der Beschäftigung mit Fingerfarben gewidmet.
Zahlreiche Vorwürfe
Bei der Debatte warf Rubio Trump auch vor, einige Elemente der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama wie die Versicherungspflicht aller Bürger zu unterstützen und keinen Plan für einen Ersatz zu haben. Cruz vermutete, dass Trump finanzielle Unregelmäßigkeiten verbergen könnte, da er bisher keine Steuererklärung veröffentlicht habe.
In der Außenpolitik kritisierte Cruz, dass Trump nicht an der Seite von Israel stehe und bei Verhandlungen über ein Friedensabkommen mit den Palästinensern eine neutrale Haltung einnehmen wolle. Rubio stellte gleich die gesamte außenpolitische Kompetenz infrage: Die Lösung des Nahost-Konflikts sei „kein Immobiliendeal“. Emotional wurde es, als Rubio seinem Gegner vorwarf, er habe mit seiner „Trump University“ die Studenten betrogen.
Rubio als letzter Hoffnungsschimmer
Während Cruz ob seiner ultrakonservativen Haltung in der Partei ähnlich unbeliebt ist wie Trump, gilt Rubio als letzter Hoffnungsschimmer des Parteiestablishments. Er muss hoffen, dass sich die maßgeblichen Stimmen aber auch Geldgeber nun hinter ihm versammeln. Anzeichen dafür gibt es. Viele der Sponsoren des ausgeschiedenen Jeb Bush sind in sein Lager gewechselt. Indes wächst der Druck auf den Gouverneur von Ohio, John Kasich, sich aus dem Rennen zu nehmen und ebenfalls hinter Rubio zu stellen.
US-Medien fragen sich allerdings, ob es nicht bereits zu spät ist. Der „Super Tuesday“, bei dem in elf Staaten abgestimmt wird, sollte eine entscheidende Weichenstellung bringen. Optimisten sehen noch ein Zeitfenster bis Mitte März, um Trump zu stoppen. Für andere ist die Entscheidung längst gefallen. Trump werde wohl nominiert werden, lautete das Ergebnis einer Umfrage des Portal Politico unter republikanischen Insidern. „Der Schwung ist unglaublich“, wurde die Erfolgswelle Trumps beschrieben.
Plötzliche Unterstützer
Und so bröckelt auch der Widerstand in der Partei. Still und heimlich würden sich die ehemaligen Gegner hinter Trump stellen. Mit Chris Collins und Duncan Hunter hatten vergangene Woche die ersten beiden republikanischen Kongressabgeordneten ihre Unterstützung für Trump erklärt.
Ende der Vorwoche erklärte völlig überraschend der eigentlich als moderat geltende Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, er werde nun Trump unterstützen. Christie hatte vor rund zwei Wochen seine eigenen Ambitionen auf die Nominierung begraben. „Er schreibt das Textbuch der amerikanischen Politik um“, sagte Christie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ehemaligen Konkurrenten.
Frauen und Latinos doch keine Schwachstellen?
Ein entscheidender Faktor war dabei Trumps Sieg bei der Vorwahl in Nevada am Dienstag, bei der es geschafft hatte, quer durch alle Wählergruppen zu punkten - auch bei Latinos und Frauen. Die beiden Zielgruppen galten bisher als Schwachstellen Trumps. Wie er es in Nevada geschafft hat, diese zu überzeugen, gibt US-Medien allerdings Rätsel auf.
Trump ist nicht erst seit dem Vorwahlkampf durch frauenfeindliche Aussagen aufgefallen, es gibt eine lange Liste an Beschimpfungen von Frauen, ähnlich verhält es sich mit sexistischen Aussagen. Vor Kurzem hatte Trump als Gegenstrategie begonnen, seine derzeitige und dritte Ehefrau, das ehemalige Model Melania Trump, in den Wahlkampf einzubinden.

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Melania Trump seit Kurzem stärker im Rampenlicht
Über die potenzielle First Lady ist eigentlich nicht allzu viel bekannt. Die ersten Auftritte verliefen nun aber eher holprig. Gegenüber dem Fernsehsender MSNBC sagte sie, sie bemühe sich um ein möglichst „normales Leben“, auch für ihren Sohn Barron. Nur: Das sagte sie auf einem goldenen Sessel in einem funkelnden Raum ihres Penthouse sitzend.
Demokraten bei Latinos klar voran
Auch der Erfolg bei den Latinos in Nevada kommt überraschend. Laut einer Umfrage der „Washington Post“ unter Hispanics ist Trump dort der bei Weitem unbeliebteste aller Präsidentschaftskandidaten - kein Wunder bei rassistischen Ausritten vor allem gegen Mexikaner. Allerdings: Laut der Umfrage wollen 51 Prozent der Latinos demokratisch wählen, nur 13 den republikanischen Kandidaten. Der Rest ist noch unentschieden. Bei den deklarierten Republikanern liegt Rubio aufgrund seiner Abstammung wenig überraschend klar in Front, Trump ist immerhin auf Platz zwei.
Bittere Lektion von 2012
Sollte Trump tatsächlich als republikanischer Kandidat ins Rennen ums Weiße Haus ziehen, könnten die überraschenden Erfolge von jetzt aber schnell wieder Schnee von gestern sein. Sein demokratischer Widerpart hätte bei beiden Gruppen die viel besseren Karten in der Hand. Und diese bittere Lektion mussten die Republikaner eigentlich auch schon bei der Niederlage von Mitt Romney gegen Barack Obama 2012 lernen. „Zu alt, zu weiß, zu männlich“, lautete die einhellige Diagnose, warum Romney verloren hatte. Damals nahm man sich eigentlich vor, denselben Fehler, Latinos und Frauen links liegen zu lassen, nicht noch einmal zu begehen.
Christian Körber, ORF.at
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