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Mordserie mit bis zu 49 Opfern

Das Buch eines verurteilten Serienmörders sorgt derzeit in Kanada für Aufregung. In „Pickton: In His Own Words“ („Mit seinen eigenen Worten“) soll der wegen sechfachen Mordes verurteilte ehemalige Schweinezüchter Robert Pickton Medienberichten zufolge seine Beteiligung an den ihm zur Last gelegten Straftaten bestreiten.

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Picktons Buch war am Sonntag im Kleinverlag Outskirts Press erschienen. Nur einen Tag später baten die Verlagsleiter den Onlinehändler Amazon, das 144-seitige Werk wieder aus dem Sortiment zu nehmen. Zudem entschuldigten sich die Publizisten bei den Angehörigen von Picktons Opfern.

Die Behörden der Provinz British Columbia hatten zuvor Amazon aufgerufen, den Verkauf der Memoiren zu stoppen. Auch Amazon-User hatten das auf der Website des Unternehmens gefordert und dem Buch das niedrigstmögliche Rating gegeben. Das Unternehmen äußerste sich zunächst nicht zu dem Aufscheinen des Buchs auf seiner Website.

„Nicht Profit aus Leid schlagen“

In der kanadischen Politik hatte die Veröffentlichung des Buches für Empörung gesorgt. „Es ist nicht in Ordnung, dass jemand, der so viel Leid verursacht hat, aus diesem Verhalten auch noch Profit schlägt“, erklärte Mike Morris, der Minister für öffentliche Sicherheit der Provinz. „Die Leute wollen, dass ihre Regierung alles unternimmt, ihn (Pickton, Anm.) daran zu hindern, Profit aus der Veröffentlichung zu schlagen“, sagte die Premierministerin der Provinz British Columbia, Christy Clark.

Auch Angehörige der Opfer zeigten sich schockiert. „Die Veröffentlichung ist ein Schlag ins Gesicht“, sagte Ernie Crey, dessen Schwester von Pickton ermordet worden war. „Es ist sehr schmerzhaft zu diesem Zeitpunkt. Vieles ist noch nicht aufgearbeitet“, erklärte Rick Frey, dessen Tochter Marny ebenfalls Pickton zum Opfer fiel.

Rätselhafte Mordserie

Robert „Willie“ Pickton wird für eine der aufsehenerregendsten Mordserien Nordamerikas verantwortlich gemacht. Der ehemalige Schweinefarmer, der mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb Millionen verdiente, wurde 2007 wegen des Mordes an sechs Frauen zu 25 Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Verfahren in 20 weiteren Fällen sind derzeit ausgesetzt.

Die Liste der Opfer könnte aber noch wesentlich länger sein: Pickton prahlte laut kanadischen Medien gegenüber einem verdeckten Ermittler damit, zwischen 1991 und seiner Verhaftung 2002 insgesamt 49 Frauen auf seinem Anwesen in der Kleinstadt Port Coquitlam nahe Vancouver umgebracht zu haben.

Die Leichen soll Pickton mit einem Häcksler zerkleinert und an seine Schweine verfüttert haben. Überführt wurde Pickton anhand von DNA-Spuren, die auf seiner Farm gefunden wurden. Alle Opfer des mittlerweile 66-Jährigen waren Prostituierte aus einem der ärmsten Stadtviertel der westkanadischen Metropole.

Buch „voll von Rechtschreibfehlern“

In dem nun erschienenen Buch behauptet Pickton offenbar, mit den Morden nichts zu tun zu haben. Die Behörden hätten ihn zum „Sündenbock“ gemacht, zitierte der kanadische TV-Sender CTV aus dem Buch. Pickton werfe der Polizei vor, jemanden gesucht zu haben, „der den Kopf hinhält“. Die Beamten hätten so versucht, ihre schlampige Ermittlungsarbeit zu vertuschen. Der Text sei „voll von Rechtschreibfehlern und Bibelzitaten“, berichtete CTV. Zudem zitiere Pickton aus seinen eigenen Einvernahmeprotokollen.

Das Manuskript dürfte Pickton in seiner Zelle im Gefängnis in der Ortschaft Agassiz verfasst haben, meldete die „Toronto Sun“. Offenbar gelang es ihm, die Sicherheitsmaßnahmen der Haftanstalt zu umgehen und den Text über einen befreundeten Häftling an einen in Kalifornien lebenden Mann namens Michael Chilldres weiterzuleiten.

In einem Interview mit CTV entschuldigte sich auch Chilldress bei den Opfern Picktons. Er sei nur ein Botschafter, der einem alten Freund - gemeint ist der Zellengenosse Picktons, der das Manuskript aus dem Gefängnis schmuggelte - einen Gefallen getan habe. Ob Picktons Darstellung glaubwürdig sei, wollte Chilldress nicht bewerten. Er habe die Eckdaten der Geschichte nur mit einer Wikipedia-Recherche überprüft.

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