Sitzenbleiben nur in Ausnahmefällen
Nur noch verbale Leistungsbeurteilungen an Volksschulen bis zur dritten Klasse sieht ein Entwurf des SPÖ-Bildungsministeriums vor. Sitzenbleiben in diesem Altersbereich soll damit nur noch in Ausnahmefällen möglich sein, berichtete Ö1 am Mittwoch über das Papier zum Schulrechtspaket, das auch Teile der geplanten Bildungsreform regeln soll.
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Schüler sollen laut dem Entwurf in der ersten bis dritten Klasse Volksschule de facto nicht mehr sitzen bleiben. „Moderne Pädagogik darf ein Wiederholen von Schulstufen in diesem Altersbereich nicht zulassen“, heißt es in den Erläuterungen zum Entwurf. Ein freiwilliges Wiederholen einer Schulstufe soll „in Ausnahmefällen“ möglich sein. Diese Möglichkeit sei aber „äußerst restriktiv“ handzuhaben - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Basis dafür ist die Abschaffung der Ziffernnoten bis zur dritten Schulstufe, wie sie bereits in einigen Schulversuchen erprobt wird. „In Bewertungsgesprächen sollen die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten über den Lern- und Entwicklungsstand, über Lernfortschritte und Leistungsstärken sowie Begabungen informiert werden. Darüber hinaus soll jeweils am Ende des Wintersemesters und am Ende des Unterrichtsjahres eine schriftliche Semester- bzw. Jahresinformation ergehen, die das Zeugnis mit Ziffernbeurteilungen ersetzen“, heißt es laut Ö1 im Entwurf.
Volksschule: Abschied von Noten
In den ersten drei Volksschulklassen soll es praktisch kein Sitzenbleiben mehr geben. So sieht es zumindest der jetzige Entwurf aus dem Bildungsministerium vor.
Noten nur auf Verlangen
Künftig soll es bis zur vierten Klasse keine Ziffernnoten geben - außer die Eltern verlangen das ausdrücklich. Dann sollen die Lehrer diese ergänzend zur verbalen Beurteilung vergeben. Selbst wenn es dann einen Fünfer gibt, würde das laut Papier nicht bedeuten, dass das Kind durchfällt. Die Möglichkeit, eine Klasse zu wiederholen, ist laut Entwurf „im Hinblick auf das Ziel der österreichischen Schule, nämlich die Kinder und Jugendlichen in kürzestmöglicher Zeit zu höchstmöglicher Bildung hinzuführen, äußerst restriktiv zu handhaben“.
Derzeit besteht in den ersten beiden Schuljahren der Volksschule die Möglichkeit einer Umstufung in die nächsthöhere oder nächstniedrigere Stufe - auch während des Unterrichtsjahres -, wenn damit der „Lernsituation des Schülers eher entsprochen wird“, heißt es im Gesetz. Einen Wechsel können Klassenlehrer und Erziehungsberechtigte beantragen, die Entscheidung über einen Wechsel trifft die Schulkonferenz. Derzeit fallen jedes Jahr rund 1.600 Kinder in den Volksschulen durch - das sind etwa 0,5 Prozent.
Mehr Informationen aus dem Kindergarten
In dem Papier ebenso enthalten sind Maßnahmen, die den Übertritt vom Kindergarten in die Volksschule erleichtern sollen. Kindergartenpädagogen sollen Lehrern künftig Information über den Entwicklungsstand der Kinder geben dürfen, was bisher nur eingeschränkt gestattet war. Wie genau diese Daten ausgetauscht werden sollen, ist laut Ö1 noch offen, ebenso der Datenschutz. Das Schulrechtspaket soll demnächst in Begutachtung geschickt werden.
Änderungen soll es auch an ganztägigen Schulformen geben: Dort soll das Mittagessen nicht mehr verpflichtend sein. Wer eine Ganztagsschule besucht, soll also nicht unbedingt dort auch essen müssen. Außerdem soll der Besuch einer verschränkten ganztägigen Schule nun auch als Grund gelten, den Schulsprengel ohne Zustimmung des Schulerhalters wechseln zu dürfen.
ÖVP „irritiert“
Nach Ansicht der ÖVP soll weiter autonom am Schulstandort darüber entschieden werden können, „ob es statt der Ziffernnote eine alternative Leistungsbeurteilung gibt“, so Bildungssprecherin Brigitte Jank in einer Aussendung. Darauf habe man sich bei den Verhandlungen zur Bildungsreform im Herbst geeinigt. Von den nunmehrigen Vorschlägen des Ministeriums zeigte sich Jank „irritiert“.
„Als ÖVP ist uns das Bekenntnis zu Leistung wichtig. Eine erstmalige Beurteilung, ob die Bildungsziele erreicht sind, in der vierten Klasse ist problematisch, weil dann das letzte Volksschuljahr wiederholt werden müsste“, so Jank.
Grüne zufrieden, Team Stronach nicht
Ganz anders die Reaktion der Grünen: „Dass die Ziffernnoten in der Volksschule nun nach 50 Jahren Schulversuch endlich der Vergangenheit angehören sollen, begrüße ich ausdrücklich“, so Bildungssprecher Harald Walser, der gleichzeitig bedauert, dass die verbale Beurteilung nicht auch in der vierten Klasse Volksschule vorgesehen ist. „Noch wichtiger ist jedoch, dass das anachronistische Sitzenbleiben auch abgeschafft werden soll“, erklärte Walser weiter.
Nichts abgewinnen kann den Plänen des Bildungsministeriums wiederum der Bildungssprecher des Teams Stronach, Robert Lugar: „Schulnoten sind wichtig für Kinder, auch für die weitere Laufbahn.“ Das Sitzenbleiben habe zudem den Sinn, „schlecht gelernte Inhalte zu wiederholen“. Es sei daher „nicht per se zu verteufeln“, so Lugar.
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