Ein Markt oder mehrere Märkte?
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat über die geplante Mehrheitsübernahme der teilstaatlichen Casinos Austria durch den niederösterreichischen Glücksspielkonzern Novomatic entschieden. Anders als zuletzt medial vermutet, winkten die Wettbewerbshüter den Deal nicht einfach durch, sondern ordneten eine vertiefte Prüfung an.
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Zuständig für die vertiefte Prüfung ist das Oberlandesgericht (OLG) Wien als Kartellgericht. Die Richter haben nun bis zu fünf - auf Antrag sogar sechs - Monate Zeit, um eine Entscheidung zu fällen. Eine entscheidende Frage hinter der Prüfung wird sein, wie die Juristen die „Märkte“ interpretieren, in denen die Casinos und Novomatic tätig sind. Novomatic beliefert einerseits die Casinos mit Glücksspielautomaten. Andererseits betreiben beide Konzerne Automatensalons, jedoch mit verschiedenen Lizenzen. Die Winwin-Hallen der Casinos basieren auf der bundesweiten Lotterienlizenz, die Admiral-Spielstätten von Novomatic auf Länderkonzessionen.
Wettbewerbshüter haben formale Bedenken
Novomatic hatte einen Tag vor Weihnachten bei der BWB offiziell bekanntgegeben, mehr als 25 Prozent der Casinos-Anteile sowie indirekt mehr als 25 Prozent der Anteile an den Lotterien - diese gehören ebenso zum Casinos-Konzern - erwerben zu wollen. Damit hätte Novomatic die Kontrolle über die Casinos.
Die BWB begründete ihre Entscheidung mit formalen Bedenken. Es geht um die Sicherstellung von Wettbewerb auf dem stark regulierten Glücksspielmarkt und auch um offene Rechtsfragen. Laut BWB wurde unter anderem der gerichtsanhängige Rechtsstreit zwischen den beiden Zusammenschlusswerbern an den Casinos berücksichtigt worden.
Auch tschechisches Konsortium will Casinos
Neben dem niederösterreichischen Konzern spitzt auch ein tschechisches Konsortium um die Milliardäre Karel Komarek und Jiri Smejc auf die Mehrheit bei den Casinos. Sie meldeten ihr Vorhaben vor zwei Wochen bei der BWB an. Da endet die Entscheidungsfrist am 17. Februar. Die Austrian Gaming Holding (AGH) der Tschechen will auf 50,82 Prozent der Casinos-Aktien kommen. In informierten Kreisen wird davon ausgegangen, dass auch das Angebot der tschechischen Investorengruppe Austrian Gaming Holding beim Kartellgericht landen wird.
Komplizierte Eigentümerstruktur
Der Streit um die Kontrolle der Casinos ist bereits gerichtsanhängig. Die Tschechen berufen sich auf ein Vorkaufsrecht, das sie via Anfechtungsklage durchsetzen wollen. Hintergrund ist die derzeit komplizierte Eigentümerstruktur der Casinos Austria. Jene Aktionäre, die über die Medial Beteiligungs-Gesellschaft miteinander verbunden sind und ihre Anteile loswerden wollen, haben diese großteils Novomatic zugesagt: Leipnik-Lundenburger Invest (LLI) und die Uniqa (beide gehören zum Raiffeisen-Reich). Weiters hat Novomatic einen Kaufvertrag über die Casinos-Anteile von der MTB Privatstiftung. In die Lotterien haben sich die Niederösterreicher bereits zu 23 Prozent eingekauft.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Die Tschechen haben ebenfalls den Fuß in der Tür. Sie haben von der Vienna Insurance Group (VIG) die CAME Holding übernommen und halten 11,3 Prozent an den Casinos. Die CAME Holding ist Teil der Medial Beteiligungs-Gesellschaft. Die Casinos-Eigentümer haben gegenseitige Vorkaufsrechte, die in Syndikatsverträgen geregelt sind. Wie diese zu lesen sind, darüber entscheidet nun das Gericht. Raiffeisen will jedenfalls an Novomatic verkaufen.
Die Staatsholding ÖBIB soll ebenfalls Novomatic favorisieren. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) rief die Kontrahenten noch am Dienstag via „Kurier“ dazu auf, „zum Wohl des Unternehmens den Streit zu beenden“. Rechtsstreitigkeiten würden den Casinos-Konzern „über Jahre lähmen“.
Spielbankenvergabe vor Höchstgericht
Novomatic bewarb sich darüber hinaus für neue Spielbanken in Wien und Niederösterreich und bekam auch zwei von drei Zuschlägen. Die Vergabe durch das Finanzministerium im Sommer 2014 wurde jedoch aufgrund von Verfahrensmängeln vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. Jetzt ist das Höchstgericht am Zug.
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