Trotz Winters wagen Tausende Überfahrt
Bei einem neuen Bootsunglück vor den griechischen Inseln in der Ägäis sind mindestens 25 Flüchtlinge ums Leben gekommen, darunter zehn Kinder. Zehn Menschen seien gerettet worden, nachdem das Boot auf dem Weg von der türkischen Küste zur Insel Samos gekentert sei, teilte die griechische Küstenwache am Donnerstag mit. Elf Menschen würden noch vermisst.
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Schiffe der Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex suchten nach ihnen. Die geretteten Flüchtlinge standen alle unter Schock und wurden auf Samos ins Krankenhaus gebracht. Trotz des Winterwetters begeben sich immer noch jede Woche Tausende Menschen auf die gefährliche Überfahrt von der Türkei nach Griechenland.
Erst am Mittwoch waren sieben Flüchtlinge beim Untergang ihres Boots vor der Insel Kos ums Leben gekommen. Am Freitag waren beim Untergang von drei Flüchtlingsbooten insgesamt 45 Menschen ums Leben gekommen, darunter 17 Kinder. Die Küstenwache entdeckte seitdem vor verschiedenen Inseln der Ägäis weitere sechs Leichname. Nach UNO-Angaben kamen seit Beginn des Jahres mehr als 46.000 Flüchtlinge nach Griechenland, 200 Menschen starben auf dem Weg.
Tote bei Unglück vor libyscher Küste
Unterdessen sind mindestens sechs Menschen bei der Überfahrt nach Europa vor der libyschen Küste ums Leben gekommen. Insgesamt 290 weitere Menschen wurden von drei Schlauchbooten gerettet, wie die italienische Marine am Donnerstag mitteilte. Auf einem der Boote entdeckten die Retter zudem die sechs toten Flüchtlinge. Mit einem Helikopter wurde nach möglichen weiteren Vermissten gesucht.
Die meisten Flüchtlinge erreichen Europa mittlerweile über Griechenland und die Balkan-Route. Tausende Menschen kommen jedoch weiterhin per Boot von Nordafrika nach Italien. Nach Angaben von Hilfsorganisationen war dieser Weg im vergangenen Jahr zudem die mit Abstand gefährlichste Route nach Europa, die meisten der mehr als 3.500 toten oder vermissten Migranten gab es im Jahr 2015 hier.
EU-Kommission rügt Griechenland
Die EU-Kommission kritisiert Griechenland wegen mangelhafter Kontrollen an den EU-Außengrenzen. Aus einem nicht öffentlichen Expertenbericht nach Untersuchungen im November 2015 gehe hervor, dass es beim Schutz der Außengrenze in Griechenland gravierende Mängel gebe, sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Mittwoch.
Unter anderem würden Reisedokumente nicht systematisch überprüft. Zudem würden zahlreiche Migranten nicht registriert. Die griechische Regierung zeigte sich empört. Die Türkei und die EU hielten ihre Versprechungen nicht ein, hieß es in Athen. „Erhebliche Verbesserungen sind notwendig, damit die ordnungsgemäße Aufnahme, die Registrierung, die Umverteilung oder die Rückkehr von Migranten sichergestellt werden kann und Schengen wieder wie gewohnt ohne Kontrollen an den Binnengrenzen funktionieren kann“, sagte Avramopoulos weiter.
Die EU-Innenminister hatten nach einem Treffen am Montag in Amsterdam die EU-Kommission beauftragt, die „rechtliche und praktische Grundlage“ für die Verlängerung von Grenzkontrollen nach Artikel 26 des Schengen-Kodex vorzubereiten. Das würde Kontrollen innerhalb des Schengen-Raums von bis zu zwei Jahren erlauben.
Athen verärgert
Athen reagierte verärgert: Der Bericht der EU-Kontrolleure liege zweieinhalb Monate zurück. Die Lage auf den Inseln habe sich erheblich verbessert, sagte die griechische Regierungssprecherin Olga Gerovasili am Mittwoch. Versprochene Personalverstärkung sei seitens der EU nicht im vollen Umfang angekommen. "Die Verantwortung dafür trägt nicht das Land (Griechenland)", so die Sprecherin.
Den Schlüssel für die Lösung des Problems halte die Türkei, die aber die Vereinbarung mit der EU zum Stopp des Zustroms und zur Rückführung von nicht Asylberechtigen nicht einhalte. Zudem sei das Programm der Umsiedlung der Flüchtlinge aus Italien und Griechenland seitens der EU nicht eingehalten worden. Bisher seien nur 414 Flüchtlinge statt 160.000 von anderen EU-Staaten aufgenommen worden, hieß es. Die Taktik der Schuldzuweisung sei keine geeignete Methode, das Problem zu lösen, das mittlerweile „historische Dimensionen“ angenommen habe, sagte Gerovasili.
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