„Rencontre“: Begegnung mit den Solothurner Filmtagen
Solothurn gilt als die „schönste Barockstadt der Schweiz“ - und so präsentiert sich die Kleinstadt mit knapp über 16.000 Einwohnern auch während der Filmtage. Viermal so viele Menschen besuchten im letzten Jahr die teils improvisierten Kinos. Bei strahlendem Sonnenschein verwandeln die 51. Solothurner Filmtage (noch bis Donnerstag) auch in diesem Jahr die entzückende Kleinstadt an der Aare in einen Diskussions- und Begegnungsort. Seit einem halben Jahrhundert rücken die Solothurner Filmtage den Schweizer Film in den Vordergrund.
Im Zentrum stehen vor allem die, die auf der Leinwand zu sehen sind: die Schauspieler und hier vor allem die Arbeit von Ursina Lardi. Der 1970 in der Schweiz geborenen Künstlerin ist die diesjährige „Rencontre“ („Begegnung“) während der Filmtage gewidmet.
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Solothurner Filmtage
Das Spezialprogramm ehrt jährlich eine Persönlichkeit des Schweizer Films und ermöglicht ungezwungene Begegnungen - so wie mit der vielbeschäftigten Schauspielerin in dem kleinen Kino Palace mitten in Solothurn.
Gesicht des Schweizer Films
Vor zwei Jahren erhielt Lardi in Solothurn den Schweizer Filmpreis, letztes Jahr eröffnete ihr Film das Festival - und heuer ist die Wahlberlinerin Ehrengast bei den Filmtagen. „Es ist für mich wahnsinnig schön, dass ich hier trotzdem so wahrgenommen werde und so geschätzt werde, das war mir nicht bewusst“, freut sich die 45-Jährige über ihre Personale bei der „Diagonale der Schweiz“. Im Rahmen der „Rencontre“ werden elf Filme gezeigt, in denen Lardi die Hauptrolle spielt.
In „Traumland“ (2013) spielt sie an der Seite von „Tatort“-Kommissar Devid Striesow. In Berlin spielen die beiden gemeinsam an der Berliner Schaubühne, in Solothurn diskutiert Lardi mit Striesow und dem Publikum über ihre Arbeit als Schauspielerin. „Mir macht alles, was explosiv ist, Spaß“, so die Wahlberlinerin. Lardi zählt mittlerweile zu den renommiertesten Schweizer Theater- und Filmschauspielerinnen.
Wider die Angst
Eine Herausforderung war für die leidenschaftliche Schauspielerin dennoch die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Oscar-Preisträger Michael Haneke. Die 45-Jährige spielte in Hanekes preisgekrönter Familiensaga „Das weiße Band“ (2009) eine reiche, aber unglückliche Baronin.
Lardi habe schon seit jeher Hanekes Filme bewundert. „Ich wollte es unter allen Umständen, das war so eine wunderbare Zusammenarbeit. Danach hatte ich vor nichts mehr Angst, davor schon. Ich habe mich da selbst in etwas hineingesteigert, denn er ist ein sehr herzlicher, liebevoller Regisseur. Ich hatte aber trotzdem Angst“, so Lardi gegenüber ORF.at.
Figuren und Rollen, die viel Raum brauchen, interessieren sie und Lardi verkörpert ihre Figuren stets mit Leidenschaft. Oft spielt die Mittvierzigerin Frauen, die vor einer großen Prüfung stehen: Im Krimi „Der Kameramörder“ entdeckt sie, dass ihr Freund ein Sadist ist. In „Sag mir nichts“, der bei den Solothurner Filmtagen seine Uraufführung feierte, folgt Lardi explosiv und ohne Vernunft ihrer Leidenschaft. „Her mit der Leidenschaft. Her mit den Gefühlen. Keine Scheu. Nur voran, dann geht es. Verstecken können wir uns zu Hause“, fordert die zierliche Schauspielerin.
Eine Werkschau als Spurensuche
In Solothurn versteckt sich niemand: Im letzten Jahr waren an die 65.000 Besucher in und vor den Kinos. Selbst die harten Holzstühle im Landhaus und der Reithalle sind während des Festivals gut gebucht.
Bis 28. Jänner sind die Zuseher noch gefordert, herauszufinden, was den Schweizer Film ausmacht. Insgesamt stehen 187 Filme in den acht Tagen auf dem Programm der großen Werkschau des Schweizer Films. Vor der idyllischen Kulisse kein Problem. (aric, ORF.at)