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Kaum Chancen für „Parteikandidaten“?

Eher als Scherzkandidat hat der Milliardär Donald Trump noch im Sommer des Vorjahrs gegolten. Sein Stern werde wohl so schnell wieder untergehen, wie er aufgetaucht ist, dachten die Parteigranden der Republikaner. Doch nun hat Trump noch immer die besten Karten, ins Präsidentschaftsrennen geschickt zu werden. Für die Partei ist er nicht nur politisch völlig unberechenbar, sondern wohl auch chancenlos bei einem Duell gegen Hillary Clinton.

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Eine „gewaltige Niederlage“ mit enormen Konsequenzen für die ganze Partei wird befürchtet, schreibt das Politportal Politico. Dabei ist Trump, der in Umfragen noch immer weit vorne liegt, gar nicht das einzige Problem: Der ultrakonservative texanische Senator Ted Cruz liegt an zweiter Stelle. Und aus der republikanischen Partei ist zu hören, dass er noch untragbarer und wohl auch chancenloser gegen die Demokraten wäre.

Das weiß auch Trump: Gegenüber CNN sagte er diese Woche, er wisse, dass die Partei ihn nicht möge. Aber er werde als geringeres Übel als Cruz gesehen, eine „ekelhafte Person, mit der niemand auskommt“. Und ab einem gewissen Punkt müsse sich die Partei wohl arrangieren, meinte er. Immerhin: Der pensionierte Neurochirurg Ben Carson, der dritte Kandidat mit nur sehr losen Verbindungen zur Partei und abenteuerlichen politischen Ansichten, ist nach einem Höhenflug wieder auf dem absteigenden Ast.

Unterstützung der religiösen Rechten gesichert

Mit gemischten Gefühlen wurde dieser Tage auch die Nachricht aufgenommen, dass Trump es geschafft hat, eine Wahlempfehlung der religiösen Rechten zu bekommen. Trump sicherte sich die Gunst von Jerry Falwell Jr., der als Nachfolger seines gleichnamigen Vaters großen Einfluss auf die ultrareligiösen Baptisten-Gemeinschaften hat.

Das ist zunächst eindeutig ein Erfolg gegen Cruz, der seine Kandidatur vor einigen Monaten an der weltgrößten christlichen Universität in Virginia, der von Pastor Jerry Falwell gegründeten Liberty University, angekündigt hatte und nun das Nachsehen hat. Trump hat damit aber seine Favoritenrolle weiter gesichert, in vorherigen Vorwahlen hatten die Ultrareligiösen eher Kandidaten ohne große Siegchancen unterstützt.

Parteikandidaten schießen gegeneinander

Die parteinahen Kandidaten der Republikaner grundeln in Umfragen derzeit im einstelligen Prozentbereich herum. Marco Rubio, Senator aus Florida, der Ex-Gouverneur dieses Bundestaats, Jeb Bush, sowie die Gouverneure von New Jersey und Ohio, Chris Christie und John Kasich, gelten derzeit als Wunschkandidaten des Parteiestablishments. Doch die sind derzeit vor allem damit beschäftigt, sich gegenseitig zu zerfleischen.

In der Partei wachse die Ungeduld, schreibt die „New York Times“. 35 Millionen Dollar hätten sie bereits ausgegeben, um sich gegenseitig anzupatzen. „Das ganz ist eine einzige Katastrophe“, sagt Curt Anderson, langgedienter Politstratege der Republikaner gegenüber der Website Politico.

Bush gegen Rubio

„Die Typen sind so beschäftigt damit, sich gegenseitig zu bekämpfen, dass sie damit nur den Aufstieg von Trump und Cruz begünstigen“, sagt Tom Cole, republikanischer Veteran im Repräsentantenhaus der „New York Times“.

Am schärfsten kritisiert wird Jeb Bush und sein Super PAC „Right to Rise“. Das Spendengelder sammelnde Aktionskomitee ist mehr als 100 Millionen Dollar schwer - und schießt sich praktisch nur auf Mitbewerber Rubio ein. Für Spots gegen Trump gab man bisher fünf Millionen Dollar aus, für Werbefilme, die Rubio angreifen, rund viermal so viel, schreibt Politico. Insbesondere in Iowa und New Hampshire, wo nun die ersten Vorwahlen anstehen, sind die Attacken hart.

Entscheidendes Rennen um Platz drei?

Aus der Logik der Kandidaten ist das aber nicht ganz unverständlich: Wer aus den beiden Vorwahlen als Dritter hervorgeht, kann sich nicht nur Chancen ausrechnen, dass einige der anderen Kandidaten das Handtuch werfen, sondern auch, dass es die volle Unterstützung der Partei gibt.

„Wer auch immer neben Trump und Cruz gestärkt aus Iowa und New Hampshire hervorgeht, den sollten wir gemeinsam unterstützen“, sagte Henry Barbour, republikanischer Stratege aus Mississippi der „New York Times“. Ein kleines Zeitfenster von einigen Wochen haben die Kandidaten noch, heißt es auf Salon.com: Auch John McCain 2008 und Mitt Romney 2012 gewannen erst recht spät im Rennen die Oberhand für ihre Nominierung.

Trump auf Kollisionskurs mit Fox

Einen Hoffnungsschimmer, dass Trump doch noch zu schlagen sein könnte, offenbarte auch die letzte Fernsehdebatte. Trump weigerte sich, daran teilzunehmen, weil die Moderatorin ihn vor einiger Zeit in einem Interview im August mit kritischen Fragen begegnet war. Das Spannende daran: Es handelt sich ausgerechnet um eine Diskussion auf Fox News, also dem Haus-und-Hof-Sender und Königsmacher der Republikaner. Und Senderchef Roger Ailes, dem eigentlich Sympathien für den Milliardär nachgesagt werden, stellte sich überraschend hinter die Moderatorin Megyn Kelly.

Diesmal verkalkuliert?

Kommentatoren spekulieren nun, wie Fox News in Zukunft über Trump berichten wird. Schon in den vergangene Wochen hatte es einige Spitzen gegen ihn gegeben. Umgekehrt bleibt auch offen, wie Trump selbst darauf reagiert. Auch die Unterstützung von Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin kann in zwei Richtungen - als Annäherung oder weitere Kampfansage - gesehen werden: Palin war Liebkind von Fox mit einer eigenen Sendung, wurde aber im Vorjahr abserviert. Kommentatoren gehen eher davon aus, dass Trump bei seinem Anti-Establishment-Kurs auch bei Fox weiter auf Konfrontation setzen wird. Dabei könnte er sich diesmal aber mit einem zu großen Gegner angelegt haben.

Christian Körber, ORF.at

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