Würde FPÖ „derzeit nicht“ angeloben
Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen hat im Gespräch in der ZIB2 am Dienstag erneut betont, dass er als Unabhängiger in das Rennen um die Hofburg geht. Auch seine Haltung zum Thema Asyl, sein Alter und die Frage des Umgangs mit der FPÖ waren Thema im Gespräch.
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Trotz seiner grünen Vergangenheit, personeller Überschneidungen zwischen Partei und Wahlkampfteam sowie der Wahlkampffinanzierung durch die Grünen besteht Van der Bellen darauf, seinen Wahlkampf als unabhängiger Kandidat zu führen. Er müsse einen überparteilichen Wahlkampf führen, anders könne er nicht gewinnen. Kein Mensch könnte seine grüne Vergangenheit leugnen, der Bundespräsident müsse aber überparteilich sein, ebenso wie die Kandidaten für das Amt.
Im Gegensatz zu seinem von der ÖVP nominierten Konkurrenten Andreas Khol und dem mutmaßlichen SPÖ-Pendant, Rudolf Hundstorfer, habe er auf eine Parteiennominierung verzichtet und es sich „erlaubt“, als unabhängiger in den Wahlkampf zu gehen. Es handle sich um einen „feinen Unterschied, einen symbolischen Unterschied“, der auch nicht überbewertet werden sollte. Für Van der Bellen sei das parteiübergreifende Element das Wesentliche. Seine Wähler damit zu betrügen, liege ihm fern - als Intellektueller könne er sich das auch gar nicht erlauben.
Obergrenzen juristisch außer Frage
Auf das Thema Asyl angesprochen, attestierte Van der Bellen den Österreichern, mehrheitlich ein „grundsätzlich empathisches Volk“ zu sein. Er habe in den vergangenen Monaten große Hilfsbereitschaft in der Flüchtlingskrise wahrgenommen. Eine Obergrenze für Flüchtlinge könne es jedenfalls allein juristisch nicht geben. Dagegen würden Flüchtlings- und Menschenrechtskonvention sprechen, darin stimme er mit dem amtierenden Bundespräsidenten Heinz Fischer überein.
Van der Bellen über seine Kandidatur
Alexander Van der Bellen erklärt, wie er seinen Wahlkampf gestalten will und wie er das Amt des Bundespräsidenten anlegen würde.
Sehr wohl problematisch seien allerdings begrenzte physische Kapazitäten wie mangelnder Wohnraum. Im globalen Kontext gesehen prangerte auch Van der Bellen die mangelnde Kooperationsbereitschaft gewisser EU-Staaten in der Bewältigung der Flüchtlingsbewegung an. Es gehe nicht, dass ausschließlich Österreich, Schweden und Deutschland die Verantwortung für die Ankommenden übernähmen. Es handle sich bei der Flüchtlingsbewegung um eine europapolitische Frage. Geschlossene Grenzen würden lediglich zu illegaler Einwanderung führen.
„Christenpflicht und Menschenpflicht“
Grundsätzlich sei er der Meinung, dass es „Christenpflicht und Menschenpflicht“ sei, vor dem Tod flüchtenden Kriegsflüchtlingen unter die Arme zu greifen. Anders sehe es bei Wirtschaftsflüchtlingen aus. Gesetzesverstöße wie etwa in der Silvesternacht in Köln seien „absolut indiskutabel“. Kriminell handelnde Flüchtlinge hätten hier nichts verloren und müssten abgeschoben werden - allerdings sei die Rückführung in Kriegsgebiete nicht leicht.
Hinsichtlich der Flüchtlingsaufnahme im kommenden Jahr blieb Van der Bellen vage. Er wisse nicht, wie die europäische Politik weiter mit der Frage umgehen werde und ob die neuen Maßnahmen in der Türkei zur Begrenzung der Flüchtlingsbewegung Früchte tragen würden. Die Erteilung der Arbeitserlaubnis für syrische Flüchtlinge in der Türkei sei jedenfalls ein ermutigendes Zeichen gewesen. Wie die Zukunft konkret aussehe, sei offen. Tatsache sei aber, dass Menschen flüchten würden und ein Recht darauf hätten, angehört zu werden.
Kritik an EU-Haltung der FPÖ
Auch Van der Bellens Umgang mit der FPÖ war im Interview Thema. Erst im vergangenen Jahr hatte Van der Bellen die Frage, ob er einen Bundeskanzler der FPÖ angeloben würde, verneint - diese Einstellung hat er zumindest teilweise relativiert. „Unter den gegenwärtigen Umständen“ würde er keine FPÖ-Regierung angeloben, die Partei könne sich allerdings noch in eine andere Richtung entwickeln.
Seine Ablehnung begründete Van der Bellen in der Haltung der FPÖ zur Europäischen Union. Er sei überzeugt davon, dass die europapolitische Einbindung Österreichs unverzichtbar sei. Eine Partei wie die FPÖ sende derzeit alle Signale dafür aus, dass man die Europäische Union eher zerstören als weiterentwickeln wolle, weswegen sie in Van der Bellens Augen das Vertrauen des Bundespräsidenten nicht verdient habe. Dieser sei im Übrigen ebenso demokratisch legitimiert und habe eine mindestens 51-prozentige Mehrheit des Volkes hinter sich. Grundsätzlich hoffe er darauf, dass die Österreicher erkennen würden, dass die Rückkehr zum „alten, kleinen Österreich“ in einer globalisierten Welt nicht gelingen kann.
„Enttäuscht“ über Pröll-Absage
Dass der lange als ÖVP-Kandidat gehandelte niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) dem Bundespräsidentschaftswahlkampf eine Absage erteilt hat, habe Van der Bellen im Übrigen „enttäuscht“. Es hätte „eine interessante Auseinandersetzung werden können“. Die Verkündung seiner Kandidatur habe auch nicht von der Pröll-Absage abgehangen. Dass Khol wegen seiner Asyllinie ein härterer Konkurrent für Van der Bellen werden könnte, glaube er nicht. Khol und Van der Bellen seien beide Tiroler und hätten sich im Parlament gut kennengelernt. Mit Erwin Pröll hätte sich aber eine „andere Auseinandersetzung“ ergeben.
Auf die Möglichkeit eines „Lagerwahlkampfs“ zwischen Schwarz und Blau sowie Rot und Grün angesprochen, antwortete Van der Bellen, er habe nicht die Absicht, einen solchen Wahlkampf zu führen. Er wolle alle Wählerschichten ansprechen, ihm sei aber auch bewusst, dass seine Positionen nicht jedem gefallen würden.
Alter kein Thema
Von seinem fortgeschrittenen Alter will sich der bald 72-jährige Van der Bellen jedenfalls nicht bremsen lassen. Adenauer sei 73 gewesen, als er zum ersten Mal deutscher Bundeskanzler geworden sei. Auch der amtierende deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sei beim Amtsantritt bereits 72 Jahre alt gewesen - „also was soll’s“. Auf die Frage hin, ob Van der Bellen fit sei, antwortete der Präsidentschaftskandidat mit einem lapidaren: „Ja sicher.“
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