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„Dynamische“ Senioren am Start

Regelmäßig werden Bundespräsidentenwahlen von älteren Kandidaten bestritten - immerhin ist es das einzige Amt im Staat, für das es mit 35 Jahren ein eigenes Mindestalter gibt. Selten jedoch zeigte sich das - bisher bekannte - Kandidatenfeld so reich an Jahren wie heuer. Die Spitzenreiter Andreas Khol (ÖVP) und Alexander Van der Bellen thematisierten das Thema auch selbst.

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Der 74-jährige Khol unterstrich bei der offiziellen Präsentation als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl am Montag, er fühle sich „absolut leistungsfähig, initiativ und leistungsbereit“: „Ich steh früh auf, brauch wenig Schlaf.“ Über eine allfällige zweite Amtszeit wollte er allerdings nicht reden. Die hatte sein Parteifreund Ex-ÖVP-Chef Erhard Busek in einem Interview für den „Standard“ (Montag-Ausgabe) überhaupt ausgeschlossen: Da müsse man nur „addieren“ können.

Khol: „Alter ist keine Kategorie“

In der ZIB2 stellte Khol klar: „Alter ist keine Kategorie.“ Auf die Qualität komme es an. Dass er am Ende seiner möglichen Amtszeit in der Hofburg 81 Jahre alt wäre, darin sehe er jedenfalls kein Handicap, sagte Khol und zitierte einen Biologen Robert Hengstschläger, der laut Khol zwischen Lebensalter und biologischem Alter unterscheide: „Ein 70-Jähriger ist heute biologisch so alt wie ein 50-Jähriger in den 1950er Jahren“, so Khol. Ohnehin werde die Lebenserwartung länger. Und: „Ich tue alles, um fit zu bleiben.“

Andreas Khol im Interview mit Armin Wolf

Nach der Absage von Erwin Pröll als Präsidentschaftskandidat der ÖVP nur zweite Wahl zu sein, will Khol nicht erkennen: Bei seiner Frau sei er erste Wahl, alles andere würde der Wähler entscheiden, so Khol in der ZIB2.

Heuer möglicher Altersrekord

Überhaupt kritisierte Busek seine Partei scharf für die Wahl eines 74-jährigen Kandidaten: Ältere Wähler seien davon ohnehin nicht zu beeindrucken, jüngere aber abgeschreckt. Das betreffe alle Parteien, betonte Busek dabei: „Wenn Hundstorfer der jüngste Kandidat ist – das spricht für sich selber.“ Sozialminister Rudolf Hundstorfer als - bis zum Ende der Woche wohl auch offizieller - SPÖ-Kandidat wäre mit seinen 64 Jahren in anderen Wahljahren Durchschnitt. Heuer nicht.

Alexander van der Bellen und Andreas Khol

APA/Robert Jaeger

Van der Bellen und Khol vor zehn Jahren

Van der Bellen sieht sich „nicht so ganz gebrechlich“

Unter den Kandidaten und Kandidatinnen mit den bisher größten Aussichten finden sich neben Khol und Hundstorfer der 72-jährige Van der Bellen und die 69-jährige frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss. Aber auch der 83-jährige ehemalige Wiener Unternehmer Richard Lugner überlegt laut eigenen Aussagen eine Kandidatur. Sein Antreten wäre ein Rekord: Der bisher älteste Kandidat war der 1992 von den Grünen nominierte Robert Jungk, der sich mit fast 79 Jahren der Wahl stellte.

Wie Khol will auch Van der Bellen nicht über sein Alter diskutieren und verwies gegenüber der APA darauf, dass Khol sogar einige Jahrgänge über ihm ins selbe Gymnasium wie er gegangen sei, versehen mit dem Zusatz: „Ich hoffe, dass ich nicht so ganz gebrechlich auf Sie wirke.“ Es war aber vor allem die SPÖ, die sich am Montag gegen eine „unfaire“ Diskussion über das Alter antretender Kandidatinnen und Kandidaten aussprach.

Niessl gegen Alterslimits

Khols bisheriges Gegenüber in der Seniorenvertretung, SPÖ-Pensionistenverbandschef Karl Blecha, verwies am Montag gegenüber der APA auf „die wesentlichen Präsidenten in Europa“ wie Deutschlands Joachim Gauck (75), die in Khols Altersgruppe seien. Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) meinte, es gebe „60-, 65-, 70-Jährige, die eine große Dynamik haben. Es gibt Jüngere, die weniger Dynamik haben. Ich würde das nicht am Alter aufmachen.“

Ein älterer Mensch könne die gleichen Leistungen oder noch größere Leistungen bringen als ein jüngerer, meinte Niessl. „Da von Haus aus ein Gesetz zu beschließen, dass man ab 70 nicht zur Bundespräsidentenwahl antritt, halte ich für falsch.“ Man könne kein Alter von einer Wahl ausschließen. Entscheidend sei vielmehr, „wie die Wählerinnen und Wähler das sehen. Wenn die Wähler einen älteren Bundespräsidenten wählen, dann ist das richtig, weil der Wähler hat immer recht.“

Erste Wahl kürte 78-jährigen Körner

Tatsächlich sind in der Zweiten Republik auch schon wesentlich ältere Kandidaten angetreten als heuer und haben die Wahl gewonnen. Allerdings muss man dafür recht weit zurückblicken. Am ältesten war gleich der erste nach 1945 in einer Volkswahl gewählte Bundespräsident, nämlich Theodor Körner (SPÖ) mit 78 Jahren im Jahr 1951. Adolf Schärf (SPÖ) schaffte seine Wiederwahl (1963) mit 73 Jahren, bei seinem ersten Antreten war er 67.

Ebenfalls mit 67 wurde Kurt Waldheim (ÖVP) 1986 Bundespräsident. Er war erstmals schon 1971 im Alter von 52 Jahren erfolglos angetreten. Franz Jonas (SPÖ) wurde nach Schärfs Tod 1965 im Alter von 65 Jahren Staatsoberhaupt, mit 71 wurde er wiedergewählt. Auch Heinz Fischer (SPÖ) absolvierte seine beiden Wahlen 2004 und 2010 mit 65 bzw. 71 Jahren. Die bisher jüngsten Präsidenten der Republik bei ihrem ersten Antreten waren bisher mit 59 Jahren Thomas Klestil (ÖVP) und Rudolf Kirchschläger (SPÖ).

Kandidatinnen durchschnittlich weit jünger

Den „Jugend-Rekord“ hält bisher Gertraud Knoll, die 1998 mit 39 Jahren als Parteifreie antrat. Generell fällt aber das geringere Alter der Kandidatinnen auf. Heide Schmidt (FPÖ, dann LIF) stellte sich 1992 und 1998 mit 43 bzw. 49 Jahren der Wahl, Ludovica Hainisch (1951, unabhängig) ebenfalls mit 49, Barbara Rosenkranz (2010, FPÖ) mit 51 und Benita Ferrero Waldner (2004, ÖVP) mit 55. Bisher älteste Kandidatin war die Grüne Freda Meissner-Blau 1986 mit 59 Jahren. Diesen Rang läuft ihr mit zehn Jahren Vorsprung nun Irmgard Griss ab.

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