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Steuernachlässe für ungültig erklärt

In ihrem Vorgehen gegen unfairen Steuerwettbewerb in der EU hat die EU-Kommission ihren bisher größten Schlag gelandet. Sie verlangte Mitte Jänner von der belgischen Regierung, rund 700 Millionen Euro von mindestens 35 multinationalen Konzernen nachzufordern. Die Steuervergünstigungen bei Gewinnüberschüssen für diese Unternehmen seien eine unzulässige Staatsbeihilfe.

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EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager sprach von einem Verstoß gegen Beihilfevorschriften. Es gebe viele legale Möglichkeiten, über die EU-Länder verfügten, um Investitionen zu fördern. Aber wenn ein EU-Staat bestimmten multinationalen Firmen unzulässige Steuervergünstigungen gewähre, die es diesen Unternehmen ermöglichten, den Großteil ihrer tatsächlich erzielten Gewinne nicht zu versteuern, „dann schadet das dem fairen Wettbewerb in der EU und letztlich auch den Bürgern“.

Keine Namen genannt

Betroffen sind vor allem EU-Konzerne - Namen nannte die Kommission Mitte Jänner nicht. Vestager sagte lediglich, es gehe „um eine große Vielfalt von Branchen“ vor allem aus dem produzierenden Gewerbe. Nach Informationen der britischen „Financial Times“ muss unter anderem Europas größter Tabakkonzern British American Tobacco (BAT) mit Rückforderungen rechnen. Dem Vernehmen nach gehören neben dem Brauereiriesen AB InBev auch das Chemieunternehmen BASF, der Ölkonzern BP und das belgische Telekommunikationsunternehmen Belgacom zu den Betroffenen.

EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager

APA/AP/Virginia Mayo

„Only in Belgium“ ist laut Margarethe Vestager ein „illegales System“

Es sei an den belgischen Steuerbehörden zu ermitteln, welche Unternehmen tatsächlich von der früher unter dem Motto „Only in Belgium“ beworbenen Steuerregelung profitiert hätten, teilte die Behörde Mitte Jänner mit. Sie machte damit deutlich, dass theoretisch auch mehr als 35 Unternehmen betroffen sein könnten.

AB InBev „enttäuscht“

AB InBev zeigte sich „enttäuscht“ von der Entscheidung. Das Unternehmen sei aber zuversichtlich, dass die mit Belgien getroffenen Vereinbarungen letztlich „in voller Übereinstimmung mit EU-Rechtssprechung“ seien, sagte eine Sprecherin Ende Jänner. BASF teilte mit, das Unternehmen verfolge die rechtlichen Entwicklungen und den weiteren Verlauf des Beihilfeverfahrens aufmerksam. Grundsätzlich gebe BASF keine Auskünfte zur steuerlichen Situation in einzelnen Ländern. In Belgien sei der Konzern mit 150 Millionen Euro einer der größten Steuerzahler.

Erheblicher Steuervorteil für multinationale Konzerne

Durch die seit 2005 in Belgien geltende Steuerregelung für Gewinnüberschüsse erhielten Unternehmen innerhalb multinationaler Gruppen laut Kommission die Möglichkeit, wesentlich weniger Steuern zu zahlen. Dabei wurde die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer um 50 bis 90 Prozent verringert. Das sollte den Gewinnüberschuss ausgleichen, der auf ihre Zugehörigkeit zu einer multinationalen Gruppe zurückzuführen sein soll.

Nach Angaben der EU-Kommission hatte Belgien die nun für unzulässig erklärte Regelung bereits bei der Einleitung des Prüfverfahrens im Februar 2015 ausgesetzt und keine neuen Steuervorbescheide nach dieser Regelung mehr gewährt. Unternehmen, die seit Einführung der Regelung im Jahr 2005 Steuervorbescheide erhalten hatten, sollen diese jedoch weiter in Anspruch genommen haben. „Mit dem Beschluss der Kommission wird Belgien angewiesen, die Regelung für Gewinnüberschüsse nicht mehr anzuwenden“, teilte die Behörde Mitte Jänner weiter mit.

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