Treffen in einem Wald
Der am Freitag gefasste mexikanische Drogenboss Joaquin „El Chapo“ Guzman hat dem US-Hollywood-Star Sean Penn laut Medienangaben während seiner Flucht ein aufsehenerregendes Interview gegeben. Das Magazin „Rolling Stone“ veröffentlichte auf seiner Website in der Nacht auf Sonntag einen langen Erfahrungsbericht des Schauspielers.
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Zum Beleg, dass einander die beiden Männer wirklich in Guzmans Versteck trafen, veröffentlichte das Magazin ein Foto, das „El Chapo“ und Penn beim Handschlag zeigt. In dem Gastbeitrag schildert Penn die abenteuerlichen Umstände, unter denen sein Treffen mit dem Drogenboss zustande kam. Laut Penn traf er sich am 2. Oktober sieben Stunden lang mit Guzman in einem Wald.

Screenshot www.rollingstone.com
Das Magazin „Rolling Stone“ veröffentlichte ein Belegfoto
„El Chapo“ habe Fragen zu seinem Aufstieg vom jugendlichen Orangenverkäufer zum berüchtigten Drogenbaron beantwortet, über sein „glückliches“ Leben nach der Flucht aus dem Gefängnis gesprochen und die Frage verneint, ob er ein gewalttätiger Mensch sei.
„Dass Drogen zerstören, ist eine Realität“
„Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als irgendjemand sonst in der Welt“, sagte „El Chapo“ in einem Videointerview, das er Penn nach dem Treffen schickte. „Ich habe eine Flotte aus U-Booten, Flugzeugen, Lastwagen und Schiffen.“ Zugleich bestritt er nicht die verheerende Wirkung von Drogen. „Die Tatsache, dass Drogen zerstören, ist eine Realität“, sagte Guzman.
„Leider gab es dort, wo ich aufgewachsen bin, keine andere Weise zu überleben. Und es gibt sie noch immer nicht“, so der Drogenboss, der nach eigenen Angaben mit 15 Jahren mangels anderer Erwerbsmöglichkeiten in den Drogenhandel eingestiegen sei. Er bestritt aber, für die Verbreitung von Drogen in der Welt verantwortlich zu sein. „Der Tag, an dem ich nicht mehr existiere, wird das absolut nicht weniger werden“, sagte Guzman.
„Ich verteidige mich nur, nicht mehr. Ob ich Streit anfange? Niemals“, sagte „El Chapo“, der glatt rasiert in einem blauen, gemusterten Hemd vor einem geparkten Pick-up zu sehen ist, während im Hintergrund ein Hahn schreit. Auf die Frage, ob die mexikanischen Behörden ihn lieber töten wollten, als ihn festzunehmen, äußerte er sich zuversichtlich, dass er nicht getötet werde.
Kontakt durch mexikanische Schauspielerin
Den Kontakt zwischen Penn und „El Chapo“ hatte die mexikanische Schauspielerin Kate de Castillo hergestellt. Sie spielt in der Telenovela „La Reina del Sur“ („Die Königin des Südens“) selbst eine Drogenhändlerin und stand mit Guzman wegen eines Filmprojekts über sein Leben in Kontakt.
Zur Zeit des Interviews waren die Sicherheitskräfte „El Chapo“ schon einmal dicht auf den Fersen gewesen. Im Goldenen Dreieck zwischen den Teilstaaten Sinaloa, Durango und Chihuahua hatten Marineinfanteristen von Hubschraubern aus auf sein Versteck in einer Ranch gefeuert. Doch die Leibwächter des Kartellbosses hatten den Angriff zunächst zurückschlagen können. Zwar verletzte sich Guzman bei der Flucht, doch die Sicherheitskräfte verloren ihn aus den Augen.
Filmpläne wurden Drogenboss zum Verhängnis
Der Chef des Sinaloa-Kartells war vor sechs Monaten aus dem mexikanischen Hochsicherheitsgefängnis El Altiplano ausgebrochen. Seine Helfer hatten einen 1,5 Kilometer langen Tunnel mit elektrischem Licht, Luftzufuhr und einem Schienensystem bis in seine Zelle gebaut. Am Freitag wurde er schließlich in der westmexikanischen Stadt Los Mochis festgenommen und am Samstag in das Hochsicherheitsgefängnis in Altiplano zurückgebracht.

APA/AFP/Yuri CORTEZ
Von dieser Zelle aus gelang „El Chapo“ seine spektakuläre Flucht
Zum Verhängnis wurde Guzman offenbar der Wunsch, einen autobiografischen Film zu drehen. Für das Projekt habe er bereits Kontakt zu Schauspielern und Produzenten aufgenommen, sagte Generalstaatsanwältin Arely Gomez am Freitag. Das sei einer der Ermittlungsstränge gewesen, die schließlich zur Lokalisierung und Festnahme „El Chapos“ geführt hätten.
Dramatischer Polizeieinsatz
Ein erster Festnahmeversuch im Oktober sei gescheitert, weil Guzman damals mit einem Mädchen als Geisel geflohen sei und die Beamten daher nicht das Feuer eröffnen hatten wollen. Seit Dezember überwachten die Ermittler dann das Haus nahe Los Mochis. Am Freitag kam es dort zu einem dramatischen Einsatz. Als die Soldaten das Gebäude stürmten, lieferten sie bewaffneten Männern nach Angaben der Staatsanwaltschaft einen Schusswechsel.
Fünf mutmaßliche Komplizen Guzmans seien dabei getötet und sechs weitere Verdächtige festgenommen worden. Der Gesuchte und sein Sicherheitschef Orso Ivan Gastelum seien zunächst über einen Abwasserkanal entkommen. Als sie an die Erdoberfläche kletterten und in ein Fluchtauto steigen wollten, wurden sie dann von den Soldaten gefasst.
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