Hunderte Medienvertreter angereist
Unrühmliche Premiere für das spanische Königshaus: Bei dem ab Montag auf Palma de Mallorca stattfindenden Verfahren in der „Affäre Noos“ sitzt mit Infantin Cristina erstmals seit Wiedereinführung der Monarchie im Jahr 1975 ein Mitglied der Königsfamilie vor Gericht. Der Schwester von König Felipe VI. wird vorgeworfen, in einen millionenschweren Skandal rund um veruntreute Spendengelder verwickelt zu sein.
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Cristina erschien zum Prozessauftakt gemeinsam mit ihrem ebenfalls angeklagten Ehemann Inaki Urdangarin im Gerichtssaal. Die Infantin beteuert ihre Unschuld. Ihre Anwälte wollen die Einstellung des Verfahrens beantragen. Der Prozess ist auf sechs Monate angesetzt.
Dem Prozessauftakt wird seit Wochen entgegengefiebert. Auch abseits der Klatschpresse sorgte der Fall bereits für reichlich Schlagzeilen. Außer Frage steht dabei: Obwohl Cristina wohl erst als letzte der insgesamt 18 Angeklagten aussagen wird, steht die Schwester des Königs von Anfang an im Mittelpunkt des Interesses.
200 Polizisten im Einsatz
Vor dem Gerichtsgebäude werden zudem zahlreiche Schaulustige erwartet. Dazu kommen umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen. Unter den über 200, laut Medienberichten zur Hälfte extra vom Festland eingeflogenen Polizisten, befinden sich unter anderem auch eine Spezialeinheit für die Gefahrenabwehr und eine Hundestaffel.
Ehemann Urdangarin unter Hauptangeklagten
Die Hauptangeklagten in dem Prozess sind Cristinas Ehemann Urdangarin und dessen früherer Geschäftspartner Diego Torres. Dem ehemalige Handballstar wird vorgeworfen, zusammen mit Torres zwischen 2007 und 2008 rund sechs Millionen Euro an Spendengeldern für die Wohltätigkeitsorganisation Noos veruntreut haben, deren Vorsitzender er war. Die Gelder sollen die beiden dann über Strohfirmen in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. In den Skandal verwickelt ist auch der frühere balearische Ministerpräsident Jaume Matas, der sich nun ebenfalls bei dem derzeit bis Juni angesetzten Prozess verantworten muss.

APA/AFP/Attila Kisbenedek
Ein Bild aus besseren Zeiten: Cristina und Urdangarin im Jahr 2010
Urdangarin muss sich unter anderem wegen Untreue, Steuerhinterziehung, Betrugs und Geldwäsche verantworten. Die Staatsanwaltschaft fordert 19 Jahre Haft. Der Infantin wird vorgeworfen, Gelder aus illegalen Geschäften ihres Ehemanns nicht deklariert zu haben. Den Hauptvorwurf der Geldwäsche ließ Ermittlungsrichter Jose Castro indes fallen. Trotz des entschiedenen Widerstands der Staatsanwaltschaft entschied er sich aber im Dezember, auch Cristina den Prozess zu machen. Die ultrarechte „Gewerkschaft“ Manos Limpias (Saubere Hände) fordert als Nebenklägerin acht Jahre Haft für die Infantin.
Cristina, die bei einer mutmaßlichen Scheinfirma ihres Mannes (Aizoon) als Miteigentümerin aufscheint, beteuerte bisher immer, nichts von den mutmaßlichen Machenschaften gewusst und in finanziellen Dingen vollkommen ihrem Mann vertraut zu haben.
Botin-Doktrin als letzte Chance
Da weder Staatsanwaltschaft noch Finanzverwaltung Anklage erhoben haben, hat Cristina noch eine Chance, einem Prozess zu entgehen. Ihre Anwälte wollen gleich zu Beginn einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens gegen sie stellen. Sie berufen sich dabei auf eine als Botin-Doktrin bekannte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2007, der aus demselben Grund ein Verfahren gegen den früheren Chef der Santander-Bank, Emilio Botin, eingestellt hatte.
Beobachter sind sich einig, dass ungeachtet dessen weiterer Schaden für das ohnehin angekratzte Bild der spanischen Monarchie droht. Zwar spielen Cristina und ihr Mann seit der Aufdeckung des Skandals keine öffentliche Rolle mehr, sie verloren ihre Titel als Herzog und Herzogin von Palma, leben nicht mehr in Spanien und blieben sogar der Krönung Felipes fern. Doch egal, wie der Prozess weitergehen wird, die Monarchie könne nur verlieren, sagte etwa Felipes Biograf Jose Apezarena: Bei einem Urteil sowieso - sollte aber das Verfahren gegen die Infantin eingestellt werden, werde sofort von einer ungerechten Bevorzugung die Rede sein.
Grund für Juan Carlos’ Rücktritt?
Dabei genoss auch Cristina Federica Victoria Antonia de la Santisima Trinidad de Borbon y Grecia, wie die bis zum Auffliegen des Finanzskandals als „Infantin des Lächelns“ bezeichnete Adelige mit vollem Namen heißt, lange großes Ansehen innerhalb der spanischen Bevölkerung. Laut dpa gilt sie nun aber als „schwarzes Schaf der Familie“ und laut „Bunte“ als Felipes „verstoßene“ Schwester. Cristinas Verwicklung war der Illustrierten zufolge auch einer der Gründe, weshalb König Juan Carlos im Juni 2014 abdankte.
Außer Frage steht: Der Skandal hat dem Ruf des spanischen Königshauses bereits schweren Schaden zugefügt. Viele Spanier forderten dennoch vergeblich, dass die auf dem sechsten Rang der Thronfolge stehende Cristina auf ihre Thronrechte verzichtet. Das Königshaus erklärte, das sei eine persönliche Entscheidung Cristinas. Ein solcher Verzicht wäre symbolischer Natur und hätte kaum praktische Konsequenzen. Die Infantin scheut jedoch davor zurück. In Medienberichten hieß es, sie befürchte, dass ein Verzicht ihr als ein Schuldeingeständnis ausgelegt würde.
Rajoy von „Unschuld absolut überzeugt“
Prominente Unterstützung bekam Cristina im Vorjahr indes von Spaniens Premier Mariano Rajoy. In einem TV-Interview zeigte sich dieser von Cristinas „Unschuld absolut überzeugt“. Laut „El Periodico“ sieht aber auch Cristina selbst dem Prozess mit „Ruhe“ entgegen.
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