„Mutig in die neuen Zeiten“
Alexander Van der Bellen hat es offiziell gemacht: In einer Videobotschaft gab der ehemalige Grünen-Chef am Freitag seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl bekannt. „Mein Name ist Van der Bellen. Ich kandidiere für das Amt des Bundespräsidenten der Republik Österreich. Und ich bitte um Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung“, so der 71-Jährige darin.
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In dem Video äußert sich Van der Bellen zu seinen Beweggründen. Er glaube an Menschenrechte und auch -pflichten. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit solle man nicht als selbstverständlich ansehen, sondern darauf achten, dass diese auch in Zukunft garantiert seien. „Ich fühle mich verpflichtet, das Meinige dazu beizutragen.“
Betitelt ist das Video, in dem der Kandidat vor dem Parlament, auf einem Markt und in einem Auwald zu sehen ist, mit der Bundeshymnenzeile „Mutig in die neuen Zeiten“. Auch in den SPÖ-Zitatenschatz wird gegriffen: „Lassen Sie uns ein Stück des Weges gemeinsam gehen“, so Van der Bellen, der damit einen alten Bruno-Kreisky-Slogan bemüht.
Offiziell überparteilich
Im Falle seiner Wahl wolle er ein überparteilicher Bundespräsident sein, hieß es in einer Aussendung von Freitag. Daher werde seine Kandidatur auch von einem überparteilichen Verein organisiert: „Gemeinsam für Van der Bellen – Unabhängige Initiative für die Bundespräsidentschaftswahl 2016“ nennt sich dieser.
Es gehe um eine über Parteigrenzen hinaus wirksame Funktion, hatte der grüne Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner Van der Bellens offiziell überparteiliche Kandidatur bereits im Vorfeld argumentiert. Man unterscheide sich damit von SPÖ und ÖVP. Details will Van der Bellen bei einer Pressekonferenz am Sonntag verkünden. Ab diesem Zeitpunkt stehe er auch für Interviewanfragen zur Verfügung, ließ der emeritierte Wirtschaftsprofessor ausrichten.
Grüner Professor ließ sich lange bitten
Van der Bellen ist zwar offiziell ein unabhängiger Kandidat, der Unterstützung durch seine Heimatpartei darf er sich dennoch sicher sein: „Ich freue mich sehr, dass Alexander Van der Bellen sich entschieden hat, für das höchste Amt der Republik zu kandidieren. Sein überlegtes, ehrliches und respektvolles Auftreten sind Gewähr dafür, dass er ein über den Parteien stehender, allein seinem Gewissen und der Bevölkerung verpflichteter Bundespräsident sein kann“, so die grüne Bundessprecherin und Klubobfrau Eva Glawischnig in einer Aussendung. „Selbstverständlich werden ihn die Grünen tatkräftig unterstützen.“
Vor seiner offiziellen Entscheidung ließ sich der Politiker lange bitten. Noch in seinem im September 2015 erschienen autobiografischen Buch „Die Kunst der Freiheit“ meinte er, dass die Funktion des Bundespräsidenten mit seinem Anspruch auf Privatsphäre im Grunde unvereinbar sei. Gleichzeitig werde nur wenigen die Ehre und das Vertrauen zuteil, als zumindest nicht aussichtsloser Kandidat für dieses Amt zu gelten. „Leicht mache ich es mir nicht“, so das Fazit Van der Bellens, der sich seiner Strahlkraft durchaus bewusst zeigte: „Schaffe ich es in die Stichwahl, dann ist der Ausgang des Wettbewerbs um die Hofburg offen.“
Fischer nicht überrascht
Der amtierende Bundespräsident Heinz Fischer zeigte sich nicht überrascht, dass Van der Bellen antritt. Der würde allerdings „seiner Gesundheit einen guten Dienst tun“, wenn er zu rauchen aufhöre, sagte Fischer laut Vorabmeldung im Interview mit Puls4 auf die Frage, ob ein offiziell rauchendes Staatsoberhaupt denkbar sei.
Pröll bleibt in Niederösterreich
Tatsächlich könnten Van der Bellens Chancen seit Donnerstag gestiegen sein. Am Abend gab ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner in der ZIB2 bekannt, dass Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll nicht für die ÖVP als Präsidentschaftskandidat antreten wird. Er habe aber bereits den „besten Kandidaten“ gefunden, diesen werde er dem Parteivorstand am Sonntag vorschlagen, sagte Mitterlehner. Für die ÖVP heißt es damit nun warten.
Pröll habe ihm schon vor Weihnachten mitgeteilt, dass er Landeshauptmann in Niederösterreich bleiben wolle, sagte der ÖVP-Chef. Daher habe er auch ausreichend Zeit gehabt, einen Kandidaten für die Bundespräsidentschaftswahl „zu suchen und zu finden“. Wer statt Pröll für die ÖVP bei der Präsidentschaftswahl antreten wird, wollte Mitterlehner nicht andeuten: „Wir haben lauter gute und ausgezeichnete Kandidaten.“
Viel Abwinken aus ÖVP-Reihen
Bis dahin dürfte das Name-Dropping munter weitergehen. Spekuliert wurde in der Vergangenheit etwa über Justizminister Wolfgang Brandstetter und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer gilt als möglicher ÖVP-Kandidat.
Der ehemalige EU-Kommissar und nunmehrige Präsident des IHS-Kuratoriums, Franz Fischler, ließ am Freitag hingegen ausrichten, seine Kandidatur sei „dezidiert ausgeschlossen“. Ebenso gab der langjährige EU-Abgeordnete Othmar Karas bekannt, dass er kein Kandidat für die Präsidentschaftswahl sei. Auch Ex-Raiffeisen-Generalanwalt und Flüchtlingskoordinator Christian Konrad winkte bereits ab.
Pröll: „Wirklich gut überlegt“
„Für mich ist das nicht überraschend, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Sie wissen, dass ich immer wieder darauf verwiesen habe, dass die Hofburg in meiner Lebensplanung im wahrsten Sinne des Wortes keinen Platz hat. Und das ist letztlich auch das Ergebnis dieser Lebensplanung. Ich habe mir das wirklich sehr gut überlegt, nicht zuletzt auch deswegen, weil die ÖVP und ihre Exponenten mit der Bitte an mich herangetreten sind, diese Kandidatur anzustreben“, sagte Pröll am Freitag gegenüber ORF Niederösterreich - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Die Unterstützer Prölls, die sich öffentlich für seine Kandidatur starkgemacht haben, nahmen dessen Absage zur Kenntnis. Dass diese Unterstützer nun desavouiert seien, wies ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald zurück. Die Personen hätten nur auf entsprechende Journalistenfragen geantwortet, sagte McDonald im Ö1-Mittagsjournal.
Einer dieser Befürworter Prölls war Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Er habe Pröll vorgeschlagen, weil dieser „absolut die Fähigkeit“ für das Amt gehabt hätte, sagte Platter am Freitag. Dessen Absage nehme er „zur Kenntnis“. Zu „neuen“ ÖVP-Kandidaten hielt sich Platter bei einer Pressekonferenz in Innsbruck bedeckt.
SPÖ wünscht sich „moralische Instanz“
Für die SPÖ ist Sozialminister Rudolf Hundstorfer der wahrscheinlichste Kandidat, Bundeskanzler Werner Faymann nannte ihn bereits einen „hervorragenden Kandidaten“ - im Konjunktiv, versteht sich. Allerdings wäre dann eine Regierungsumbildung nötig. Fraglich ist, wer ihn im Sozialministerium ersetzen kann.
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sagte am Freitag, dass der neue Bundespräsident eine „moralische Instanz“ sein solle, die auch die Alltagssorgen der Menschen im Auge hat. Seine Partei habe dafür einige geeignete Personen, so Schieder. Auf Hundstorfer als SPÖ-Kandidaten wollte sich Schieder noch nicht explizit festlegen. Hundstorfer selbst wollte im Ö1-Morgenjournal nicht verraten, ob er antreten werde. Er verwies neuerlich auf die SPÖ-Parteigremien am 15. Jänner, wo die Entscheidung fallen soll.
Buntes Kandidatenfeld möglich
Als zweite bekannte Kandidatin neben Van der Bellen bleibt damit zurzeit nur die Ex-Präsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH), Irmgard Griss. Sie hatte schon vor Weihnachten bekanntgegeben, als „Unabhängige“ anzutreten. Bei NEOS und der FPÖ trat sie zu Hearings an, beide Parteien ließen vorerst eine Unterstützung offen. Ganz friktionsfrei verlief ihr Weg bisher nicht: Vor allem die Vernichtung der Gesprächsprotokolle für ihren Bericht zum Hypo-Skandal sorgte für schiefe Optik.
Doch die Liste potenzieller Kandidaten könnte durchaus noch bunter werden: Während Adrien Jean-Pierre Luxemburg-Wellenstein über sein in Eigenregie erstelltes Weblog bereits am 8. Dezember bekanntgab, „als normaler Staatsbürger“ für das höchste Amt im Land kandidieren zu wollen, deutete laut Medienberichten zuletzt etwa auch der Wiener Unternehmer Richard Lugner an, nach 1998 erneut über eine Kandidatur nachzudenken.
Die Amtszeit von Bundespräsident Heinz Fischer läuft am 8. Juli aus, voraussichtlich am 24. April wird das nächste Staatsoberhaupt gekürt bzw. in der Stichwahl vier Wochen später, wenn beim ersten Wahlgang kein Kandidat über 50 Prozent kommt. Fischer muss die Hofburg nach zwölf Jahren verlassen, er darf kein drittes Mal antreten.
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