„Folgten den Fußstapfen des Teufels“
Wegen „Terrorismus und Anstiftung zur Gewalt“ hat Saudi-Arabien am Samstag 47 Menschen hingerichtet. Wie das Innenministerium mitteilte, wurden die Verurteilten in zwölf Städten des ultrakonservativen Königreichs exekutiert. Demzufolge waren 45 der Exekutierten Staatsbürger Saudi-Arabiens. Zudem wurden ein Ägypter und ein Mann aus dem Tschad getötet.
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„Diese Gruppe folgte den Fußstapfen des Teufels. Durch ihre terroristischen Taten ist unschuldiges Blut vergossen worden mit dem Ziel, die Stabilität in diesem Land zu erschüttern“, hieß es nach Angaben der saudischen Nachrichtenagentur SPA in einer Stellungnahme des Innenministeriums in Riad vom Samstag.
Unter den Getöteten war auch der prominente schiitische Geistliche Scheich Nimr Baker al-Nimr. Inspiriert von den Protesten der arabischen Aufstände hatte der 56-jährige Angehörige der religiösen Minderheit in der saudischen Ost-Provinz ab 2011 Demonstrationen gegen die von ihnen empfundene Diskriminierung im Königreich organisiert.
Gegner des saudischen Königshauses
Nimr galt als entschiedener Gegner des sunnitischen Königshauses in Riad. Er hatte während der Proteste 2011 die Abspaltung der Regionen Katif und al-Ihsaa im Osten des Landes befürwortet, in denen die meisten der rund zwei Millionen Schiiten Saudi-Arabiens leben. Nimrs Festnahme im Juli 2012 hatte große Proteste der Schiiten ausgelöst, bei denen zwei seiner Anhänger getötet worden waren.

APA/AP/Jon Gambrell
Das saudische Staatsfernsehen berichtete über die Exekution Nimrs
Im Oktober 2014 wurde Nimr wegen Aufwiegelung, Ungehorsams und Waffenbesitzes von einem Sondertribunal zum Tode verurteilt. Ende Oktober 2015 wurde das Todesurteil vom Obersten Gerichtshof Saudi-Arabiens bestätigt. Der Iran hatte Riad daraufhin vor der Hinrichtung Nimrs gewarnt, berichtet der britische „Guardian“.
Iran: „Irrational und verantwortungslos“
Entsprechend kam nach der nun erfolgten Hinrichtung umgehend schärfste Kritik aus Teheran: „Anstatt sich mit den (IS-)Terroristen zu beschäftigen, die die Region und die ganze Welt gefährden, lassen die Saudis eine Persönlichkeit wie Nimr hinrichten“, sagte Außenamtssprecher Dschaber Ansari am Samstag.
Die rein politisch und religiös motivierte Tat reflektiere die irrationale und verantwortungslose Politik der Saudis, kritisierte Ansari weiter. Die Hinrichtung werde für das Königreich Konsequenzen haben, zitierte die Nachrichtenagentur ISNA den Sprecher weiter. Am Sonntag soll es vor der saudischen Botschaft in Teheran eine große Protestdemonstration geben.
Saudi-Arabien wird „hohen Preis zahlen“
Die saudi-arabische Führung werde als Folge der Exekution Nimrs stürzen und die sunnitische Herrscherfamilie aus den Geschichtsbüchern gestrichen, sagte der hochrangige Kleriker Ajatollah Ahmad Chatami, der der Führung in Teheran nahesteht, laut der Nachrichtenagentur Mehr. Er forderte die islamische Welt auf, die Hinrichtung auf das Schärfste zu verurteilen.
Der schiitische Iran, der mit Riad um die Vorherrschaft in der Region rivalisiert, kritisiert seit Langem die Behandlung der Schiiten in Saudi-Arabien. Die schiitische Minderheit klagt ihrerseits über religiöse und soziale Diskriminierung durch das wahhabitische Herrscherhaus.
Wütende Reaktionen
Auch von führenden Schiiten aus dem Irak und dem Libanon kam massive Kritik und Empörung. Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah sprach von „Mord“ und forderte eine weltweite Verurteilung der Tötung des Klerikers. Auch der ehemalige irakische Präsident Nuri al-Maliki erklärte, dass das „saudische Regime“ infolge der Exekutionen zu Fall kommen werde.
In Bahrain kam es infolge der Hinrichtung Nimrs zu Protesten Dutzender Demonstranten, die Polizei setzte Tränengas ein. Schiiten-Vertreter hatten zu Protesten in dem von Sunniten regierten Königreich aufgerufen. Schauplatz war die Stadt Abu Saiba, in der hauptsächlich Schiiten leben. Sie liegt westlich der Hauptstadt Manama.
Mehrere Al-Kaida-Mitglieder exekutiert
Es wurden auch mehrere Sunniten hingerichtet, die für das Terrornetzwerk Al-Kaida 2003 und 2004 tödliche Anschläge verübt hatten. Das Innenministerium erklärte, die Hingerichteten seien wegen Mitgliedschaft in „terroristischen Organisationen“ und der Ausführung „krimineller Verschwörungen“ verurteilt worden und hätten einer radikalen Strömung des Islamismus angehört. Bis auf einen Ägypter und einen Tschader waren alle Saudi-Araber.
Auf der Liste der Getöteten steht auch Fares al-Schuwail, der Medienberichten zufolge der oberste religiöse Anführer von Al-Kaida in Saudi-Arabien war. Anfang Dezember hatte der Al-Kaida-Ableger im Jemen mit „Blutvergießen“ gedroht, sollte Riad verurteilte Dschihadisten hinrichten.
Mindestens 151 Todesurteile im Vorjahr
Saudi-Arabien hatte 2015 laut Menschenrechtlern so viele Todesurteile vollstreckt wie seit 20 Jahren nicht mehr. Von Jänner bis November seien mindestens 151 Menschen hingerichtet worden, hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mitgeteilt. Im gesamten Jahr 2014 waren laut Amnesty 90 Menschen hingerichtet worden. Fast die Hälfte der Todesurteile sei wegen minderschwerer Vergehen ausgesprochen worden. 63 Menschen seien wegen Drogendelikten zum Tode verurteilt worden.
In Saudi-Arabien ist für zahlreiche Taten die Todesstrafe vorgesehen, darunter Mord, Vergewaltigung, Drogenhandel und „Hexerei“. Die Verurteilten werden entweder öffentlich enthauptet oder erschossen. Der Anstieg der Zahl von Hinrichtungen geht einher mit der Machtübernahme von König Salman ibn Abd al-Asis Al Saud.
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