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Parlamentarische Väterchen-Frost-Garantie

Kein Schnee, keine Eisbahnen - der Warmlufteinbruch bringt die Moskauer um das gewohnt frostige Winterwetter. Der Montag war mit frühlingshaften 9,1 Grad der wärmste 21. Dezember seit Beginn der Aufzeichnungen vor 140 Jahren, wie der Wetterdienst der russischen Hauptstadt am Dienstag mitteilte. Das warme Wetter beschäftigte am Montag sogar die Duma, das russische Parlament.

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„Notwendigerweise wird es Schnee geben, garantiere ich“, erklärte dabei Duma-Sprecher Sergei Naryschkin. Es werde „am 30. Schnee geben“. Zum Jahreswechsel, so zumindest die seit Sowjet-Zeiten dominierende russische Tradition, bringt Väterchen Frost die Geschenke. Laut der Märchentradition lässt er dabei mit seinem magischen Zepter alles gefrieren, was er will. Ein „entmachtetes“ Väterchen Frost würde der russischen Seele seit dem Erstarken des Nationalismus unter Präsident Wladimir Putin umso mehr wehtun.

Der Winter hat sich in Sibirien versteckt

Normalerweise hat es in Moskau Ende Dezember um die minus 6 Grad Celsius. Die letzten Reste von Schnee in Moskau wurden diese Woche vom Regen weggeschwemmt. Es war der drittwärmste je gemessene Dezember-Tag in Moskau. Höhere Werte von 9,6 und 9,2 Grad wurden 2006 zwar kurzfristig erreicht, allerdings schon Anfang Dezember. Am Dienstag zeigte das Thermometer 7,7 Grad - ebenfalls ein Tagesrekord. Just in Putins Heimatstadt St. Petersburg, 700 Kilometer nordwestlich von Moskau, war es mit 10,6 Grad am Montag sogar noch wärmer.

Menschen gehen auf Straße

APA/AFP/Vasily Maximov

Die letzten Reste von Schnee sind weg

Insgesamt liege die Temperatur im europäischen Teil Russlands um 13 bis 15 Grad über dem langjährigen Mittel, vermeldeten russische Meteorologen. Für das untypische Wetter werden Wirbelstürme über dem Atlantik verantwortlich gemacht. Für einen halbwegs normalen russischen Winter muss man derzeit bis nach Sibirien reisen. Die Stadt Omsk meldete am Dienstag minus zwölf Grad. In Moskau würden unterdessen die Weiden austreiben, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax.

Trauriges Holzgerüst statt Eisrutsche

Die bekannte 200 Meter lange Eisrutsche in Moskaus Stadtzentrum wurde vier Tage nach ihrer Eröffnung wieder geschlossen. Statt Kinder und Erwachsener, die sich an dem traditionellen Winterspaß in Form einer aus Eisblöcken errichteten Burg freuen, stand dort das nackte Holzgerüst mit der Warnung, dass das Beklettern gefährlich sei. Ebenso unterblieb das Aufspritzen von Wasser auf den Gehwegen im Gorki-Park, das die Anlage sonst in ein riesiges Eislaufgebiet verwandelt.

Selbst Eislaufplätze mit künstlicher Kühlung mussten diese Woche schließen: Sie können zwar Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt kontern, nicht aber die derzeit frühlingshaften Verhältnisse. Gegenüber dem AP-Reporter Jim Heintz beschwerte sich eine Moskauer Pensionistin, dass das doch „kein russischer Winter“ sei und sie von derart „europäischen“ Klimabedingungen nichts halte.

Russen und Wetter wie Berge und Propheten

Auch musste der Moskauer Zoo offenbar wegen besorgter Tierfreunde Entwarnung geben: Der Winterschlaf der Bären dort sei nicht gefährdet, wurde garantiert. Die warmen Temperaturen lassen in Moskau derzeit zudem den Witz kursieren, dass, wenn die Russen durch den derzeitigen Flugboykott nicht mehr in der Türkei und in Ägypten Urlaub machen dürfen, sich das dortige Wetter offenbar entschlossen habe, zu den Russen zu kommen.

Menschen gehen auf Straße

APA/AP/Pavel Golovkin

Geschenkeinkäufe zum Jahreswechsel in ungewohnter Atmosphäre

Pollenwarnung für Österreich

Am Sonntag soll ein Wetterumschwung wieder gewohnte russische Verhältnisse herstellen. Es ist davon auszugehen, dass sich auch Duma-Sprecher Naryschkin vor seinem Schneeversprechen mit Meteorologen beriet. In Österreich hingegen - wo zu Heiligabend in Nebelgebieten zwischen 0 und 5 Grad und in der Sonne zwischen 6 und 12 Grad Celsius erwartet werden, ist weiterhin kein Schwenk in Richtung Winterwetter absehbar. Im Gegenteil: Die Medizinische Universität Wien (MedUni) gab am Dienstag eine Pollenwarnung heraus.

„Das milde Wetter ermöglicht Pollenflug“, teilte der Pollenwarndienst der MedUni mit. Der Beginn der Pollensaison steht zwar noch aus, vereinzelt blühen aber Haseln. In unmittelbarer Nähe zu solchen Sträuchern sei mit ersten Beschwerden vor allem für sensible Personen zu rechnen, hieß es in einer Aussendung. Auch eine spezielle Erlenart blüht an manchen Orten und sorgt für zunehmende Belastungen. Die Spaeth-Erle ist allerdings dafür bekannt, um die Weihnachtszeit zu blühen.

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